KREIS GROSS-GERAU / STADT MAINZ / STADT HOCHHEIM –Durchaus zuversichtlich gehen Mitglieder der "Initiative Zukunft Rhein-Main" (ZRM) in das Revisionsverfahren zum Flughafenausbau vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig. Knapp eine Woche vor Beginn des Verfahrens stellten Sprecher der ZRM, Musterkläger und Bürgerinitiativen bei einer Pressekonferenz im Rüsselsheimer Rathaus noch einmal ihre Ausgangspositionen und ihre Erwartungen an die Leipziger Richter vor.
Rüsselsheims Oberbürgermeister Patrick Burghardt, der Gastgeber der Pressekonferenz, wird selbst an der Verhandlung am 13. und 14. März teilnehmen. Als einer der zugelassenen Musterkläger hoffe die Stadt, so Burghardt, dass die Entscheidung des BVG zu einem besseren aktiven und passiven Schallschutz führt: "Für die Schulen und Kindertagesstätten ist das besonders wichtig!" Die derzeit geltende Nachtflugregelung müsse beibehalten, weitere Verbesserungen müsse es für die sogenannten "Schulterstunden" also die Zeiten zwischen 22 Uhr und 23 Uhr sowie zwischen 5 Uhr und 6 Uhr geben. Wichtig sei zudem, dass die Planungshoheit der Stadt sichergestellt werde.
Eingangs hatte Landrat Thomas Will kurz die Historie des Flughafenausbaus und die Aktivitäten der ZRM seit 2001 Revue passieren lassen: "Unsere elf Jahre alten Forderungen, unter anderem nach einem tatsächlichen Nachtflugverbot, intelligenten Verbundsystemen und dem Erhalt der Balance zwischen Wirtschaftskraft und Lebensqualität, sind unvermindert aktuell!" Er erinnerte daran, dass es bereits 2003 mehr als 120.000 Einwendungen gegen den Ausbau gegeben habe: "Deshalb darf jetzt niemand vom Ausmaß des Protest überrascht sein!" Der Ausbau sei nicht raumverträglich - genau darüber werde in Leipzig verhandelt: "Und da erhoffe ich mir eine gründliche Abwägung und eine weise Entscheidung."
Hochheims Bürgermeisterin Angelika Munck, wie Will Sprecherin der ZRM, zeigte sich enttäuscht, dass Landesregierung und Fraport über zehn Jahre nicht zugehört und die Sorgen der Bürger nicht Ernst genommen hätten: "Wie laut es werden würde, wusste man dort schon lange, nur sollte das ganz offensichtlich nicht bekannt werden!" Niemand zweifle die Existenzberechtigung des Flughafens und seinen Nutzen für die Region an: "Aber hier im Ballungsraum müssen die Menschen und nicht wirtschaftliche Aspekte im Mittelpunkt stehen!" Sie wolle keinem Betrieb das Recht auf Wachstum absprechen: "Aber bei uns sind die Grenzen der Belastbarkeit bereits jetzt deutlich überschritten!"
Mörfelden-Walldorfs Erster Stadtrat Franz-Rudolf Urhahn, auch er Vertreter einer Stadt, die in Leipzig als Musterkläger auftritt, bekräftigte, dass dem Bau der Nordwestbahn ein rechtswidriger Planfeststellungsbeschluss zugrunde liege. Insbesondere sei hier die Lärmbetroffenheit von über 40.000 Menschen nicht berücksichtigt worden: "Deshalb setzt sich unsere Stadt dafür ein, dass die Bahn still gelegt wird!" Jetzt hektisch vorgestellte Lärmschutzprogramme stellten keine Lösung dar, sondern seien "weiße Salbe". Nicht zulässig sei der Ausbau auch deshalb, weil der Luftraum über dem Rhein-Main-Gebiet bei weitem nicht ausreiche, um die von Fraport avisierte Zahl der Flugbewegungen abwickeln zu können.
Als Vertreter der Bürgerinitiativen sprach der Jurist Hartmut Wagner für mittlerweile gut 70 Organisationen dieser Art rund um den Flughafen: "Vor zehn Jahren waren es erst sechs oder sieben!" Niemand wolle eine grüne Wiese: "Aber der Flughafen muss raumverträglich bleiben." Im übrigen sei nicht der Airport, sondern seien die hier lebenden Menschen das vom Ministerpräsidenten gerne so genannte "Herzstück Hessen". Deshalb erhoffen sich die Bürgerinitiativen vom Leipziger Urteil nicht nur ein Nachtflugverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, sondern auch eine Schließung der Landebahn: "Fraport ist dieses Risiko ganz bewusst eingegangen und muss es jetzt eben tragen!"
Rechtsanwältin Alexandra Fridrich vertritt im Verfahren um den Flughafenausbau unter anderem die Stadt Rüsselsheim. Das Bundesverwaltungsgereicht habe unter anderem darüber zu entscheiden, erläuterte sie, ob im Planfeststellungsbeschluss konkrete Anforderungen für den passiven Schallschutz hätten festgelegt werden müssen. Im Fall von Berlin-Schönefeld habe das Gericht bereits bei 40.000 besonders von Lärm betroffenen Anwohnern von einer "erheblichen" Belastung gesprochen: "Im Fall von Frankfurt muss dies bei einer mehr als doppelt so großen Anzahl Betroffener umso mehr gelten!" Das BVG habe auch darüber zu entscheiden, ob dem Planfeststellungsbeschluss korrekte Fluglärmberechnungen zugrunde lagen und die tatsächliche Nutzung der Start- und Landebahnen berücksichtigt worden sei. "In all diesen Punkten gehen die Kläger mit guten Argumenten und deshalb durchaus optimistisch in die Verhandlung".
Eine Einschätzung im übrigen, der sich auch alle anderen Beteiligten anschlossen. Auch nach einem Urteil, das frühestens ab Mitte April erwartet wird, wird die gerichtliche Auseinandersetzung um die neue Bahn noch nicht beendet sein. Einerseits sind in Leipzig noch über 200 weitere Klagen anhängig. Andererseits ist ein möglicherweise notwendiges Planergänzungsverfahren ebenfalls juristisch anfechtbar. Und einige Anliegerkommunen halten im Fall einer Ablehnung ihrer Klagen auch einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht durchaus nicht für ausgeschlossen.
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