Thema am 20.10.2005 war am Vormittag weiterhin TOP 3, "Straßen- und Schienenverkehr", Unterpunkt 3.1 Straßenplanung, Grundlegendes und einzelne Fragen. Am Nachmittag diskutierten Privateinwender diverse Fragen.
Der Input für diesen Bericht stammt aus einem kommunalen Protokoll.
Weiter Kritik am Fraport-Gutachten
Rechtsanwalt Fislake (Kelsterbach) wies nochmals auf die seiner Meinung nach unplausiblen Verkehrszahlen in den Karten hin. Hier gebe es Sprünge in den Zahlenwerten, die nicht zur realen Situation passten. Für Kelsterbach gebe es Verkehrszählungen aus dem Jahr 2002, die sich massiv von den im Gutachten als Ist-Zustand angenommenen Zahlen unterscheiden. Das ganze Gutachten sei deshalb nicht brauchbar. Fislake forderte ein neues Gutachten,dass die Realität vernünftig abbildet. Der Fraport-Gutachter beharrte darauf, die Grundlagen seines Modell seien korrekt und die Methode repräsentiere den Stand der Technik. Eine Stellungnahme zu den konkreten Zahlen wollte Fraport später liefern.
Darüber hinaus wurde beanstandet, dass in den Karten der Planfeststellungsbeschluss für die A380-Halle nicht eingearbeitet ist. Man müsse den rechtlich aktuellen Stand und die geplanten Änderungen sehen können, damit man die Folgemaßnahmen richtig abschätzen könne. Hier liege ein schwerer formaler Fehler vor.
Das Parkhaus im Bannwald ist wieder da
Genauer wurde auch diskutiert, wieso das von Fraport im A380-Verfahren zunächst geplante und später wieder zurückgezogene Parkhaus im Bannwald (mit den Änderungen am Tor 31) jetzt wieder in den Planfeststellungsunterlagen enthalten ist. Herr Amann (Fraport) sagte dazu, der ursprüngliche Plan sei die beste Lösung gewesen, die Lösung im Planfeststellungsbeschluss zur A380-Halle sei schlecht. Deswegen strebe Fraport jetzt wieder die alte Lösung an. Die jetzige Anlage sei nur eine Zwischenlösung und müsse später wieder abgerissen werden.
Das RP äußerte dazu, die Behörde müsse prüfen, ob die Gründe, die im A380- Verfahren galten, jetzt auch noch gültig seien. Rechtanwalt Fislake erinnerte daran, der Fraport-Vorstand habe damals den Naturschutz als Grund für die Umplanung genannt. Wenn jetzt versucht werde, das umzudeuten, dann müsse man sagen, dass Fraport nicht zu trauen sei. Auch Rechtsanwalt Haldenwang ärgerte sich über den erneuten Vorstoß von Fraport für das Parkhaus. "Was ist eigentlich noch verbindlich? Warum betreibt Fraport überhaupt noch einen Antrag zur Plangenehmigung, wenn man doch den Planfeststellungsbeschluss von 1971 habe, der alles gestattet?" Natürlich gab es darauf keine vernünftige Antwort.
Ein Vertreter des Kreises Groß-Gerau fand heraus, dass es im Ausbaufall einen Überschuss von Parkplätzen (10% mehr als die Nachfrage) gebe. Er sah ein Problem darin, für ein Parkhaus Bannwald zu opfern, obwohl es an anderer Stelle Überkapazitäten gebe. Fraport könne statt eines Parkhauses auch einen Betriebsbus-Service einrichten. Rechtsanwältin Fridrich wies in diesem Zusammenhang darauf hin, für einen Eingriff in ein FFH-Gebiet müsse ein Maßnahme im öffentlichen Interesse zwingend geboten sein. Da der Überschuss an Parkplätzen etwa viermal so groß sei wie die Zahl der Plätze im Parkhaus (1300), könne davon nicht die Rede sein.
