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Erörterungstermin - Bericht vom 07.02.2006
Ist der Ausbau raumverträglich?
Von: @cf <2006-02-07>

Thema am 7.2.2006 war die Raumordnung. Zentrale Frage war: ist der Ausbau raumverträglich? Wie vertragen sich Regionalplan und Landesentwicklungsplan mit dem Ausbau? Ist ein neues Raumordnungsverfahren erforderlich? Auch das parallel verlaufende Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans war immer wieder ein Thema, obwohl das RP nach Kräften versuchte, diese Diskussion zu stoppen. Viele der nicht einfachen Rechtsfragen blieben strittig - Futter für die Gerichte.

Der Bericht beruht meist auf eigenen Aufzeichnungen, einige Lücken wurden aus einem konnunalen Protokoll ergänzt. Für den "Landesentwicklungsplan" wird die Abkürzung "LEP" verwendet.
Wer sich über die Vorgeschichte der Landes- und Regionalplanung in Zusammenhang mit dem Flughafenausbau informieren möchte, kann hier nähere Informationen finden:

Das RP gab zu Beginn der Erörterung einen Überblick über die wichtigsten Einwendungenzum Thema Raumordnung. Eingewendet wurden vor allem mangelnde Raumverträglichkeit, fehlende Grundlagen der Raumordnung und die nicht vorhandenen Vorgaben in Landesentwicklungsplan und Regionalplan.

Fraport: alles in Ordnung

Fraport gab ebenfalls einen Überblick über die eigene Position. Der neue Landesentwicklungsplan werde zum Zeitpunkt der Planfeststellung vorliegen. Es wurde auf das laufende Änderungsverfahren und den darin enthaltenen Inhalte hingewiesen. Das Urteil des VGH Kassel zum Landesentwicklungsplan habe nur einen Satz, nicht aber die restlichen Inhalte unter Ziffer 7.4 für ungültig erklärt. Der Konflikt mit dem Regionalplan 2000 werde ebenfalls mit dem LEP gelöst. Zudem sei von einer Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses auszugehen, so dass auch der Regionalplan dem Ausbau nicht entgegenstünde. Die landesplanerische Beurteilung vom 10. Juni 2002 habe keine Außenwirkung, so dass sie nicht durch die fehlende Grundlage des LEP hinfällig geworden sei. Alle Voraussetzungen für die Planfeststellung würden vorliegen, es könne davon ausgegangen werden, dass die Übereinstimmung mit der Raumordnung gegeben sei oder hergestellt werden könne. Im Übrigen sei es auch denkbar, dass analog zum A380-Verfahren, bei einer fehlenden LEP-Grundlage eine positive Ausbau-Entscheidung im Rahmen eines Abweichungsantrages möglich sei.

LEP-Änderung: schon im Sommer?

Rechtsanwältin Philipp-Gerlach wollte eine Auskunft zum Stand der Planung für die Änderung der Landesentwicklungsplans (LEP) vom Ministerium haben; es war niemand anwesend. Philipp-Gerlach rügte ausdrücklich, dass kein Vertreter der Obersten Landesplanungsbehörde anwesend war [diese ist beim HMVWL angesiedelt]. Der zuständige RP-Mitarbeiter auf dem Podium teilte seien Informationsstand mit. Das Ministerium wolle im im Sommer die Zustimmung des Landtags einzuholen. Die Feststellung des LEP solle dann Herbst/Ende des Jahres erfolgen. Die Information sei vor ca. 4 - 5 Wochen (also Ende 2005) in einem Gespräch gefallen. Etwas Schriftliches gibt es aber dazu bisher nicht.

Rechtsanwältin Friedrich wollte wissen, wie der Stand bei der Änderung des Regionalplans sei. Das RP gab Auskunft, nachdem der VGH Kassel den neuen Regionalplan gekippt hatte, sei der alte im Sommer 2004 neu genehmigt worden [dort steht keine explizite Vorgabe für einen Flughafenausbau mehr]. Für März 2006 sei ein Verwaltungsentwurf des Regionalplans / RegFNP vorgesehen, die Entscheidung über die Offenlage werde im Herbst erwartet. Fridrich fragte, wann man über die Änderung von LEP und Regionalplan diskutieren könne. Sitzungsleiter Gaentzsch wollte die Diskussion, ob der LEP-Entwurf rechtmäßig zu Stande kommt oder kommen kann, nicht führen. Dies sei eventuell in einem gesonderten Verfahren zu klären.

