Pressemitteilung Bündnis der Bürgerinitiativen vom 12. 10.2012 (Ingrid Kopp)
Nachtflugverbot
"Auch wenn Frankfurt international zur Champions League der Weltflughäfen zählt, dann folgt daraus nicht automatisch eine Priorität des Ökonomischen gegenüber dem besonderen Schutz der Nacht"
Diese Ausführungen des Vorsitzenden Richters Rubel während der Verhandlungen in Leipzig, anlässlich der mündlichen Verhandlung zum Frankfurter Flughafenverfahren im März diesen Jahres, markieren einen Wendepunkt in der Flughafendiskussion: erstmals wurde mit der Tradition gebrochen, sich bei der Abwägung zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen, einzig und allein auf die Seite der Luftverkehrswirtschaft zu stellen.
Solche Worte waren schon lange fällig, trotzdem blieb das Urteil weit hinter unseren Erwartungen zurück.
Ein absolutes Nachtflugverbot ohne Ausnahmen – Notfälle ausgenommen – hatten wir für die Zeit von 23 – 5 Uhr erwartet und weniger Flüge in den Nachtrandstunden.
Das Urteil ist ein erster Schritt in die richtige Richtung aber wir werden nicht nachlassen, bis wir ein Nachtflugverbot von 22 – 6 Uhr haben.
Skandalös war, wie die Landesregierung mit dem seit dem Mediationsverfahren verbindlich zugesagten Nachtflugverbot umgegangen ist. Jahrelang wurde uns gebetsmühlenartig versprochen, dass es ohne Nachtflugverbot keinen Ausbau geben wird, dann wurde ausgebaut und die Landesregierung zog gegen ihr eigenes Versprechen in die Revision.
Diese systematische, über Jahre betriebene Lüge gegenüber der Bevölkerung stellt einen einmaligen Vorgang dar.
Darum richtet sich unser Protest gegen die Politik, die endlich anzuerkennen hat, dass sie für uns, ihre Wähler, da zu sein hat und von uns in die Verantwortung genommen wird.
Betrieb der Landebahn Nordwest
Mit der Inbetriebnahme der Nordwestlandebahn ist das eingetreten, was wir Bürgerinitiativen seit Jahren bekämpft und warum wir den Ausbau abgelehnt haben, es gibt im ganzen Rhein-Main-Gebiet keinen lärmfreien Winkel mehr.
Die Politik hat eine Landebahn durchgeboxt, deren Auswirkungen bis in das allerletzte Detail geplant und damit bekannt waren. Wir gehen sogar davon aus, dass die Raumunverträglichkeit der Nordwest-Landebahn in Kauf genommen wurde.
Die Aussagen verschiedener Politiker, dass sie sich des Ausmaßes nicht bewusst gewesen wären und man Verständnis für die Lärmbetroffenen habe, weisen wir als reine Schutzbehauptungen zurück.
Dass die Regierung Bouffier die Dreistigkeit besitzt, den Regionalfond mit 265 Millionen Steuergeldern zu füllen, um damit die Folgen der Fehlplanungen der hessischen Landesregierung zu mildern, entbehrt jeglichen Vergleichs.
Die Politik hat in den Augen der Fluglärmbetroffenen nicht nur an Glaubwürdigkeit verloren, sondern die Menschen fühlen sich im Stich gelassen.
Montagsdemonstrationen
Die Montagsdemonstrationen, die unmittelbar nach Inbetriebnahme der Nordwestlandebahn einsetzten und unvermindert weitergehen, dokumentieren zweierlei:
Erstens ist mit der Landebahn Nordwest die Duldungsgrenze der Bevölkerung des Rhein-Main-Gebietes eindeutig überschritten, die Landebahn hat sich zu einem Dominostein entwickelt, der das Ansehen des Flughafen Frankfurts mit Einsturz bedroht.
Zweitens: die Montagsdemonstrationen sorgen dafür, dass man uns nicht mehr übersehen kann. Mit uns ist zu rechnen!
Seit einem Jahr ziehen jeden Montag zwischen 1.500 und 3.000 Bewohner aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet ins Terminal des Frankfurter Flughafens, um ihrer Wut und ihrer Hilflosigkeit Luft zu machen. Lautstark fordern sie bei der Politik Ihre Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit ein. Sie machen das mit einer Ausdauer und Zähigkeit, die vorher niemand erwartet hatte.
Wir alle – auch die Politiker - wissen, das ist noch lange nicht die Spitze des Eisberges, die Zunahme der Flugbewegungen kommt erst noch.
Die Politik hat bis heute anscheinend nicht begriffen, dass es ernst ist. Wir geben keine Ruhe und wir geben auch nicht nach. Die Bürgerinitiativen glauben weder der Politik, der Fraport, noch der gesamten Luftverkehrswirtschaft – wir glauben unabhängigen Experten, wie dem UBA und den Wissenschaftlern, auf die sich das UBA stützt, die ohne jeden Zweifel die Position vertreten, dass Fluglärm krank macht.
Ausblick auf das Wahljahr 2013
Wir wissen um die Bedeutung der Wahlen bei Politikern. Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene wird im nächsten Jahr gewählt. Wir werden diesen für uns glücklichen Umstand nutzen, um unsere Stimme zunehmend lauter zu erheben. Wir werden der Politik weiterhin mit allergrößter Skepsis begegnen und wir werden bewerten, wer sich mit unserer berechtigten Interessen und mit uns auseinandersetzt. Es muss endlich Schluss sein mit politischen Entscheidungen bei Großprojekten über die Köpfe der Menschen hinweg. Das bringt nicht nur die Bewohner des Rhein-Main-Gebiets, sondern inzwischen in ganz Hessen und ganz Deutschland auf die Straße.
Wir werden nachtragend sein und bis zum Wahltag nichts vergessen, allein schon der tägliche Lärmterror am Himmel wird dafür sorgen.
Für das kommende Jahr gilt das Motto:
Nicht nur die Landebahn, auch die dafür verantwortlichen Politiker müssen weg!
Wie bewerten wir die letzten 12 Monate:
Es war ein bewegtes Jahr und es wurde viel erreicht:
Wir haben einen Prozess gegen die Landesregierung und Fraport gewonnen.
viele neue Bürgerinitiativen haben sich gegründet, dem Bündnis angeschlossen und aktiv in den Protest eingegliedert,
wir konnten die Menschen in der Region mobilisieren, 37 Montagsdemonstrationen und 6 Mahnwachen haben Tausende in das Terminal des Flughafens gebracht
und wir haben mit Genugtuung festgestellt, dass die Solidarität in Rhein-Main zu einer starken Macht gewachsen ist und wir werden diese zu nutzen wissen.
Wir haben wenigstens erreicht, dass die Politik sich bewegte und Versuche unternommen hat, den Lärm zu reduzieren, leider ist es bei den Versuchen geblieben. Im aktiven Lärmschutz ist nichts passiert, Lärmverschiebungen in andere Regionen sind kein Schutz, sondern Augenwischerei.
Wir konnten eine Vernetzung aller deutschen Großflughäfen erreichen, die erste gesamtdeutsche Großdemo fand im März diesen Jahres statt und es wird weitere geben. Inzwischen haben Österreich, Belgien und Frankreich Interesse bekundet sich anzuschliessen.