Pressemitteilung der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) vom 18.04.2016
Der Luftverkehr in Deutschland sieht sich mit einem steigenden internationalen Wettbewerbsdruck konfrontiert. Das enge Flughafennetz in Deutschland umfasst zudem viele unrentable Flughäfen, die sich gegenseitig die Passagiere abjagen. Die Flughäfen liegen meist in dichtbesiedelten Gebieten, deren Umweltkapazität, wie in Frankfurt, schon weit überschritten ist. Die aktuelle Gesetzgebung reicht nicht aus, um die Menschen vor den bereits bekannten gesundheitlichen Gefahren zu schützen.
Ein Luftverkehrskonzept soll bis zum Sommer 2016 die Rolle des Luftverkehrs im Verkehrssystem aufzeigen und darstellen wie dieser effizient und umweltschonend abgewickelt werden kann. Dazu wurde ein Konsortium von Instituten mit einer Markt und Wettbewerbsanalyse beauftragt.
Der Schlussbericht der Expertengruppe ist erschütternd, so der Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF), Helmut Breidenbach und weist in eine völlig falsche Richtung. Anstatt die Flughafenstruktur zu reformieren, wird mit 20 Maßnahmen ein riesiges Subventionierungsprogramm für den deutschen Luftverkehr vorgeschlagen, das den Steuerzahler teuer zu stehen käme. Dies reicht von der Abschaffung der Luftverkehrsteuer, der Senkung vieler Gebühren für Passagiere und Gepäckkontrollen bis hin zur Übernahme der Kosten für Sicherheitskontrollen durch den Bund.
Umweltgesichtspunkte werden in dem Gutachten weitgehend ausgeblendet. Während die vermeintlichen Vorteile des Luftverkehrs ausschweifend quantifiziert werden, war es im Auftrag an die Institute sogar ausgeschlossen, die negativen Umweltaspekte zu quantifizieren. Dies wäre aber, so ein Sprecher des Konsortiums, ohne allzu großen Mehraufwand möglich gewesen.
Das Thema Fluglärm umfasst lediglich eine Seite von hundert und enthält so triviale Sätze wie: "Das subjektive Empfinden von Lärm … kann als Einschränkung der Lebensqualität empfunden werden … und damit als Belästigung erlebt werden." Lösungsansätze werden nicht genannt. Entgegen der Zielsetzung der Koalitionsvereinbarung, die Nacht besser zu schützen, wird eine flexiblere Handhabung der Nachtrandzeiten und der Nachtflugverbote vorgeschlagen. Anstatt das Versprechen einer stärkeren Beteiligung der Öffentlichkeit einzulösen, sollen Planungsprozesse gestrafft und damit das Gegenteil umgesetzt werden.
Ein Bündnis von NGOs (u.a. BUND, VCD und BVF) hatte bereits im September 2015 ein eigenes Luftverkehrskonzept mit den Schwerpunkten Effizienz, Verkehrsverlagerung vor allem beim Kurzstreckenverkehr, Klima- und Lärmschutz vorgestellt. Diese Kapitel sollten gleichermaßen Eingang finden in einem Luftverkehrskonzept des Bundes.
Das vom BMVI beauftragte Gutachten hingegen ist rückwärtsgerichtet und baut auf eine stärkere Liberalisierung bei gleichzeitiger Behinderung einiger ausländischer Anbieter. Eine Auflistung staatlicher Maßnahmen zum Erreichen von bestimmten Wachstumszielen für den Luftverkehr als "Luftverkehrskonzept" zu verkaufen, gleicht einem Taschenspielertrick, so Prof. Friedrich Thießen, Luftverkehrsexperte von der TU Chemnitz.
Die Befeuerung von ungezügeltem Wachstum des Luftverkehrs ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt darf nicht Grundlage eines Luftverkehrskonzepts für Deutschland werden.
Die drei in der AG des BMVI vertretenen Umweltverbände werden das Konzept so nicht mittragen. Bleibt die Hoffnung, dass schon der Finanzminister sein Veto einlegt und Verkehrsminister Dobrindt das nahezu eindimensionale Konzept ebenso an die Wand fährt wie die Maut, so der Präsident der BVF, Helmut Breidenbach.
Quellen:
- Schlussbericht DIW ECON "Grundlagenermittlung für ein Luftverkehrskonzept der Bundesregierung"
- NGO-Luftverkehrskonzept - Schritte zu einem zukunftsfähigen und umweltverträglichen Luftverkehr in Deutschland
Helmut Breidenbach, Präsident BVF
Luftverkehr BVF Bundesregierung (Deutschland)