Kein raumverträgliches Flughafenkonzept

Als erster Einwender sprach ein Privateinwender aus Dreieich, der sich in die Materie der Raumplanung eingearbeitet hat. Gleich zu Beginn versuchte der Sitzungsleiter, dem die Meldung eines Privateinwenders zu diesem Thema wohl suspekt erschien, den Beitrag in der Art "Sie haben doch bestimmt nichts zur Raumordnung in Ihrer Einwendung gesagt" zu stoppen. Der Einwender trug vor, die Ausbauplanung widerspreche den gesetzlich festgelegten Grundsätzen der Raumordnung (§1 und 2 Raumordnungsgesetz). Es fehle ein Flughafenkonzept, das dem Konzept einer ausgewogenen ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklung entspreche. Das Flughafenkonzept der Bundesregierung mache statt die ungesteuerte Verkehrsnachfrage, forciert durch das Konkurrenzverhalten internationaler Flughäfen, zum Maßstab. Der "Masterplan" der Luftverkehrswirtschaft sei einseitig auf die Interessen der Luftverkehrsindustrie ausgerichtet. Intelligentere Luftverkehrskonzepte seien wiederholt öffentlich vorgetragen worden. Weiterhin seien keine echten Alternativlösungen zum Ausbau geprüft worden. Statt dessen hätte man Scheinalternativen vorgelegt, die zwangsläufig auf das angestrebte Ziel - hier die Nordwestbahn - hinführen sollten. Der Einwender nannte dann noch einige andere Punkte, die aus der Sicht der Raumordnung einen Ausbau sehr problematisch machen, z.B. Wegzug mobiler Bevölkerungsgruppen aus fluglärmbelasteten Gebieten, weite Pendlerwege und mehr Verkehr durch Siedlungsbeschränkungen nahe des Flughafens, Verlärmung von Erholungsräumen (Regionalpark), Wegzug oder Nicht-Ansiedlung von nicht flughafenbezogenen Betrieben wegen des Fluglärms, Störung regionaler Versorgungsstrukturen durch Konzentration von Läden und Dienstleistungen am Flughafen.

Keine raumplanerischen Grundlagen?

Als nächstes sprach Rechtsanwalt Geulen für Offenbach zum Thema. Er ging auf die Entwicklung der Regionalpläne Südhessen 1995 und 2000 ein. Im Regionalplan 1995 war noch kein Ausbau des Flughafens vorgesehen. Im Regionalplan 2000 habe es dann eine nachträgliche Auflage in der Genehmigung gegeben, in der der Ausbau des Flughafens festgeschrieben wurde. Die dort enthaltene Formulierung "zu planen und zu realisieren" sei eine unzulässige, rechtswidrige Planergänzung´, im Ergebnis wurden diese Festlegungen durch den VGH Kassel für rechtswidrig erklärt. Daraufhin habe das HMWVL den Plan in der ursprünglichen Fassung wieder in Kraft gesetzt. Die Bestandskraft dieses Planes sei zumindest fraglich, da keine erneute Abwägungsentscheidung stattgefunden hat. Es lägen somit keine raumordnerischen Grundlagen vor und es sei nicht absehbar, ob Grundlagen überhaupt geschaffen werden können. Die Vorhabensalternativen, insbesondere das Flughafen-System aus Frankfurt und Hahn, seien weder in den Unterlagen zur Planfeststellung noch im LEP-Entwurf geprüft worden. Ein Vertreter der Stadt Offenbach merkte an, die Entwicklungen über den Flughafenzaun hinaus seien weder im Regionalplan noch im FNP [Flächennutzungsplan] des Planungsverbandes dargestellt.

Rechtsanwalt Diederichsen wies darauf hin, der VGH Kassel habe nur den Satz "der Flughafen ist zu erweitern" im Regionalplan für nichtig erklärt, weil nur dieses ein Ziel der Raumordnung se und daher mit einer Normenkontrollklage angegriffen werden könnte. Die übrigen Inhalte hätten nicht den Charakter von Zielen der Raumordnung. Fraport wandte ein, auch der Satz "der Flughafen soll auch in Zukunft ..." sei eine Zielfestsetzung. Diederichsen stellte anhand eines Zitats aus dem Urteil fest, die übrigen Aussagen außer dem beanstandeten Satz seien vom VGH nur als "allgemein programmatische Aussagen", also Absichtserklärungen, gewertet worden. Herr Gaentzsch bestätigte das: es komme auf den Inhalt an. "Nur weil etwas Ziel genannt wird, ist es noch keines". Rechtsanwalt Geulen zitierte einen weiteren Satz aus dem Regionalplan: "Eine eventuelle Kapazitätserweiterung des Flughafens setzt ein Raumordnungsverfahren voraus." Gültige Raumordnungspläne lägen derzeit also nicht vor.

