So viel Widerspruch hat Regierungspräsident Dieke noch nie erlebt. In einer spektakulären Aktion wurden ihm gestern, am letzten Tag der Einwendungsfrist, 62000 von Bürgerinitiativen und Mitgliedskommunen der Initiative "Zukunft Rhein-Main" gesammelte Einwendungen gegen den geplanten Flughafenausbau übergeben.
Zusammen mit den schon beim RP vorliegenden Einwendungen waren es bereits am Nachmittag knapp 100000, vielleicht auch schon 115 000 - je nachdem, wen man fragte. Das Regierungspräsidium (RP) geht davon aus, dass es noch deutlich mehr werden. Nicht nur beim RP, sondern auch in den Auslegungskommunen konnten Einwendungen am letzten Tag noch bis 24 Uhr abgegeben werden, diese werden mit etwas Verzögerung zum RP gebracht. Behördensprecher Ohl rechnet insgesamt mit einer "Größenordnung von 120 000 - 130 000 Einsprüchen, ähnlich wie beim Flughafen Berlin". Sie alle genau zu zählen, wird mehrere Tage dauern.
Mehrere Hundert Ausbaugegner waren zur Übergabe-Aktion gekommen. Mit einem Klein-LKW und PKWs mit Anhängern hatten sie die zentnerschwere Ladung zum Luisenplatz gefahren. Beobachtet von einem Heer von Reportern und Fotografen wurden dann die Kisten, Päckchen, Tüten und Ordner mit den gesammelten Einwendungen vom LKW über eine lange Menschenkette weitergereicht und im Foyer des Regierungspräsidiums zu einem riesigen Stapel aufgebaut - etliche Bürgermeister packten dabei tatkräftig mit an. Trotz der harten Arbeit und dem Ernst des Anlasses herrschte eine lockere, fröhliche Stimmung. Auch Regierungspräsident Dieke lächelte freundlich und versprach ein korrektes Verfahren. Nur die zuständigen Mitarbeiter beim RP betrachteten den Einwendungsstapel eher skeptisch: auf sie wartet jetzt jede Menge Arbeit.
Im Foyer des RP türmen sich die Einwendungskisten zu einem imposanten Stapel
Über 60 000 Einwendungen stecken hier drin!
Aus Offenbach wurden etwa 10000, aus Rüsselsheim 9200 und aus Mainz 9000 Einwendungen mitgebracht. Aus Mörfelden-Walldorf wurden 4600, aus Neu-Isenburg 4000 und aus Kelsterbach 3000 Einwendungen abgegeben. Neben den Privateinwendern haben auch fast alle betroffenen Kommunen Einwendungen erhoben. Ausnahmen sind neben der Stadt Frankfurt, wo OB Roth mit einem Veto die Abgabe einer Einwendung verhinderte, z.B. Eschborn und Kelkheim.
Die Einwendungen werden jetzt alle erfasst, durchgesehen und die verschiedenen Einwendungsgründe werden herausgesucht und katalogisiert. Die Gründe erhält Fraport zur Stellungnahme. Beim RP rechnet man mit einer Größenordnung von 3000 Einwendungsgründen, vielleicht werden es aber auch viel mehr. Im September soll dann der Erörterungstermin stattfinden, bei dem die Einwände mit Fraport und den Einwendern diskutiert werden.
Sprecher der Aktion "Zukunft Rhein-Main" werteten den bisherigen Verlauf des Planfeststellungsverfahrens als Beweis dafür, dass sich die Menschen rund um den Flughafen nicht mit dem geplanten Ausbau abfinden würden. Die Landesregierung drehte dagegen die alte Gebetsmühle: der Ausbau sei "für die Schaffung neuer Arbeitsplätze absolut unverzichtbar", sagte Regierungssprecher Metz. Ein glaubwürdiger nachvollziehbarer Beleg für diese Hypothese fehlt allerdings immer noch ...
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Pressemitteilung vom 19.01.2006