Bisher hat Helga Weilbacher aus Flörsheim lediglich einen Zuschuss für das Lärmschutzfenster im Schlafzimmer erhalten. Nun will die Flörsheimerin über den Regionalfonds weitere Mittel für Schallschutz beantragen. |
Wer besonders stark von Fluglärm belastet ist, kann seit Januar finanzielle Unterstützung aus dem Regionalfonds beantragen. Läuft es gut, gibt es einen Zuschuss, um das Haus zumindest passiv gegen den Krach von draußen zu schützen. Anwohner berichten von ihren Erfahrungen.
Bis Hans Wagner einen endgültigen Bescheid erhielt, dauerte es mehr als ein Jahr. Im Dezember 2012 bekam er endlich Post vom Regierungspräsidium Darmstadt (RP): Sein Antrag nach dem Fluglärmgesetz auf Kostenerstattung für „bauliche Schallschutzmaßnahmen“ wurde abgelehnt. Es werde lediglich „der Einbau von technischen Belüftungseinrichtungen“ in den Schlaf räumen als „erforderlich angesehen“ und daher würden auch nur die Kosten dafür erstattet. Mit dem Schreiben informierte ihn die Behörde aber auch darüber, dass „eine Verbesserung des (…) baulichen Schallschutzes durch die Inanspruchnahme“ des neu geschaffenen Regionalfonds möglich sei, denn seine Eigentumswohnung liege auf einem Grundstück im Anspruchsgebiet.
Daraufhin machte sich Wagner, der technischer Angestellter bei der Stadt Flörsheim ist, kundig über den Regionalfonds. Auf den Internetseiten des RP Darmstadt müsse man sich „durchwursteln“, nicht jeder verstehe auf Anhieb die in bürokratischer Sprache formulierten Informationen, meint Wagner. „Mancher meiner Nachbarn hat überhaupt nicht durchgeblickt.“ Er verschaffte sich „Durchblick“ und beantragte Anfang dieses Jahres den Zuschuss. Dem Antrag fügte er die Rechnung für acht Fenster bei. Wagner hatte nämlich die Fenster seiner rund 100 Quadratmeter großen Wohnung bereits auf eigene Kosten austauschen lassen. Aus der eigenen Tasche bezahlen musste er von den 5 600 Euro letztlich nur 1 250 Euro. Nur vier Wochen nachdem er den Antrag für den Zuschuss aus dem Regionalfonds eingereicht hatte, gingen 4 350 Euro auf sein Konto ein.
Was Hans Wagner schon hinter sich hat, steht Helga Weilbacher noch bevor. Auch sie hatte einen Antrag auf Erstattung von baulichen Schallschutzmaßnahmen nach dem Fluglärmgesetz gestellt, aber nur die Kostenübernahme für Fenster in Schlafräumen zugesichert bekommen; das aber reicht Weilbacher nicht. Nun will sie auch den Zuschuss aus dem Regionalfonds beantragen. Erschöpft von all dem bisherigen bürokratischen Aufwand trauert die Flörsheimerin den ruhigen Zeiten nach. Es belastet sie auch, dass sich ihr Wohnumfeld seit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn permanent verändert. „Viele meiner langjährigen Nachbarn ziehen weg, weil sie es in dem Lärm nicht mehr aushalten“, berichtet sie. Die Informationsmaterialien zum Regionalfonds hat die 73-Jährige in einem Aktenordner abgeheftet. Das auf der Liste der bezuschussten Maßnahmen auch Wintergärten aufgeführt werden, regt sie auf. „Jeder weißt doch, was so ein Wintergarten kostet. Mit dem Zuschuss kommt man doch nicht weit“, sagt Weilbacher. Sie will alles in Ruhe „studieren“ um herauszufinden, wofür sie das Geld aus dem Regionalfonds verwenden kann.
„Sie wollen uns Wind aus den Segeln nehmen.“
„Es besteht großer Informationsbedarf“, sagt denn auch Thomas Scheffler. Das weiß der Geschäftsführer des Vereins „Für Flörsheim“ spätestens seit der Veranstaltung zum Thema Regionalfonds. Als der Verein Anfang März in die Flörsheimer Stadthalle einlud, war der Andrang enorm. Mehr als 300 Bürger wollten sich erklären lassen, was es mit den neuen Förderbestimmungen auf sich hat. „Bei vielen ist noch gar nicht angekommen, dass sie Geld beantragen können und wie sie dabei vorgehen müssen“, sagt Scheffler.
Der Regionalfonds geht auf die so genannte Allianz für Lärmschutz aus dem Jahr 2012 zurück. Das entsprechende Gesetz verabschiedete der Hessische Landtag im Juni 2012, die Verordnung dazu trat am 1. Januar 2013 in Kraft.
Mit den Mitteln des Regionalfonds soll, heißt es auf der Internetseite des RP Darmstadt, „der Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für Maßnahmen des passiven Schallschutzes nach §§ 9, 10 Fluglärmgesetz durch Zuschüsse und Darlehen qualitativ und quantitativ aufgestockt werden“. Vorgesehen sei, dass gesetzliche Ansprüche ohne Wartefrist sofort umsetzbar werden. Zudem könnten auch all die Haushalte, deren gesetzlicher Anspruch eigentlich erst 2016 entsteht, schon jetzt „ihren Anspruch auf passiven Schallschutz geltend machen“.
Hans Wagner aus Flörsheim hat sich gefreut, dass er die Förderhöchstsumme erhielt und dass der Betrag so schnell auf seinem Konto war. Zufrieden ist er aber keineswegs, denn er wolle ja nicht nur in geschlossenen Räumen leben. Der 62-Jährige spricht laut aus, was er vermutet, nämlich dass mit den schnellen Zahlungen aus dem Regionalfonds die Bürger ruhig gestellt werden sollen. „Sie wollen uns Wind aus den Segeln nehmen.“
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