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FAG: FFR-Maßnahmenpaket ist eine Mogelpackung
Von: @cf <2010-07-28>
Auf einer Pressekonferenz der FAG nahmen Experten das FFR-Maßnahmenpaket "Aktiver Schallschutz" unter die Lupe. Das Ergebnis: Mogelpackung statt großer Fortschritt

Auf wenig Gegenliebe stieß das Ende Juni im Forum Flughafen und Region (FFR) präsentierte "Maßnahmenpaket zum aktiven Schallschutz" bei einer Pressekonferenz der FAG-Fraktion im Römer. Als Experte nahm der stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) und Mitglied der Fluglärmkommission, Berthold Fuld, das Schallschutz-Paket kritisch unter die Lupe.

Mogelpackung statt wirksame Entlastung

Fuld fand deutliche Worte für das FFR-Maßnahmenpaket: es sei eine Mogelpackung, mit der die Öffentlichkeit getäuscht werden solle. Einige der Vorschläge könnten zwar durchaus den Lärm mindern. Insgesamt sei die echte Lärmentlastung aber gering, der Lärm würde lediglich in der Region geschickter verteilt. So würden beim segmentierten Anflugverfahren zwar die großen Städte, wie Offenbach, Hanau und Mainz umflogen, dafür aber die etwas kleineren Nachbarkommunen belastet. Für die durch die Verlegung der Flugrouten neu Belasteten seien hohe Spitzenpegel bis zu 77 dB(A) zu erwarten. Auch die wechselweise Benutzung verschiedener Flugrouten in der Nacht sei nur eine Umverteilung. Das Verfahren des kontinuierlichen Sinkflugs sei weiterhin nur für die Nachtzeiten vorgesehen. Die Gleitwinkel könnten stärker erhöht werden als die geplanten 3,2 Grad. 3,5 Grad seien international üblich. Ein echtes Steilstartverfahren sei effektiver als die geplante Geschwindigkeitsbegrenzung, sei den Fluggesellschaften aber wegen des etwas erhöhten Kerosinverbrauchs zu teuer. Kritisch bewerteten Fuld und die FAG auch die Pläne der Lufthansa, durch eine Modifikation an den Triebwerken der Flugzeuge vom Typ B737 den Lärm zu vermindern. Die schon relativ alten B737 würden bis zum Jahr 2020 fast alle ausgemustert. Statt dess solle man lieber die A321 umrüsten, diese seien lauter als die B737. Eine detaillierte Kritik der Bundesvereinigung gegen Fluglärm zum Maßnahmenpaket findet man in der Pressemitteilung der BVF.

Es wird nicht leiser in der Region

Fuld geht davon aus, dass durch den Ausbau die Zahl der vom Fluglärm Betroffenen erheblich ansteigen wird - ohne das Lärmschutzpaket von 285000 (im Jahr 2005) auf 434000 im Jahr 2020, mit Lärmschutzpaket bei Umsetzung aller Vorschläge von 285000 auf etwa 400000, also nur etwa 8 % weniger. Die Zahl der Hochbelasteten würde um 44 Prozent ansteigen. Der Eindruck, dass es in der Region durch die Maßnahmen leiser würde, sei falsch. Weil mehrere Vorschläge nur in der "Mediationsnacht" zur Anwendung kommen sollen, in der es eigentlich ein Nachtflugverbot geben sollte, könne man davon ausgehen, dass auf diese Weise ein Flugbetrieb in der Kernnacht vorbereitet werden soll.

