Die Stadt Mörfelden-Walldorf tritt als Musterkläger auf: Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet, ob es ein Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen gibt. Interview mit Bürgermeister Heinz-Peter Becker.
Bisher sind auf dem Frankfurter Flughafen pro Nacht 17 Flüge zwischen 23 und 5 Uhr erlaubt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat entschieden, dieser Zustand "ist nicht mit dem gesetzlich gebotenen Schutz der Bevölkerung vor zusätzlichem Fluglärm zu vereinbaren". Warum klagen Sie dagegen?
Es muss ein absolutes Nachtflugverbot geben. Die bisherigen Ausnahmen sind nicht haltbar. Der VGH hat unsere Auffassung zum Nachtflugverbot bestätigt. Gegen diesen Teil des Urteils haben wir daher auch keine Revision eingelegt. Unsere Klage richtet sich vielmehr insbesondere gegen die falsche Auslegung des Fluglärmschutzgesetzes. Wir wollen erreichen, dass die Anwohner auch unterhalb der darin festgelegten Grenzwerte Schallschutz erhalten. Die neuen Gesundheitsstudien belegen, dass ein besserer Schutz notwendig ist. Wir wollen vor diesem Hintergrund klären lassen, ob ein Ausbau des Frankfurter Flughafens überhaupt zulässig ist.
Das Land Hessen hat ein absolutes Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr versprochen. Dennoch ist das Land gegen das VGH-Urteil in Revision gegangen. Wie bewerten Sie das?
Angeblich geht es der Landesregierung darum, Fragen des Planungsrechts zu klären. Tatsächlich versucht sie aktiv auf allen Ebenen – im Bund und im Bundesrat – die gesetzlichen Grundlagen für ein Nachtflugverbot durch die Änderung des Luftverkehrsgesetzes auszuhebeln. Die Revisionsklage ist das i-Tüpfelchen auf dem seit Jahren praktizierten Wortbruch zum versprochenen Nachtflugverbot für die Menschen in der Region.
Musterkläger heißt: Mörfelden-Walldorf steht stellvertretend auch für andere Kommunen. Wie werden Sie dieser besonderen Verantwortung gerecht?
Mörfelden-Walldorf gehörte unter meinem Vorgänger Bernhard Brehl zu den Initiatoren der ZRM. Uns ist die Abstimmung mit anderen Kommunen bereits in der Mediation ein Anliegen gewesen, und mir ist das auch heute sehr wichtig. Dazu gehört, dass wir viele wichtige Fachgutachten für die Anhörungsverfahren und die Klagen gemeinsam erarbeitet und finanziert haben. Unsere Anwalts- und Gerichtskosten tragen wir aber allein. Wir sind auch nicht die einzigen Musterkläger – die ZRM-Kommunen Rüsselsheim und Neu-Isenburg sind ebenfalls in die Revision nach Leipzig gegangen.
Wann wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Revision verhandeln?
Ich gehe davon aus, dass die mehrtägige mündliche Verhandlung in Leipzig im Frühsommer 2011 stattfinden wird.
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