Kritik an der Verhandlungsführung

Rechtsanwalt Haldenwang beschwerte sich zu Beginn seiner Rede über die Ablehnung von zwei Anträgen zum Abbruch des Verfahrens, deren Begründung er nicht für zutreffend hielt. Er rügte ausdrücklich, dass das RP immer häufiger Einwender unterbreche, weil das was sie sagten, schon früher mal erörtert worden sei. Auf der anderen Seite behaupte das RP, die Einwender müssten nicht durchgängig an der Erörterung teilnehmen. Diese Begründung sei nicht stichhaltig, denn das RP erörtere nicht so, dass einem einzelnen Einwender solange zugehört werde, bis seine Einwendung vollständig besprochen sei. Wäre es so, brauchte er später nicht mehr zu kommen und könnte auch in Ruhe Akteneinsicht nehmen. Hier aber werde nach Sachthemen erörtert. Wenn man nichts doppelt sagen wolle, müsse man zwangsläufig immer anwesend sein und die Erörterung verfolgen. "Dies ist unredlich, dass hätte ich Ihnen nicht zugetraut, und schon gar nicht, weil ein ehemaligen Verwaltungsrichter die Verhandlung leitet", regte Haldenwang sich auf. "Ich widerspreche: die Präklusionsvorschriften stehen nicht in Ihrem Belieben. Wie soll denn überhaupt der normale Einwender draußen wissen, dass es hier 104 zusätzliche Aktenordner gibt, die er ansehen müsste?" Er lasse das RP jetzt mit diesem Problem allein, meinte er, wenn das gericht das später für einen Verfahrensfehler halte, sei das das Problem des RP. Unredlichkeit nehme er aber nicht hin.

Sicherheitsprobleme nicht berücksichtigt

Danach ging Haldenwang auf die Sicherheit ein. Im LEP-Entwurf S. 79 finde man die Aussage, es sei ein störungsfreier Luftraum anzunehmen. Es gebe aber bei der Nordwestbahn sehr viele Störungen: "Sie können sich Hindernisse aussuchen, die die Störungsfreiheit behindern". Er zitierte weiter aus dem LEP-Entwurf. Es würde dem Vorsorgegedanken Rechnung getragen, deshalb habe man das externe Risiko betrachtet und die Varianten verglichen, könne man dort lesen. Es habe aber kein Variantenvergleich stattgefunden. Lediglich ein lapidarer Satz sei auf Seite 80 zu finden, die Nordwestvariante stelle für die Wohnbevölkerung das geringste Risiko dar. Eine genaue Untersuchung der Sicherheit habe nicht stattgefunden. Der LEP-Entwurf wolle das Problem mit dem Ticona-Risiko gar nicht bewerten oder gar lösen, sondern verweise nur darauf, dass im Prinzip alle Ausbau-Varianten vom Risiko her kaum anders wären als die Ist-Situation. Dies sei völlig falsch: "Wenn Sie stehen würden, würden Sie die Füße verlieren".

Man könne die Nordwestbahn nicht isoliert betrachten, der daraus resultierende andere Flugbetrieb beeinflusse auch das Risiko, das von den anderen Bahnen ausgehe. So sei in Raunheim vermehrt mit Überflügen von schweren Maschinen zu rechnen, und der Verkehr nehme generell zu. Die Gefährdung durch Wirbelschleppen würde deshalb deutlich steigen. Auch in Neu-Isenburg würde sich die Zahl der Überflüge um bis zu 15 pro Stunde erhöhen, dadaurch würde nicht nur der Lärm, sondern auch das Risiko steigen. In den Gutachten werde das nicht betrachtet. Nach der Seveso-Richtlinie sei eine Verschlechterung der Wohnsituation bezüglich des Risikos durch mehr Verkehr nicht zulässig. Auch im Planfeststellungsbeschluss von 1971, der ja weiter gelte, sei gesagt, es gebe keinen weiteren Ausbau, also auch keine weitere Risikoerhöhung. Im Regionalplan von 1995 werde noch ausdrücklich gesagt, die Entwicklung des Flughafens solle innerhalb des Zauns stattfinden.

Abbruch, dann neues Raumordnungsverfahren

Rechtsanwalt Geulen habe gezeigt, dass man die Landesplanerische Beurteilung in den Papierkorb werfen könne, da es damals weder einen gültigen Regionalplan noch einen gültigen Landesentwicklungsplan gegeben habe. Er dürfe immer noch ungestraft behaupten, das Ministerium habe die Landesplanerische Beurteilung manipuliert, niemand habe ihn deswegen verklagt, sagte Haldenwang. Die ursprüngliche Aussage des RP, keine der Varianten sei raumverträglich, habe das Ministerium in "kann raumverträglich gemacht werden" geändert, Motto: "Mit einer Massgabe kriegen wir das schon hin". Das Raumordnungsverfahren müsse auch den Ist-Zustand in den Blick nehmen. Bis auf die Startbahn West sei der Flughafen nicht planfestgestellt. Die Landesplanerische Beurteilung habe dieses Problem nicht behandelt. Durch den beim Ausbau möglichen unabhängigen Betrieb der Bahnen würde es auch auf den bestehenden Bahnen mehr Lärm, Schadstoffe, Risiko u.s.w. geben. Dies sei alles nicht abgearbeitet worden. Deshalb brauche man ein neues Raumordnungsverfahren. Es sei an der Zeit, das Problem jetzt zu behandeln. Haldenwang stellte deshalb ein weiteres Mal einen Antrag auf Abbruch des Verfahrens. Herr Gaentzsch wiederholte: "Sie stellen einen Antrag auf Abbruch, weil ein neues Raumordnungsverfahren erforderlich sei wegen Nichtigkeit der raumordnerischen Grundlagen." Fraport wollte dazu nichts sagen.