Generell wurde die Arbeitsweise des FFR negativ beurteilt. Das Forum beziehe die Bürger nicht in die Diskussion ein, es arbeite autokratisch und undurchsichtig und bediene sich zweifelhafter, nicht transparenter Berechnungen. Als Beispiel nannte Fuld den als Messkriterium für die Nachtbelastung verwendeten "Aufweckreaktionswert". Menschen würden nicht nur durch wenige laute Überflüge im Schlaf gestört, sondern auch durch viele leisere, dies werde aber in der Berechnung vom FFR nicht berücksichtigt. Auch an dem vom FFR definierten "Lärmindex", anhand dessen die Wirksamkeit der Lärmschutzmaßnahmen für die Region beurteilt werden soll, wurde Kritik geübt. Der Index soll die Anzahl der vom Lärm Belästigten wiedergeben, berücksichtigt aber nur Betroffene, die einem Schallpegel von mindestens 53 Dezibel ausgesetzt sind. Wer darunter liegt, fällt einfach aus der Statistik heraus. Durch geringe Verbesserungen am Rande der Fluglärmzone oder geschickte Verschiebung des Lärms könne man einen deutlich positiveren Indexwert erzeugen, ohne dass sich für die Betroffenen viel verbessert. Insgesamt seien die Berechnungen des FFR nicht nachvollziehbar, meinte Fuld, da die Grundlagen nicht veröffentlicht würden. (Die FAG hat sich in einer Pressekonferenz im Jahr 2007 genauer mit dem Lärmindex auseinandergesetzt).

Stress für Heusenstamm

Ausführlicher diskutiert wurde auf der Veranstaltung das geplante "segmentierte Anflugverfahren", der gekrümmte Landeanflug. Dabei sollen die landenden Flugzeuge erst deutlich später als bisher auf den schnurgeraden Leitstrahl einschwenken als bisher. Bei Anflügen aus östlicher Richtung sollen so die größeren Städte Offenbach und Hanau südlich umflogen werden. Die neue Flugroute führt dafür über Teile von Rodgau, Hainburg, Obertshausen und Heusenstamm und kommt nahe an Neu-Isenburg Gravenbruch heran, bevor sie nördlich von Neu-Isenburg auf die ursprüngliche gerade Anflugroute einmündet. Weil die Zahl der Betroffenen beim Überfliegen der etwas kleineren Städten niedriger ist, sinkt der "Lärmindex", der zur Erfolgskontrolle der Lärmentlastung herangezogen werden soll, trotz hoher Spitzenwerte. Die neue Landeroute soll zunächst nur in der Zeit von 23-5 Uhr zur Anwendung kommen und zunächst ein Jahr lang getestet werden.

Die Erläuterungen eines Heusenstammer Privatpiloten sorgten bei den potenziell Betroffenen für Unruhe. In der ersten Variante des Verfahrens sollen die Flugzeuge noch 13 km weit dem geraden Leitstrahl folgen. Am Orteingang von Heusenstamm seien die Flugzeuge dann noch 460 Meter hoch, in Obertshausen kaum mehr als 500 Meter (das ist deutlich niedriger als jetzt in Offenbach). In einer zweiten Phase soll der gerade Anflug auf nur noch 9 km verkürzt werden. Die Flugroute könnte dann etwas stärker gekrümmt werden, "nur noch" die Ortsränder von Obertshausen und Heusenstamm würden überflogen. Das Problem der geringen Überflughöhe bliebe aber bestehen. Er habe gegen das Verfahren auch Sicherheitsbedenken, da es sich um ein "Nicht-Präzisionsanflug-Verfahren" handele, sagte der Pilot. Bei Einführung des Verfahrens würde er aus Heusenstamm wegziehen.

Es ginge auch anders

Als Alternative zum FFR-Maßnahmenkatalog nannte Fuld folgende Möglichkeiten: Nachtflugverbot, Verlegung von Frachtflügen von der Nacht auf den Tag, steilere Anflugwinkel, Reduzierung des Umsteigerverkehrs zugunsten von Direktflügen, Ersatz von Inlandsflügen durch die Bahn und eine differenzierte Flugverkehrsabgabe. Damit könne die Zahl der Flugbewegungen und damit Fluglärm rund um den Frankfurter Flughafen wirksam reduziert werden.

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