Pressemitteilung des HMWEVL vom 12.09.2014/
Der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir hat am Freitag Modelle zur Einführung siebenstündiger Lärmpausen am Frankfurter Flughafen vorgestellt. „Sieben Stunden Lärmpause sind möglich und könnten bereits ab Ende März 2015 umgesetzt werden“, sagte Al-Wazir in Wiesbaden. „Wir haben Modelle erarbeitet, die den Menschen unter den Einflugschneisen eine Stunde mehr Nachtruhe ermöglichen als ihnen das Nachtflugverbot bislang garantiert.“
256 theoretisch denkbare Varianten geprüft und bewertet
Das hessische Verkehrsministerium hat in den vergangenen Monaten zusammen mit der Deutschen Flugsicherung (DFS), dem Flughafenbetreiber Fraport und der Deutschen Lufthansa insgesamt 256 theoretisch denkbare Varianten geprüft und bewertet. Fünf Modelle haben sich dabei für einen Probebetrieb als möglich erwiesen. Am späten Abend (22-23 Uhr) und in den frühen Morgenstunden (5-6 Uhr) werden einzelne Landebahnen nicht angeflogen. Ein Teil der Anwohner hätte dann von 22 Uhr bis 5 Uhr sieben Stunden, der andere von 23 Uhr bis 6 Uhr sieben Stunden Ruhe (siehe Anlage).
„Die einzelnen Modelle sind in ihrer Wirkung für die von Fluglärm betroffenen Kommunen unterschiedlich.“ Al-Wazir kündigte an, die Modelle in der Fluglärmkommission und dem Forum Flughafen & Region mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen und der Interessenverbände zu diskutieren. „Es wird keine einsamen Entscheidungen geben. Wir setzen auf die Beteiligung der Kommunen und Gremien. Ich kann alle nur ermutigen: Bringen Sie sich in das Verfahren ein. Wir sind für konstruktive und praktikable Vorschläge jederzeit offen“, so der Minister.
Ab Ende März 2015, soll ein Modell erprobt werden
Zu Beginn des nächsten Sommerflugplanes, also ab Ende März 2015, soll ein Modell in der konkreten Umsetzung erprobt werden. „Frankfurt wäre damit der einzige internationale Flughafen, der ergänzend zu einem Nachtflugverbot von 23 Uhr bis 5 Uhr eine solche Regelung für Lärmpausen realisieren würde. Dies trägt der besonderen Lage des Flughafens in einer dicht besiedelten Region Rechnung“, so Al-Wazir.
Die Nichtnutzung einzelner Bahnen in den Nachtrandstunden bezeichnete Al-Wazir als ein „extrem anspruchsvolles Projekt.“ Zahlreiche Faktoren müssten dabei beachtet werden: Die neuen Verfahren müssen sicher sowie für die Lotsen und Piloten handhabbar sein. Gleichzeitig hätten Änderungen am Betrieb der einen Bahn unmittelbare Auswirkungen auf den Betrieb der anderen Bahnen. „Wenn auf der Südbahn bei Westbetrieb ein landendes Flugzeug aufsetzt, kann auf der Startbahn West nicht gleichzeitig gestartet werden. Das macht deutlich, wie diffizil auch scheinbar kleine Änderungen sind“, so Al-Wazir. Weil Flugzeuge gegen den Wind starten und landen müssten auch die je nach Windrichtung unterschiedlichen Betriebsrichtungen des Flughafens berücksichtigt werden.
Alle Modelle führen zu Verbesserungen für die Menschen
Alle Modelle führen zu Verbesserungen für die Menschen, die in den Einflugschneisen der jeweils nicht genutzten Bahnen leben. Im Modell 1 wird am späten Abend bei Ostbetrieb die Nordwest-Landebahn entlastet. In den Modellen 2 und 3 wird morgens zusätzlich die Südbahn entlastet. Diese drei Modelle entlasten die Nordwest-Landebahn jedoch nicht bei westlichem Landebetrieb.
