Fraport will die Entscheidung der Störfall-Kommission nach wie vor nicht akzeptieren. In einer Pressemitteilung bekräftigte der Flughafenbetreiber gestern seine Kritik an der Störfallkommission: das Votum enthalte gravierende Mängel und Unstimmigkeiten. Fraport gehe weiter davon aus, dass die geplante Nordwest-Landebahn grundsätzlich mit dem Chemiewerk Ticona vereinbar sei.
Bestätigt sieht sich Fraport durch eine vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung beauftragten Stellungnahme zum SFK-Beschluss des TÜV Pfalz. "Der Beschluss der SFK zum Ausbau des Flughafens Frankfurt enthält Feststellungen und Einschätzungen, die nicht durch nachprüfbare Argumente oder alternative Berechnungen bzw. Verweise auf solche Berechnungen belegt werden", wird in der Pressemitteilung aus dem Schreiben zitiert, das bisher nicht öffentlich vorliegt. Beispielsweise müsse ein Absturz auf die Ticona nicht unbedingt zu einem Störfall führen, wenn man "stoffliches Störfallpotenzial vom Gelände der Ticona entferne oder einbunkere". Ob diese Maßnahmen überhaupt oder mit vertretbarem Aufwand durchführbar wären, weiss aber auch der TÜV Pfalz nicht: es müsse genauer untersucht werden.
Die Absturzwahrscheinlichkeit wird offenbar von den Betreibern des Ausbauvorhabens nicht mehr in Frage gestellt. Vielmehr konzentrieren sich die Versuche zur Rettung der Pläne für die Landebahn Nordwest jetzt darauf, die Folgen eines Absturzes durch Maßnahmen bei der Ticona zu entschärfen und der Ticona den Schwarzen Peter zuzuschieben. So attackierte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Clemens Reif, die Entscheidung der Störfallkommission als "Schnellschuss". Der TÜV Pfalz habe dargelegt, dass man durch bauliche Veränderungen die Risiken eines Absturzes minimieren könne. Reif weiter: "Die Ticona-Bosse meinen in Wahrheit Geld, wenn sie Sicherheit sagen". Die Störfallkommission habe sich aus ideologischen Gründen zum "Spielball der Konzernbosse" gemacht. (!!!)
Der Vorsitzende der Störfall-Kommission, Christian Jochum, sieht die Kritik gelassen. Er bleibt bei der Aussage, dass geplante Nordwestbahn und Ticona nicht vereinbar wären: "Der TÜV Pfalz hat unsere Kernaussage nicht angegriffen". Zu den Vorwürfen aus der Politik sagte Jochum, er habe damit gerechnet, dass man, wenn die Argumente ausgehen, "unsere Kompetenz und Integrität anzweifelt." Die Kommission habe zwar nur beratende Funktion, die Gerichte würden dem Votum jedoch erhebliches Gewicht beimessen.
Der Betriebsratschef der Ticona, sagte auf einer Diskussionsveranstaltung in Eddersheim, der Celanese-Konzern wolle am Standort Kelsterbach festhalten, er sei das Herzstück des Unternehmens. Auch einen Umzug er Ticona in den Industriepark Höchst schloss Weidner aus. Dies würde nicht nur eine Menge Geld kosten, das Unternehmen werde auch viele Kunden verlieren, wenn einige Zeit nicht produziert werden könne. Im Werk gehe derzeit die Angst um, dass die dortigen Arbeitsplätze verloren gingen. "Es wird mit unheimlicher Kaltschnäuzigkeit darüber hinweg gegangen, dass dort 1000 Menschen arbeiten", beklagte Weidner.
Diejenigen, für die diese Kritik bestimmt war, ließen sich allerdings in Eddersheim nicht blicken. Das Wirtschaftsminsterium hatte die Einladung mit der Begründung abgelehnt, im Interesse eines "transparenten und ergebnisoffenen Verfahrens" sollten sich Vertreter des Ministeriums nicht in einer öffentlichen Diskussion äußern.
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