Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Nachtflügen am Flughafen Heathrow
<2003-08-01>
Anwohner und Anwohnerinnen des Londoner Flughafens Heathrow haben 1997 den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angerufen, um die Zunahme von Nachtflügen zu verhindern. Bis 1993 hatte es in Heathrow eine Begrenzung für die Anzahl der nächtlichen Starts und Landungen gegeben. 1993 wurde diese Regelung durch eine Lärmkontingent-Regelung ersetzt, die eine Zunahme der Flugbewegungen bei Verwendung von leiseren Flugzeugen erlaubt hätte. Nach mehreren Klagen der betroffenen Gemeinden wurde dann wieder eine absolute Obergrenze für die Zahl der Flüge festgesetzt, und es wurden von der Regierung weitere Anhörungen durchgeführt. Erfolg hatten die Klagen nicht. 1995 wurde die umstrittene Flugbetriebsregelung in Kraft gesetzt. Zur Zeit sind 16 Nachtflüge zugelassen.
Nachdem alle nationalen Rechtsmittel ausgeschöpft waren, wurde der Fall 1997 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht und im Jahr 2000 zur Verhandlung zugelassen. Der Fall wurde unter dem Namen "HATTON AND OTHERS v. THE UNITED KINGDOM" bekannt.
In einem viel beachteten Urteil entschied der Europäische Gerichtshof am 2.10.2001, dass der nächtliche Fluglärm am Londoner Flughafen Heathrow die Menschenrechte der Anwohner verletzt. Das Gericht stellte fest, dass sowohl der Artikel 8 (Recht auf Respektierung des Privat- und Familienlebens, zu dem auch der gesunde Nachtschaf gehört) als auch der Artikel 13 (Recht auf wirksame Rechtsmittel innerhalb des nationalen Rechts) der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt wurden.
Gegen das Urteil wurde von der britischen Regierung Revision eingelegt. Am 13.11.2002 wurde der Fall erneut vor der "Grand Chamber" des Gerichtshofs verhandelt, am 8.7.2003 das endgültige Urteil verkündet. Das Urteil von 2001 wurde dabei teilweise revidiert.
Das Gericht entschied mit 12 gegen 5 Stimmen, dass die britische Regierung sich bemüht hat, volkswirtschaftliche Interessen gegenüber den individuellen Rechten der Kläger abzuwägen und somit Artikel 8 nicht verletzt hat. Bei einer Gegenstimme wurde beschlossen, dass den Klägern innerhalb des nationalen Rechts keine wirksamen Rechtsmittel zum Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte zur Verfügung gestanden hätten und Artikel 13 somit verletzt worden sei. Wegen dieser Tatsache wurde den Klägern Schadenersatz in Höhe von 50000 Euro für die Verfahrenskosten zugesprochen.
Fünf Richter äußerten in einem Minderheitsvotum ihr Bedauern darüber, dass das Gericht nicht die Chance ergriffen hätte, die Rechtsprechung zu den Menschenrechten in Umweltfragen weiter zu entwickeln. Sie sehen die Mehrheitsentscheidung als "einen Schritt zurück" gegenüber der vorausgegangenen Entscheidung. Wirtschaftlichen Überlegungen sei der Vorrang gegenüber dem Schutz der Gesundheit eingeräumt worden, die Betroffenheit der Menschen durch den Lärm werde heruntergespielt. Die Entscheidung werde der zunehmenden Bedeutung, die Umweltfragen in Europa und der ganzen Welt beigemessen würde, nicht gerecht.
Mehr zum ursprünglichen Urteil von 2001:
Urteil vom 2.10.2001 in deutscher Übersetzung
Mehr zum endgültigen Urteil vom 2003:
Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs zum Urteil vom 8.7.2003
Vollständiger Text des Urteils (Englische Version, Word Dokument)
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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Klage (vor Gericht) Lärm durch Nachtflüge Gerichtsurteile Störung des Nachtschlafs Nachtflug-Beschränkungen
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