Die Modelle 4 und 5 entlasten die Nordwest-Landebahn zusätzlich auch bei Westbetrieb. Al-Wazir: „Natürlich ist es mein Ziel, möglichst vielen Anwohnern eine zusätzliche Stunde Ruhe zu ermöglichen.“ Allerdings seien die Modelle 4 und 5 instabiler und könnten damit weniger verlässlich umgesetzt werden.
Eine Entlastung der Nordwestlandebahn am frühen Morgen hat sich als nicht realisierbar erwiesen. „Die Experten der Flugsicherung sehen dazu keine Chance“, so Al-Wazir. Anders als vor der Eröffnung der Nordwestlandebahn gäbe es mittlerweile ein striktes Nachtflugverbot. „In der Konsequenz heißt das: Morgens um 5 sind deutlich mehr Flugzeuge in der Luft als früher und die müssen auch irgendwie runterkommen. Auch der Flugzeugmix hat sich verändert, es werden größere Flugzeugtypen genutzt. In der Folge steigt der einzuhaltende Sicherheitsabstand zwischen den Flugzeugen, der Takt zwischen den Landungen wird langsamer.“ Die Kapazität der alten Parallelbahnen, die nicht unabhängig voneinander betrieben werden können, sei deswegen für die Landungen zwischen 5 und 6 Uhr nicht mehr ausreichend.
In einjährigem Probebetrieb wird getestet und optimiert
Nach der Auswahl eines Modells sollen die Lärmpausen zunächst in einem einjährigen Probebetrieb getestet und optimiert werden, so wie das bei der Einführung neuer Maßnahmen des aktiven Schallschutzes üblich ist. Ziel sei es, die Lärmpausen möglichst verlässlich umzusetzen. „Das wird aber nicht jeden Tag gelingen“, so Al-Wazir. „Um mal ein Beispiel zu nennen: In Gewitternächten oder bei starken Schneefällen wird es keine siebenstündigen Lärmpausen geben können“, erläuterte Al-Wazir.
„Sicherlich wird es zu Beginn an der einen oder anderen Stelle auch mal ruckeln“, so der Minister. Die Erfahrung zeige aber, dass sich die Beteiligten zügig und professionell auf neue Verfahren einstellen können. „Natürlich bedeutet das für die Fluggesellschaften und die Lotsen bei der Deutschen Flugsicherung mehr Arbeit und eine zusätzliche Belastung. Aber ich bin froh, dass wir diesen Schritt gemeinsam gehen, um die Region weiter von Fluglärm zu entlasten.“
Vorreiterrolle beim Thema Schallschutz
Das Konzept fügt sich nach Angaben Al-Wazirs in verschiedene Lärmschutzmaßnahmen rund um den Frankfurter Flughafen ein, die bereits umgesetzt wurden. Mit diesem Schutzkonzept habe der Frankfurter Flughafen im Zusammenwirken mit der Luftverkehrsindustrie und der Politik eine anerkannte internationale Vorreiterrolle beim Thema Schallschutz eingenommen, die nun durch die Lärmpausen fortgeführt werden sollen.
Al-Wazir: „Wir wollen den Erfolg der Lärmpausen. Wir wollen damit erreichen, dass die Menschen im Umfeld des Flughafens über das sechsstündige Nachtflugverbot hinaus eine Stunde mehr Ruhe haben: Sieben Stunden Lärmpause. Natürlich führen Lärmpausen nicht dazu, dass weniger Flugzeuge landen. Wir bündeln Verkehr auf den jeweils genutzten Bahnen. Der Effekt, dass die Menschen in den Einflugschneisen dafür die Chance haben, eine Stunde mehr als bisher gar keine Landungen direkt über dem Kopf zu haben, wäre eine spürbare Verbesserung. Ich wünsche mir für die nächsten Monate eine konstruktive, an der Sache orientierte Diskussion.“
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