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Lärm schwächt Grundschüler
Von: @ZRM EXTRABLATT <2015-12-17>
Die NORAH-Studie zeigt: der Krach von Flugzeugen, Zügen und Autos verschlechtert die Gesundheit der Menschen im Rhein-Main-Gebiet. Wissenschaftler erläutern die Ergebnisse zu Herz-Kreislauf-Krankheiten, Depression, Brustkrebs und zur Belästigung. Auch Grundschüler leiden unter dem Lärm

Der Krach von Flugzeugen, Zügen und Autos verschlechtert die Gesundheit der Menschen im Rhein-Main-Gebiet. Die Auswirkungen des Krachs auf den Nachtschlaf, auf Herz und Kreislauf, auf Brustkrebs und den Grad der Belästigung untersuchte die NORAH-Studie an einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet. So kamen eindeutige Ergebnisse zustande.

Die Belästigung der Anwohner von Fraport hat ein »Riesen- Ausmaß«, sagt der Bochumer Professor Rainer Guski. Sie ist größer als an anderen Flughäfen und trotz des Nachtflugverbots sogar gewachsen, meint der Koordinator der NORAH-Studie



Zwischen 5 und 6 Uhr früh wachen viele Flughafen Anwohner durch den Lärm schreckhaft auf. In dieser Zeit sollten gar keine oder nur leise Flugzeuge starten und landen, sagt Peter Lercher, Sozialmediziner an der Uni Innsbruck.



Auch in der Flug-Pause um 4 Uhr früh gibt es in der Flughafen-Region noch einen Schallpegel von 30 bis 35 Dezibel (A), berichtet Dirk Schreckenberg aus der NORAH- Studie. In Raunheim maß man sogar einen Dauerschallpegel von 63 db(A).

Es war eine gewaltige Aufgabe: Die Wissenschaftler kombinierten zum Beispiel die anonymisierten Daten von 1,02 Millionen Krankenversicherten mit Verkehrslärm-Pegeln in der engen und weiteren Nachbarschaft des Flughafens. Dabei fanden sie heraus:

Risiken für Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche

Deutlich steigt das Risiko für eine dieser Erkrankungen an, wenn der dauernde Schallpegel an Schienenstrecken, Autobahnen und Bundesstraßen über 50 dB(A) liegt. Fluglärm wirkt sich dabei weniger aus - aber er wird auch bei einem Dauer-Schallpegel von weniger als 40 dB(A) dann gefährlich, wenn nachts startende und landende Jets größeren Lärm machen. Das betrifft vor allem Menschen mit Neigung zur Herzschwäche. Dieses Phänomen müsse noch genauer erforscht werden, fordern die Wissenschaftler. Allgemein stellen sie fest: Je länger man Verkehrslärm ausgesetzt ist, desto größer wird das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Depressionen

Wie in anderen Verkehrslärmstudien schon beobachtet wurde, zeigte sich auch im Rhein-Main-Gebiet besonders für den Faktor Fluglärm ein deutliches Risiko, an einer Depression zu erkranken. Dieses liegt bei rund neun Prozent je 10 dB(A) Lärmzunahme.

Brustkrebs-Risiken

Frauen, die mehr als fünf Jahre einem dauernden Fluglärm-Schallpegel von 60 Dezibel und mehr ausgesetzt sind, haben nach Erkenntnis der Forscher ein deutlich höheres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Es ist auch dann nachweisbar, wenn der Lärm nachts zwischen 23 und 5 Uhr bei 55 Dezibel und mehr bleibt.

Schlafstörungen durch Fluglärm

Rund 200 Menschen ließen sich mehrmals nachts verkabeln. Man wollte herausfinden, ob sie seit Beginn des Flugverbots zwischen 23 und 5 Uhr im Oktober 2011 besser schlafen können. Dabei kam heraus: Frühaufsteher profitieren am ehesten von den sechs ruhigeren Nachtstunden. Wer dagegen um 23 Uhr oder später ins Bett geht, wacht nachts durchschnittlich 1,9 mal auf. Vor allem ab 5 Uhr, wenn der Flugbetrieb wieder losgeht. Da verzeichneten die an den Schlafenden angebrachten Sensoren »merkliche Aufwachreaktionen«, berichtet Professor Peter Lercher. Ob man jünger oder älter ist, spielte dabei keine Rolle. Wichtiger ist offenbar die Einstellung der Menschen zum Flugverkehr, schreiben die Wissenschaftler: »Probanden, die den Flugverkehr eher positiv bewerteten, zeigten weniger objektiv gemessene Schlafstörungen.«

Belästigung durch Fluglärm

Auch den Grad der Belästigung versuchten die Wissenschaftler zu ermitteln. Sie befragten 18700 Flughafen-Anwohner vor und nach Einführung des Nachtflugverbots im Oktober 2011. Das überraschende Ergebnis: Obwohl jetzt nachts weniger Flugzeuge unterwegs sind, fühlen sich zwei bis fünf Prozent der Befragten stärker durch Fluglärm belästigt als früher. Sie fanden heraus, dass sich die Menschen durch Fluglärm in den letzten Jahren stärker belästigt fühlten als durch den Krach der Züge und der Autos auf den Schnellstraßen. Die Folgen: Die Kontakte zu anderen Menschen, die Konzentration und Ruhe der Bewohner leiden in Wohngegenden, die Dauerschallpegel von 40 Dezibel und mehr haben. Daraus folgt laut Studie auch eine »Abnahme der Zufriedenheit mit der Wohngegend« und »Abnahme im Vertrauen um das Bemühen von verantwortlichen Institutionen«.

50 Jahre Protest

Das Buch versteht sich als Chronik des friedlichen Protests gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Es umfasst in Wort und Bild die Zeitspanne von 1965 bis 2015 - vom Konflikt um die Startbahn West bis zum Bau des Terminals 3. Anlass für diese einzigartige Chronik ist der 50. Geburtstag der Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms (IGF). Erhältlich ist das Buch, in dem viele Zeitzeugen zu Wort kommen, vom 22. Dezember an zum Preis von 24,95 Euro.

Lärm-Auswirkungen auf Schüler

An 29 Grundschulen untersuchten die Forscher das Textverständnis von Zweitklässlern in 85 Klassen. Die Schulen waren einem mittleren Schallpegel von etwa 50 dB(A) ausgesetzt. Das Ergebnis: Die Leistungen der Kinder lagen etwa ein bis zwei Monate hinter denen von Grundschülern aus »leiseren« Grundschulen zurück. Grundschüler, die lauterem Fluglärm ausgesetzt sind, haben der Studie zufolge weniger positive Schul- und Lerneinstellungen und klagen über Schlafprobleme. Kinder und Eltern beurteilen ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden schlechter als vergleichbare Gruppen außerhalb der Fluglärm-Zone. Die »Befunde waren in dieser Deutlichkeit unerwartet«, heißt es im Bericht. Das Hessische Wirtschaftsministerium arbeitet deshalb gerade an Richtlinien für besseren Schallschutz an den Grundschulen.



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Zukunft Rhein-Main (ZRM) EXTRABLATT NORAH-Studie

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