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Das war der Wirbel
Von: @ZRM EXTRABLATT <2013-11-08>
Wirbelschleppen durch landende Flugzeuge beschädigen Dächer und gefährden Menschen in Flörsheim und Raunheim. Betroffene berichten
Da fliegt das Dach weg: Wirbelschleppen, verursacht durch landende Flugzeuge, haben wiederholt Ziegel abgedeckt. Verletzt wurde bisher zum Glück niemand.

Landende Flugzeuge decken Dächer in Flörsheim und Raunheim ab

Die Ereignisse vom 5. April 2013 erzählt Karlheinz Dörrhöfer mittlerweile nur noch als Kurzgeschichte, obwohl sie das Zeug zum Kriminalroman hätten. Der Rentner saß mit Frau und Tochter zusammen, als es gegen 18 Uhr auf dem Dach rumpelte. Danach folgten laute Schläge. „Es hat sich angehört, als würde ein Skateboard über groben Asphalt donnern“, geben die Dörrhöfers später zu Protokoll. Bei einem Blick nach draußen stellten sie fest, dass sich zahlreiche Ziegel gelöst hatten. Die meisten waren nach vorn auf die Straße geknallt, auf der kurze Zeit zuvor noch Passanten gestanden hatten. „Zum Glück war in diesem Moment niemand mehr dort, sonst hätte das böse ausgehen können“, sagt der Rentner und wirkt sechs Monate nach dem Vorfall immer noch geschockt.

Was den Dörrhöfers passiert ist, geschieht in Flörsheim immer wieder, seitdem vor zwei Jahren die neue Landebahn am Flughafen ihren Betrieb aufgenommen hat. Nach einer Liste der Bürgerinitiative (BI) Flörsheim- Hochheim hat es bereits mehr als 20 Vorfälle ähnlicher Art gegeben. Ursache sind so genannte Wirbelschleppen, die von Flugzeugen bei der Landung verursacht werden. Vor allem große und schwere Jets erzeugen starke, zu Boden sinkende Luftverwirbelungen, wenn sie wie in Flörsheim die Wohngebiete in nur rund 300 Meter Höhe überfliegen. Die Nachbarkommune Raunheim, die in der Einflugschneise der alten Landebahnen liegt, kennt das Phänomen seit langem. Auch hier gab es immer wieder Schäden an Häusern.

Aber nicht nur in Wohngebieten können Wirbelschleppen auftreten, wie ein weiterer Fall zeigt. Auch ein Paar, das Anfang März bei Ostwindlage von Flörsheim Richtung Eddersheim mit dem Ruderboot auf dem Main unterwegs war, machte Bekanntschaft mit den unsichtbaren Winden. Die Sportler passierten gerade die Autobahnbrücke A3, als sie ein Jet sehr niedrig überflog. „Kurz darauf hörten wir ein lautes Peitschen und Knallen auf dem Wasser um uns herum“, berichtete das Paar. Anschließend brachte ein starker Windstoß das Boot zum Wanken. „Wir sind noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen“, sagen sie und fragen sich gleichzeitig, was passiert wäre, hätte der Luftwirbel ein Kind beim Training im schmalen Rennboot getroffen.

Bisher niemand verletzt

Noch ist kein Mensch zu Schaden gekommen, aber die Bürgerinitiativen schlagen Alarm. Auf einer Informationsveranstaltung des Flughafenbetreibers Fraport, der auf Anweisung des Landes Hessen rund 3 000 Dächer in der Einflugschneise (vor allem in Flörsheim und Raunheim) mit Ziegel-Klammern versehen muss, hielten Demonstranten Plakate mit Aufschriften wie „Leben vor Profit“ und „Fraport pokert mit unserem Leben“ in die Höhe.

Fraport hatte die Auswirkungen der Wirbelschleppen, die als Störphänomen in der Luftfahrt international bestens bekannt sind, beim Genehmigungsverfahren für die neue Landesbahn offenbar unterschätzt. Laut einem Gutachten aus dem Jahr 2006 hätten sich durch die Verwirbelungen allenfalls „geringe Gefährdungspotenziale“ ergeben dürfen. In Zahlen ausgedrückt: „Weniger als ein Schaden in tausend Jahren.“

Danach hätten nicht nur Karlheinz Dörrhöfer und seine Frau, sondern auch noch seine Ur-Ur-Ur-Enkel in Flörsheim ohne weitere Dachschäden sorglos leben können. Allerdings rumste es schon wenige Monate später wieder – zwar nicht bei Dörrhöfers, aber bei einem Nachbarn. „Da sind die Ziegel schon zweimal verrutscht. Das kann auch bei uns immer wieder passieren“, sagt der Flörsheimer. Deshalb hat er sein Dach nicht nur auf Fraport-Kosten reparieren lassen, sondern auch die Klammerung beantragt. Er gehört zu jener Zone, in der Anwohner unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch darauf haben. Nach Festlegung des Landes besteht dieser Anspruch nur dann, wenn die Gebäude vor dem 23. März 2007 errichtet wurden.

Die mündliche Zusage der Fraport habe er bereits, aber auf die schriftliche warte er noch, sagt Dörrhöfer. Ihm seien auch Schneegitter für sein Dach zugesagt worden.

Der Rentner ist zufrieden mit dem Verfahren. Die Bürgerinitiativen halten das Dachklammer- Programm jedoch für unzureichend. Die Festlegung der belasteten Gebiete gehe ebenso an der Realität vorbei wie die bei der Ausbauplanung zugrunde gelegten Prognosen zu Lärmbelastung und Wirbelschleppengefahr, sagt Carola Gottas, Sprecherin der BI Flörsheim-Hochheim. Sie hält die Klammerung für Augenwischerei: „Selbst wenn das eigene Dach geklammert ist, schützt das nicht vor umherfliegenden Ziegeln eines möglicherweise nicht geklammerten Nachbarhauses.“

Das sieht die Kommune Flörsheim ähnlich, doch vor Gericht erlitt sie im Sommer eine Niederlage: Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) lehnte einen Eilantrag ab, nach dem auf der Nordwestbahn mindestens solange keine schweren Maschinen landen dürfen bis alle Dächer geklammert sind.

Eine Auflistung der Wohngebiete (mit Straßen und Hausnummern) mit Anspruch auf Dachklammerung gibt es unter www.fraport.de.


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Wirbelschleppen (bei Flugzeugen) EXTRABLATT Zukunft Rhein-Main (ZRM) Gefahren durch Flughafenausbau FRA

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