Umbau Okrifteler Straße - wer ist zuständig?
Ein Vertreter des RP sagte auf eine Frage hin, der geplante Umbau der Okrifteler Straße sei "eine Folge des kapazitiven Ausbaus". Von Seiten des Kreises Groß-Gerau wurde dies bestritten, die Verlegung der Kreisstraße gehöre nicht in dieses Verfahren. Der Kreis (Groß-Gerau) sei für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für die Straße zuständig. Ein weiteres rechtliches Hindernis sei der Planfeststellungsbeschluss von 1971, in dem ein weiterer Ausbau über den Zaun hinaus ausgeschlossen wird. RA Fridrich meinte, sowohl in diesem Fall als auch beim Umbau des Autobahnanschlusses Zeppelinheim müssten die Straßenlastträger das Planfeststellungsverfahren mit beantragen. Dass dies hier nicht geschehen sei, sei ein schwerer Verfahrensfehler.
Privateinwender-Nachmittag
Am Nachmittag kamen wieder die Privateinwender zu Wort. Herr Gaentzsch leitete diese Anhörung - nach seinen Äußerungen in einem Zeitungsinterview freut er sich immer auf diese weniger fachspezifische Debatte am Freitag Nachmittag.
Zuerst ging es um Schadstoffbelastung durch den Flugverkehr. Ein Einwender aus Neu-Isenburg, dessen Kind an Leukämie erkrankte, berichtete, in der Kinderklinik habe er an Krebs erkrankte Kinder aus Frankfurt, Offenbach, Mühlheim und Neu-Isenburg getroffen, aber keine aus weniger von Schadstoffen belasteten Gemeinden (z.B. im Taunus). In letzter Zeit gebe es bei Krebs bei Kindern eine Zunahme von 50%. Er fragte, ob die Belastung durch Luftschadstoffe zu dieser Steigerung beitragen würde. In Flugzeugabgasen gebe es über 300 Substanzen, laut den PFV-Unterlagen würden nur 9 davon gemessen, es gebe keine Untersuchungen zu Krankheiten, die durch die emittierten Stoffe ausgelöst werden könnten. Zudem seien nur Langzeitmittelwerte betrachtet worden und keine - womöglich hoch wirksamen - Spitzenwerte. Manche Umweltgifte, wie Holzschutzmittel oder Asbest, seien auch lange Zeit unterschätzt worden. Der Einwender forderte entsprechende Untersuchungen von Fraport noch vor dem Anschluss des Planfeststellungsverfahrens: "Machen Sie Untersuchungen, um die langfristige Wirkung Ihres Tun zu erkennen".
Der Neu-Isenburger Schadstoffexperte Dr. Drouin fragte, warum es - analog zur Fluglärmmessung - nicht auch Messnetze für die Schadstoffemissionen des Luftverkehrs gebe. Das RP sagte dazu, dass es möglich sei, in Nebenbestimmungen Schutzauflagen, wie z.B. die Einrichtung von Messstationen, zu machen. Näheres werde beim Tagesordnungspunkt Schadstoffe besprochen. Er stellte den Antrag, im Verfahren solle weiterhin unter strikter Beachtung des Artikels 3 der Hessischen Verfassung (Unantastbarkeit des Lebens, der Gesundheit, der Ehre und der Würde) entschieden werden. Noch ein weiterer Einwender stellte einen Antrag auf eine toxikologische Untersuchung von Kerosin und Abgasen.
Fraport räumte zu diesem Thema ein, dass in Fragen der Luftschadstoffe Grundlagenforschung nötig sei. Dies könne aber nicht in ein solches Verfahren einfließen.
Ein Einwender aus Hochheim-Lorsbach beklagte sich über den Fluglärm an seinem Wohnort und fragte danach, warum im Verfahren Fluglärm und Flugrouten getrennt behandelt werden. Das RP erläuterte, dass beides rechtlich unterschiedlich behandelt werde, Flugrouten würden nicht planfestgestellt. Um eine Diskussion mit Experten zu ermöglichen, solle ein Vertreter der DFS am nächsten Freitag anwesend sein.
