Die Fluglärmkommission kündigt die Zusammenarbeit mit dem hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium (HMWVL) auf: sie will in Zukunft die gesetzlich vorgesehene Beratungsfunktion für das Ministerium nicht mehr wahrnehmen. Mitarbeiter des Ministeriums sollen in Zukunft nicht mehr an den Sitzungen der Kommission teilnehmen dürfen. Die Fluglärmkommission sieht sich durch das Ministerium in ihrer Arbeit so stark behindert, dass sie ihre gesetzlich vorgesehene Beratungstätigkeit nicht mehr wahrnehmen könne, sagte der Vorsitzende Jühe auf einer Pressekonferenz.
Das Ministerium missachte den gesetzlichen Beratungsauftrag der Kommission, lautet einer der Vorwürfe. So sei die Kommission bei der Festlegung der aktuellen Entgeltordnung des Frankfurter Flughafens nicht beteiligt worden. In früheren Jahren habe man die Entgelte jeweils für etwa ein Jahr festgelegt, die Kommission habe eigene Vorschläge einbringen können. Dieses Mal habe das Ministerium jedoch hinter verschlossenen Türen einen Vertrag mit einer Dauer von 5 Jahren mit Fraport ausgehandelt und die Kommission erst nachträglich informiert.
Die Entgeltordnung legt fest, was die Fluggesellschaften für Starts und Landungen am Frankfurter Flughafen zahlen müssen. Die Start- und Landegebühren enthalten lärm- und emissionsabhängige Anteile, über die die Fluggesellschaften zum Einsatz leiserer Flugzeuge motiviert werden können. Die Fluglärmkommission beklagt, dass sie nun für die nächsten 5 Jahre keinerlei Einfluss mehr auf die Ausstattung der Fluggesellschaften mit leiseren Flugzeugen nehmen kann.
Der zweite wichtige Vorwurf betrifft die Haltung des Ministeriums zum Nachtflugverbot. Während die Landesregierung ein Nachtflugverbot versprochen habe, werde dieses vom Wirtschaftsministerium hintertrieben. Minister Posch habe in jüngster Zeit mehrfach unverblümt die Ansicht vertreten, er hoffe darauf, dass die von seiner Behörde genehmigten Nachtflüge vor Gericht Bestand haben würden.
Zum dritten kritisiert die Kommission die ungenügende Ausstattung mit Finanzmitteln. Von ihrem Budget von etwa 70000 Euro wäre der größte Teil für das Gehalt des Geschäftsführers und die Sitzungsgelder gebunden. Geld für Gutachten oder die Beauftragung externer Experten sei nicht übrig, beklagte der Kommissionsvorsitzende Jühe.
Ganz besonders ärgert die Kommission jedoch, dass der (befristete) Vertrag mit der bisherigen Geschäftsführerin nicht verlängert werden soll. Stattdessen wolle das Ministerium einen Mitarbeiter der "Projektgruppe Flughafenausbau" - also einen Befürworter des Ausbaus - auf diesen Posten setzen.
Die Aufkündigung der Zusammenarbeit bezieht sich nur auf das Wirtschaftsministerium. Die Staatskanzlei und die DFS wolle man weiterhin beraten. Details zu den Aussagen der Fluglärmkommission kann man der ausführlichen Presseinformation entnehmen.
Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück. Staatssekretär Saebisch sagte in einer Pressemitteilung, die Arbeit der Fluglärmkommission sei wichtig und müsse fortgeführt werden. Man behindere die Kommission keineswegs, sondern unterstütze sie über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. So sei beim Aufbau des "Forums Flughafen und Region" und des Umwelthauses der Bedeutung der Fluglärmkommission Rechnung getragen worden, indem der Vorsitzende und die Geschäftsführerin in den Gremien des FFR eingebunden seien. Die Finanzen seien nie ein Thema gewesen, bisher habe die Kommission das Budget gar nicht ausgenutzt. Die 70000 Euro stünden zusätzlich zum Gehalt für den Geschäftsführer zur Verfügung. Saebisch bestritt, dass schon ein neuer Geschäftsführer ernannt wurde, wollte sich aber nicht weiter über die Besetzung der Stelle äußern.
Die SPD, die Grünen und die Linke im hessischen Landtag unterstützten die Kritik der Fluglärmkommission. Die SPD sieht einen "fatalen Konfrontationskurs". Minister Posch trage mit seiner Ignoranz gegenüber dem Fluglärm maßgebliche Verantwortung an dem Konflikt, er gestehe der Fluglärmkommission offensichtlich nur eine Feigenblatt-Funktion zu. Die Grünen bekundeten Rückhalt für die Position der Fluglärmkommission, vor allem bei der Besetzung der Geschäftsführerstelle. Eine kritische Kontrolle und eine Lärmminderung des Flugbetriebs verkomme damit vollends zur Farce, sagte der für Flughafenfragen zuständige Abgeordnete Kaufmann: "Es wird höchste Zeit, dass nicht die Fluglärmkommission, sondern der Minister kaltgestellt wird, um die Region vor weiterem Schaden zu bewahren". Die LINKE kritisiert, das Ministerium wolle einseitig die Interessen der Luftverkehrswirtschaft durchsetzen. Nach dem Wortbruch beim Nachtflugverbot und dem Versuch missliebiger Gutachter bei der Lärmstudie auszutricksen wolle man jetzt einen Ausbaubefürworter zum Geschäftsführer der Fluglärmkommission machen.
- Fluglärmkommission braucht Rückhalt: Nachflugverbot durchsetzen statt verbieten
Pressemitteilung der Grünen vom 11.03.2011 - Arbeit der Fluglärmkommission scheitert an Politik der Hessischen Landesregierung
Pressemitteilung der LINKEN vom 11.03.2011
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