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Ärzte fordern Abbruch der NORAH-Fluglärmstudie
Von: @cf <2012-08-13>
Fast 100 namhafte Ärzte aus der Rhein-Main-Region fordern in einem offenen Brief den Abbruch der unter der Regie des "Umwelthauses" laufenden Fluglärm­studie NORAH (aktualisiert)

Schon fast 100 Ärzte aus der Rhein-Main-Region haben einen Offenen Brief unterschrieben, in dem der Abbruch der groß angelegten Lärmwirkungsstudie NORAH gefordert wird. Mit dem Hinweis auf die ausstehenden Ergebnisse werde "ein erforderliches und sofortiges Handeln zum Schutz der Bevölkerung" verzögert, meinen die Mediziner. Die bisher vorliegenden Studien seien ausreichend, um die schädlichen Folgen des Fluglärms zu belegen.

Die außergewöhnlich lange und breit angelegte Studie war im Jahr 2010 nach lang anhaltenden Protesten für ein Nachtflugverbot vom hessischen Landtag gemeinsam mit dem Umwelthaus bzw. dem "Forum Flughafen und Region" (FFR) ins Leben gerufen worden. Sie soll 7 Millionen kosten, Ergebnisse werden nicht vor 2014 vorliegen. Die Modalitäten von Ausschreibung, Beauftragung und Vergabe, aber auch die Methodik, waren schon bald nach der ersten Freude über das Einlenken der hessischen Landesregierung in Sachen Studie umstritten. "Kritische" Wissenschaftler wie Prof. Greiser oder Prof. Kaltenbach, die schon lange vor den schädlichen Auswirkungen des Fluglärms auf die Gesundheit warnen, wurden an der Studie nicht aktiv beteiligt. Prof. Kaltenbach legte inzwischen sogar aus Proetest sein Mandat als Qualitätssicherer der Studie nieder (siehe Interview im ZRM-Extrablatt).

Ausbaugegner befürchten, dass bei der Studie das herauskommen könnte, was die Auftraggeber erwarten - nämlich dass der Fluglärm ja gar nicht so schlimm sei. So stieß die Einbeziehung von Straßen- und Schienenlärm auf Kritik. Die Befürchtungen werden genährt durch die Tatsache, dass die Studie "zwischen Fluglärmbetroffenen, Vertretern der Luftverkehrswirtschaft sowie Behörden abgestimmt auf den Weg gebracht worden ist" (Zitat aus der Pressemitteilung der Stadt Raunheim Raunheim, siehe unten) und wohl allein deshalb Wissenschaftler wie Prof. Greiser nicht infrage kamen - Fraport hätte die Ergebnisse von Greiser nicht akzeptiert, darüber waren sich alle "Macher" einig. Zudem gilt das FFR bei vielen Ausbaugegnern keineswegs als unabhängige Institution.

Weitere Informationen und viele lesenswerte Leserkommentare zur Aktion der Ärzte findet man in der Frankfurter Rundschau. Reaktionen auf die Ärzte-Initiative weiter unten.

Die Geschehnisse bis zur Beauftragung der Gesundheitsstudie findet man ab 2010 in unserem Blog zum Nachtflugverbot.


Offener Brief der Ärzte

Offener Brief der unterzeichnenden Ärzte zur Veröffentlichung von U. Heudorf „Die NORAH-Studie zu Fluglärmwirkungen“, Hessisches Ärzteblatt 73: 447-452, 2012

Die hier unterzeichnende Ärzteschaft weist mit Nachdruck darauf hin, dass die vorhandenen Studien und Forschungsgrundlagen bereits ausreichend sichere Erkenntnisse darüber bieten, welche Auswirkungen Fluglärm und Emissionen auf die betroffene Bevölkerung haben.

Die Resolution des 115. Deutschen Ärztetages 2012 fordert die Politik unmissverständlich auf, „die Bevölkerung vor den Folgen des Flugverkehrs durch Flugzeugabgase und Lärmemissionen nachhaltig und umfassend zu schützen“ und betont weiter, „es ist nicht hinnehmbar, wirtschaftliche Interessen wider besseres Wissen flächendeckend zu Lasten der Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung durchzusetzen.“

Diese Forderung ergibt sich, so der Deutsche Ärztetag, aus der „aktuellen wissenschaftlichen Evidenz“, die eindeutig ist. Die Entschließung des Deutschen Ärztetages weist klar auf die deutlich zu hohen Grenzwerte im Fluglärmgesetz hin, die in einem offensichtlichen Widerspruch zu vorhandenen Erkenntnissen von nationalen sowie internationalen Studien stehen.

Um jetzt politisch handlungsfähig zu sein, sind nach Auswertung der vorhandenen aktuellen Studienlage weitere Studien, wie z.B. die NORAH-Studie nur kontraproduktiv, da diese auf Jahre ausgelegt sind und so ein erforderliches und sofortiges Handeln zum Schutz der Bevölkerung mit dem Hinweis auf laufende Studien verzögert wird. Es ist absurd, wenn in Kenntnis wissenschaftlich belegter Risiken des Fluglärms und der Abgase für die Gesundheit der betroffenen Menschen die Belastung erst rücksichtslos gesteigert wird, um anschließend die zu erwartenden Auswirkungen in einer Studie zu erfassen.

Insbesondere nach Inbetriebnahme der neuen Landebahn Nordwest, seit dem 21.10.2011, durch den Frankfurter Flughafen sind tagtäglich weitere, mehr als 100.000 Menschen, einer massiven, maximalen Belastung durch Flugzeugabgase und Lärmemissionen schutzlos ausgeliefert.

Zudem verstößt die NORAH-Studie gegen die Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von „Guter epidemiologischer Praxis“ der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie. Diese legt u.a. eindeutig fest: Epidemiologische Studien müssen im Einklang mit ethischen Prinzipien durchgeführt werden und Menschenwürde sowie Menschenrechte akzeptieren. Mit der NORAH-Studie wird gegen diese Leitlinie vorsätzlich verstoßen. Der Bevölkerung wird eine scheinbare, nicht vorhandene Fürsorge vorgetäuscht, um die gesundheitsgefährdenden Fluglärmbelastungen nach Belieben weiter zu steigern.

Die Berufsordnung für Ärzte und Ärztinnen in Hessen beschreibt u.a. in ihren Grundsätzen: „...Aufgabe des Arztes ist es, an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.“

Um weiteren Schaden von der betroffenen Bevölkerung abzuwenden, sehen wir es als unsere ärztliche Pflicht an, auf diese Umstände hinzuweisen, wie auch zu fordern, dass die Politik durch sofortige geeignete Maßnahmen die Rahmenbedingungen zum ausreichenden Schutz schafft und umgehend, und nicht erst in sechs Jahren auf der Grundlage einer ethisch fragwürdigen Studie, realisiert.


Reaktionen auf den offenen Brief der Ärzte

Der Vorsitzende des Forums Flughafen und Region Prof. Wörner hat die Studie auf einer Pressekonferenz verteidigt. Ebenso die Stadt Raunheim (Bürgermeister Jüge gehört zu den führenden Köpfen im FFR). Die LINKE äußerte sich dagegen kritisch. Einzelne Betroffene äußern noch viel radikalere Kritik. Aktivisten von "Landewahn.de" finden die Studie unethisch und haben eine "Selbsthilfegruppe für Geschädigte der NORAH-Studie" ins Leben gerufen. Mehr:

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NORAH-Studie Arzt, Ärzte

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