Über den Ausbau des Frankfurter Flughafens werden letztlich die Gerichte entscheiden - da waren sich Ausbaugegner und Ausbaubefürworter von Anfang an einig.
Schon in einer sehr frühen Phase des mehrstufigen Planungsverfahrens wurden zahlreiche Klagen gegen die jetzige Fluglärmbelastung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht. Landesentwicklungsplan und Regionalplan, beides Grundlagen der planerischen Entscheidung, wurden ebenfalls beklagt. Mehrere Städte klagten durch mehrere Instanzen gegen neue Flugrouten, die sie mit neuem oder zusätzlichen Fluglärm belasten. Besonders stark durch nächtlichen Fluglärm belastete Personen haben versucht, unter Berufung auf den Schutz der Gesundheit durch das Grundgesetz Nachtflugbeschränkungen zu erreichen. Ein Teil der Klagen hatte Erfolg, andere wurden abgelehnt.
Gegen die Planfeststellungsbeschlüsse zum Ausbau im Verfahren "A380-Werft" und im Verfahren "Neue Landebahn" wurde geklagt. Die Klagen gegen den Bau der A380-Wartungshalle wurden abgelehnt oder von der Realität überholt. Auch die Musterklagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Landebahn wurden vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH Kassel) abgelehnt, allerdings verordnete das Gericht de facto ein Flugverbot in der Kernnacht. Alle Beteiligten gingen gegen das Urteil in Revision. Kurz vor der Eröffnung der neuen Landebahn erzwang der VGH Kassel ein vorläufiges Nachtflugverbot von 23-5 Uhr bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Im März 2012 erklärte das Bundesverwaltungsgericht den Ausbau für Rechtens und bestätigte das Nachtflugverbot. Zahlreiche bisher unerledigte Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss warten nach dem Urteil der obersten Instanz noch auf Entscheidung beim VGH Kassel. Darüberhinaus wurden Verfassungsbeschwerden eingereicht.
Im Zusammenhang mit den Ausbauplänen wurden noch weitere Klagen geführt, die indirekt Auswirkungen auf das Verfahren hatten. So wurden Landesentwicklungsplan und Regionalplan Südhessen mit Erfolg beklagt, was zu Änderungen in den Plänen führte. Neben den "klassischen" Klagen beim Verwaltungsgericht wurden verschiedene Beschwerden bei der EU-Kommisssion eingereicht, die sich gegen Verstöße gegen EU-Recht richten. Solche Beschwerden könnten in letzter Konsequenz zu Klagen der EU gegen die Bundesrepublik Deutchland führen und ebenfalls Bedeutung im Ausbauverfahren haben. Die Ticona versuchte, die Anwendbarkeit der Seveso-II-Richtlinie auf die Flugrouten gerichtlich zu klären. Durch die Bereitschaft von Fraport, dem Chemiewerk den Umzug zu zahlen, erledigtensich dieser Fall.
Nach der Inbetriebnahme der neuen Landebahn wurden von einigen Kommunen Klagen gegen die Festlegung von Flugrouten eingereicht, die überwiegend keinen Erfolg hatten.
Eine Übersicht über alle Klagen und Beschwerden im Zusammenhang mit dem geplanten Flughafenausbau finden Sie unter "Klagen und Urteile".
Eine wichtige Rolle bei juristischen Auseinandersetzungen um den Flughafenbetrieb spielt das Fluglärmgesetz. Die dort festgelegten Lärm-Grenzwerte gelten nicht nur für Entschädigungen, sondern setzen auch Maßstäbe für die Gerichte, ab wann der Fluglärm als gesundheitsgefährdend oder unzumutbar anzusehen ist. Das völlig veraltete Fluglärmgesetz von 1971 war lange Zeit formelle Basis des laufenden Planungsverfahrens. Da sich alle Beteiligten, auch die Gerichte, einig waren, dass es zu nichts mehr zu gebrauchen sei, urteilten die Richter nach Ermessen und setzten damit de facto eigene Rechtsmaßstäbe. Ende 2006 wurde nach mehreren Anläufen ein neues Fluglärmgesetz verabschiedet, mit dem die Betroffenen von den Grenzwerten und den Berechnungsverfahren her auch nicht zufrieden sind. Neue Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung wurden nicht ausreichend berücksichtigt, teilweise fielen die Regelungen des Gesetzes sogar hinter bestehende Entscheidungen des Bundesverwaltunsggerichts zurück. Die neue Bundesregierung will ab 2014 das Fluglärmgesetz eventuell überarbeiten.
Auch wenn Gerichtsverfahren eine große Bedeutung haben, man darf man nicht vergessen, dass die Strategie "Mit Recht gegen Flughafenausbau" nur als Bestandteil einer offensiven politischen Strategie erfolgreich sein kann, bei der sich die betroffenen Bürger und Bürgerinnen aktiv engagieren. Ob man vor Gericht Erfolg hat, weiss man immer erst hinterher, wenn das Urteil gesprochen ist. Wie die bisher schon entschiedenen Verfahren gezeigt haben, kann eine rechtliche Strategie funktionieren - muss aber nicht. Der Flughafenausbau in Frankfurt wurde jedenfalls durch alle Gerichtsverfahren nicht verhindert..
Die Idee, man brauche selbst nichts mehr zu tun, weil die Rechtsanwälte schon alles allein machen werden, führt in die Sackgasse!
Stand: November 2013
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