Weiterhin kritisierte der Einwender, dass diejenigen, die über den Planfeststellungsbeschluss entscheiden würden, weisungsgebundene Beamte des Eigentümers des Antragstellers sind. Versammlungsleiter Gaentzsch sagte dazu, dass die Behörde nur nach Recht und Gesetz entscheiden dürfe. Ein weiterer Einwender ergänzte, Ministerpräsident Koch übe dadurch, dass er den Ausbau propagiere, einen dauerhaften politischen Druck aus, der sicher auch auf Landesbedienstete wirke.
Auch das Arbeitsplatzargument wurde wieder kritisch hinterfragt. Eine Einwenderin nannte das Beispiel der Cargo-City Süd. Von den dort versprochenen 6000 Arbeitsplätzen seien nur 1300 wirklich neu entstanden, alle weiteren Arbeitsplätze seien durch Verlagerung entstanden. Fraport nutzte die Gelegenheit, um auf alle zu schimpfen, die das Arbeitsplatzargument der Fraport anzweifeln.
Ein Einwender aus Offenbach fragte, warum man, wenn es schon kein wirksames Lärmschutzgesetz gebe, nicht das Strafrecht anwende, z.B. Anklage wegen Körperverletzung. Fraport meinte dazu, dass bisher alle Klagen wegen des Fluglärms gescheitert seien.
Die Unabhängigkeit des Regierungspräsidiums in diesem Verfahrens wurde von einem anderen Einwender angezweifelt. Er forderte vom RP eine aktive Pressearbeit, um in der Öffentlichkeit ein Gegengewicht gegen den politischen Druck zum Ausbau zu schaffen.
Erneut forderte ein weiterer Einwender eine Untersuchung über die Investitionssummen zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Ausbauverfahrens. Verhandlungsleiter Gaentzsch erklärte, dies sei nicht Teil des Planfeststellungsverfahrens. Nur in Extremfällen (Firma pleite) könnten solche Fragen untersucht werden, dies sei aber noch nicht vorgekommen.
Ein Einwender aus Kelsterbach kritisierte, dass das Umspannwerk des RWE schon vor dem Planfeststellungsverfahren neu gebaut werde, weil es auf dem Gelände der beantragten Landebahn Nordwest liege. Der Umzug des Werks gehöre in dieses Verfahren. Fraport wollte dazu nichts sagen, weil es eben nicht Teil des laufenden Verfahrens sei. Außerdem wollte der Einwender wissen, wie zukünftig sein Weg durch den Kelsterbacher Wald verlaufen solle - um die Landebahn herum oder durch den Straßentunnel. Dies sei nur ein Beispiel für die Einschränkungen in alltäglichen Dingen, die auf die Bewohner von Kelsterbach zukämen. "Fraport kümmert sich nicht um die Leute, die bald am Rande der Landebahn wohnen werden. Diese Leute sind verzweifelt. Das Verhalten von Fraport ist menschlich untragbar".
Sensation am Rande - ein Antrag wird genehmigt
Ein Einwender bemerkte, dass die Feuermelder in der Halle schon seit Monaten abgelaufen seien, und stellte einen Antrag zur Geschäftsordnung, die Sitzung abzubrechen. Das geschah zwar nicht, doch die Feuerlöscher werden umgehend ausgetauscht. Das RP sagte, vor Verfahrensbeginn hätte man ihm ein aktuelles brandschutztechnisches Zertifikat vorgelegt. Das Publikum freute sich: der erste Antrag, der nicht abgelehnt worden ist ...
Nun denn - weiter in der nächsten Woche mit neuen Feuerlöschern! Montag soll der Punkt "Landseitiger Verkehr" abgeschlossen werden.
Erörterungstermin PFV Landebahn Nordwest Regierungspräsidium Darmstadt Fraport AG