Pressemitteilung der Fluglärmkommission Frankfurt vom 09.01.2016 / 234. Sitzung
Die Mitglieder der Fluglärmkommission befassten sich auf der heutigen 234. Sitzung mit den Ergebnissen des Monitorings des einjährigen Probebetriebs der Lärmpausen und der Frage, ob eine Überführung in den Regelbetrieb empfohlen werden kann.
Das Monitoring hatte ergeben, dass das bei Westbetrieb in den Nachtrandstunden durchgeführte Lärmpausen-Modell stabil an über 90% aller möglichen Tage angewendet werden konnte. Nach dem Modell sollten zwischen 5-6 Uhr alle Anflüge auf die Landebahn Nordwest und die Centerbahn (statt normalerweise auf die Landebahn Nordwest und Südbahn) und zwischen 22-23 Uhr auf die Südbahn erfolgen. Die vergleichende Auswertung der Lärm-Messstationen in den Nachtrandstunden vor und nach Einführung der Lärmpausen zeigte überwiegend die erwarteten Effekte. So konnten große Verbesserungen von bis zu 10 dB(A) unter der Anfluggrundlinie der Landebahn-Nordwest (Frankfurter Süden und Offenbacher Norden) aufgrund der Verlagerung der Anflüge zwischen 22-23 Uhr auf die Südbahn nachgewiesen werden. Auch in Neu-Isenburg überwogen die Entlastungen in der Zeit zwischen 5-6 Uhr durch die Schließung der Südbahn die aufgetretenen zusätzlichen Belastungen in der nächtlichen Abendrandstunde deutlich und im Süden Offenbachs hielten sich die Verbesserungen und die Verschlechterungen insgesamt die Waage. Die positiven Effekte bei den Abflügen im Süden und Südwesten des Flughafens waren demgegenüber zwar viel geringer, aber gleichwohl (aufgrund der etwas größeren Flughöhe bei Nutzung einer anderen Startbahn) immer noch erkennbar.
Trotz dieser insgesamt positiven Lärm-Bilanz des Fluglärms an den bestehenden Messstationen konnte die Maßnahme „Lärmpausen bei Westbetrieb“ von den Mitgliedern nicht ohne ergänzenden Auftrag empfohlen werden. „Die Kommission stimmte zwar einer Überführung der Lärmpausen vom Probe- in den Regelbetrieb zu, drängte aber gleichzeitig darauf, die Landungen in der nächtlichen Morgenrandstunde gleichmäßiger auf die genutzten Landebahnen zu verteilen und nicht einseitig zu Lasten der Betroffenen unter der Anfluggrundlinie der Centerbahn zu verschieben“, erklärte der Vorsitzende der Kommission, Thomas Jühe, der in diesem Zusammenhang auch darauf hinwies, dass sich bei gerechterer Anflugverteilung in der Morgenrandstunde die Lärmminderung in Neu-Isenburg noch deutlich verbessern lasse.
Die Kommission beriet darüber hinaus, welche Anforderungen an das weitere Prüfverfahren der Südumfliegung zu stellen sind, nachdem zwischenzeitlich die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts zum Urteil vom 10.12.2015 veröffentlicht wurde. Um auch die bereits absehbare Entwicklung der Flugbewegungszahlen in einigen Jahren in die Beratung einzubeziehen, sprachen sich die Mitglieder dafür aus, zusätzlich zur im Urteil genannten Basiszahl von 98 Flugbewegungen pro Stunde eine vergleichende Berechnung auch bei 110 Flugbewegungen pro Stunde vorzunehmen. Darüber hinaus empfahl die Fluglärmkommission mehrheitlich eine Berechnung der vollen Kapazitätsauslastung bei 126 Flugbewegungen pro StundeFlugbewegungen pro Stunde.
