Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zeigt sich vom Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes in Kassel (VGH) zum Ausbau des Frankfurter Flughafens enttäuscht. Die mittlerweile mehr als 10 Jahre andauernde Debatte sei nicht dazu genutzt worden, „neue Erkenntnisse und Entwicklungen in der juristischen Abwägung zu berücksichtigen“, stellt das Vorstandsmitglied des hessischen VCD-Landesverbandes Werner Geiß fest. Für die Richter habe vor allem die von der Realität längst widerlegte Bedarfsprognose eines angeblich rasant wachsenden Flugverkehrs den Ausschlag „als einziges, jedes andere öffentliche Interesse überragendes Kriterium“ gegeben.
Der VCD Sprecher für Frankfurt und Rhein-Main Holger Greiner zieht hierzu in Zweifel, dass zusätzliche Luftverkehrskapazitäten im Lande des dichtesten Flughafennetzes immer noch dem öffentlichen Interesse dienen. Die Richter und vor allem die verantwortlichen Politiker müssten sich fragen lassen, „ob immer noch davon ausgegangen werden kann, dass die vom Flugverkehr angeblich erfüllten öffentlichen Interessen grundsätzlich ranghöher sind als die Vielzahl der Interessen, die durch ihn, insbesondere in der Rhein-Main-Region, nachhaltig beeinträchtigt werden – also Lebensqualität, Klima- und Umweltschutz, Möglichkeiten der Stadtentwicklung, Wertschöpfung und Beschäftigung in anderen Branchen und Regionen oder Immobilienwerte?“ Die von den Richtern geforderte Nachtflugregelung mit einer stärkeren Beschränkung der Zahl der Nachtflüge in der Zeit zwischen 23 Uhr und 5 Uhr sei zudem, so Greiner, „völlig unzureichend, da sie dem Ruhebedürfnis der Menschen in der Region und dem Gesundheitsschutz keinesfalls gerecht wird“.
Die von der Bundeskanzlerin Merkel verkündeten hochgesteckten Klimaschutzziele der Bundesrepublik, mit 40% weniger CO2 bis 2020, würden, so der VCD, durch einen weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens in Frage gestellt. Klimawandel und Klimaschutz hätten für die Kasseler Richter bei ihren Erwägungen offenbar keine Rolle gespielt. „Wenn wir Hessen, dank Flugverkehr mit 15 Tonnen CO2 pro Jahr und Einwohner geschlagen, Frau Merkels Ziele dennoch erreichen wollen, sollten wir – zugunsten des Flughafens – tunlichst auf Heizung, Beleuchtung und Autofahren gänzlich verzichten“, stellt Landesvorstand Geiß hierzu fest.
Völlig ignoriert habe der VGH auch die Bemühungen der EU und der USA um einen klimaschonenden Flugverkehr. Mit dem steuerfinanzierten Projekt „Clean Sky“ würden bis 2020 Flugzeuge entwickelt, die das Klima nur noch halb so stark belasten wie die heutigen Maschinen Diese sollten aber viel lauter kleiner sein als bisher. „Sie taugen daher weder für die Frankfurter Drehkreuzfunktion noch für die zentrale Lage des Flughafens inmitten der dichten Besiedlung“. Das Fazit: des hessischen VCD „Mit den Frankfurter Ausbauplänen für die Infrastruktur wird die technische Entwicklung verschlafen.“ Es sei auch nicht bedacht worden, dass mit dem Ausbau des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes ein politischer Entscheid für die Schiene und gegen die Luftfahrt auf kürzeren Distanzen gefallen sei.
Hier würden, so Geiß, öffentliche Mittel verschwendet, die nachhaltiger und volkswirtschaftlich effizienter verwendet werden könnten. Die Verantwortlichen müssten endlich begreifen, „dass 'geistige Mobilität' das Kriterium für künftigen Wohlstand und Beschäftigung ist. Die Wissensgesellschaft braucht keine zusätzlichen Landebahnen.“ Es gelte, angesichts der Wirtschaftskrise, drohender Massenarbeitslosigkeit, des Klimawandels und des Bildungsdefizits öffentliches Interesse und Prioritäten grundlegend neu zu definieren. Das Verfahren zum Frankfurter Flughafenausbau zeige dagegen eindrucksvoll, wie man es nicht machen sollte.
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