Das hessische Wirtschafts- und Verkehrsministerium (HMWEVL) informierte die Mitglieder über den aktuellen Sachstand zur Entwicklung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Lärmobergrenze für den Flughafen Frankfurt. Dabei wurde der Zeitplan bestätigt, nach dem vorgesehen ist, dass der Vorschlag bis zum Sommer dieses Jahres vorgelegt werden soll. Nachdem das HMWEVL auf der Sitzung der FLK im Januar 2016 die europarechtlichen und internationalen Rahmenbedingungen erläutert hatte, wurden heute fachliche Hintergründe zu den Themenbereichen Luftverkehrsprognosen und Reduktionspotenziale am Fluggerät übermittelt. Der Stellvertretende Vorsitzende und Oberbürgermeister von Rüsselsheim, Patrick Burghardt, erklärte hierzu: „Wir freuen uns, dass eine von der Fluglärmkommission seit Jahren aufgestellte und im Koalitionsvertrag verankerte Forderung von der Landesregierung jetzt konkret angegangen wird. Mit der Schaffung einer Lärmobergrenze wird es erstmalig möglich sein, die Anliegen der Luftverkehrswirtschaft mit den Interessen der Anwohner auf Planungssicherheit zu verbinden. Die genaue Ausgestaltung der aus unserer Sicht wichtigsten Maßnahme in den kommenden Jahren muss nach der geplanten Veröffentlichung des Entwurfs im Sommer 2016 sorgfältig in der Fluglärmkommission beraten werden.“
Die Fluglärmschutzbeauftragte, Regine Barth (HMWEVL) berichtete weiter über den Sachstand aus den Ursachenanalysen sowie Gesprächen mit der Lufthansa, der DFS und Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zur besseren Spurtreue auf der Südumfliegung, vor allem beim Flugzeugtyp B 747-800. Das zwar innerhalb des Flugerwartungsgebiets stattfindende abweichende Flugverhalten führt aktuell zu einem – im veröffentlichten Flugverfahren nicht vorgesehenen – Überfliegen von Siedlungsgebieten z. B. in den Bereichen Trebur und Mainz. Unter den Verantwortlichen besteht Einigkeit, dass Maßnahmen zur Erhöhung der Spurgenauigkeit ergriffen werden sollen. Die Fluglärmschutzbeauftragte erläuterte, dass die Erhöhung der Navigationsgenauigkeit auf den Abflugstrecken der Südumfliegung (MASIR-M und TABUM-M) durch zusätzliche im Flight Management System (FMS) nutzbare Wegpunkte (fly-over bzw. fly-by) sowie den Einbau von sogenannten RF-Legs erreicht werden soll. RF-Legs bezeichnet eine neuartige Form von An- oder Abflugverfahren (RF = radius-to-fix), bei welchen statt einzelner Wegpunkte ein abzufliegender Kreisbogen festgelegt wird. Die beabsichtigte Anpassung würde das erste Abflugverfahren in Deutschland sein, für das die Nutzung dieses modernen Navigationsverfahrens ermöglicht wird. Hierfür ist eine Änderung des Flugverfahrens durch Rechtsverordnung des BAF erforderlich. Die nun auszuarbeitenden konkreten Details der Verfahrensänderungen sollen der Kommission nach derzeitigem Planungsstand bis zum Sommer 2016 zur Beratung übermittelt werden. „Wir hoffen sehr, dass der erarbeitete Lösungsvorschlag schnell in die Praxis umgesetzt werden kann und fordern alle beteiligten Institutionen auf, die Verfahrensänderung mit Engagement weiter voranzutreiben, weil hierdurch der Fluglärm in relevant belasteten Bereichen spürbar reduziert werden kann“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende und Umweltdezernentin aus Mainz, Katrin Eder.
Die Fraport AG informierte die Mitglieder der Kommission über die Hintergründe sog. Intersection-Starts von der Startbahn West sowie von der Centerbahn. Es handelt sich hierbei um – bereits im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene - Starts, die nicht am Anfang der Startbahn mit dem Startvorgang beginnen, sondern erst auf einem späteren Stück auf die Startbahn geführt werden und deshalb nur noch eine kürzere Startlaufstrecke für ihren Startvorgang zur Verfügung haben. Hierdurch können die Rollwege und das Start- und Landebahnsystem besser genutzt und damit mehr Verkehr abgewickelt sowie Roll- und Stehzeiten verkürzt werden. Dargestellt wurde, dass auf der Startbahn West über 80% der Abflüge von Beginn der Startbahn aus durchgeführt werden, bei der Centerbahn liegt dieser Wert bei Westbetrieb bei etwa 80%, bei Ostbetrieb aufgrund der Parkpositionen, die sich überwiegend im Osten des Flughafens befinden, bei etwa 50%. Nach Aussagen des Vertreters der Fraport AG haben die kürzeren Startlaufstrecken anders als häufig vermutet zur Folge, dass diese überkompensiert werden, und zwar durch einen höheren Startschub und höhere Klappensetzung, so dass sich die tatsächlichen Flughöhen kaum unterscheiden. Beide Komponenten haben zwar tendenziell höhere Lärmwirkungen zur Folge, diese liegen jedoch in einem geringen Spektrum von etwa 0,5 dB(A) im Dauerschallpegel. Der Vorstand der Fluglärmkommission wird die Informationen der Fraport AG im Hinblick auf weitere Beratungsbedarfe prüfen.
Fluglärmkommission Ffm Südumfliegung Lärmpausen