Raumordnung durch Planfeststellung ersetzen?

Rechtsanwalt Fislake trug vor, der alte Regionalplan von 1995 sei seiner Meinung nach noch gültig, dies habe man in der Einwendung auch vorgetragen, um Präklusion auszuschließen. Auch in der gerade begonnenen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht zum Flughafen Schönefeld gehe es um Raumordnungsfragen: "Das BVerwG sieht auch schon Frankfurt am Horizont." Es werde die Frage behandelt, ob Raumordnung durch Planfeststellung ersetzt werden dürfe [oder Planfeststellung durch Raumordnung?]. Das Urteil werde bis zum Juni erwartet, er hoffe, dass die Erörterung dann zuende sei. Es sei nicht sicher, dass zum Zeitpunkt der Planfeststellung überhaupt eine raumordnerische Grundlage zu Stande gekommen sei oder zustande kommen könne. Fraport spekuliere auf den neuen Landesentwicklungsplan, das könne sich aber hinziehen. Daher sei von der Planfeststellungsbehörde das jetzt das geltende Recht anzuwenden. "Wenn sich die Tendenz durchsetzt, dass bei großen Infrastrukturvorhaben nur der Planfeststellungsbeschluss maßgebend ist und dieser sich über die Raumordnung hinwegsetzen kann, ist die Raumordnung wertlos."

LEP: Parzellenscharfe Festlegung für Landebahn

Im LEP-Entwurf sei die Landebahn parzellenscharf festgelegt, fuhr Fislake fort. Die Planfeststellungsbehörde könne dann eigentlich gar nichts mehr prüfen und abwägen. Eine derarzige Raumordnung sei inhaltlich äußerst dubios. "Warum sitzen wir hier noch in diesem Erdloch und diskutieren, wenn die Landesplanung schon alles haargenau festgelegt hat?", fragte er. Die Ziele sein im LEP-Entwurf nicht hinreichend abgewogen: "Wer parzellenscharf festlegen will, muss auch eine entsprechend detaillierte Abwägung vornehmen". Die neuesten Erkenntnisse zur Sicherheit aus der Erörterung müssten auch bei der LEP-Änderung berücksichtigt werden. Der neue LEP werde, wenn er in Kraft trete, sicherlich von Kelsterbach beklagt werden, das werde spannend. Wolle man aber versuchen, die Raumordnung durch die Planfeststellung ersetzen, dann müssten auch die gültigen raumordnerischen Kriterien angewendet werden. So sei ein Untersuchungsraum von 40x40km für die Sicherheit dann keineswegs ausreichend. Man könne sich dann auch nicht darauf berufen, dass wegen der Übergangsregelung keine Strategische Umweltprüfung erforderlich sei.

Das Land Hessen meine, das alte ROV sei noch gültig, doch "die Füße auf dem das alte ROV stand, sind juristisch weggefallen". Es sei nur noch von rechtshistorischer Bedeutung, aber für das laufende Verfahren nicht mehr interessant. Die Behörde könnte ja den Antrag ablehnen, dann käme es auf diese Frage auch nicht mehr an. Sie werden sagen, "jetzt ist Fislake wieder im Bereich Science Fiction angekommen. Ich glaube, es ist Realität. Aufgrund der hier vorgebrachten Erkenntnisse kann die Behörde den Antrag eigentlich nur ablehnen. Fraport glaubt auch, die Entscheidung über den Landesentwicklungsplan käme noch vor dem Planfeststellungsbeschluss und sei dann dafür wirksam. Ich bin Optimist. Ich erwarte eine positive Entscheidung zur Landebahn nicht vor 2015. Manche Werke sind Lebenswerke, manche verfolgen einen ein halbes Leben."

Herr Gaentzsch kommentierte, er teile die Ansicht, man müsse jetzt von der aktuellen raumordnerischen Rechtslage ausgehen, alles andere sei im Moment ein Blick in die Zukunft. Es sei möglich, dass der neue LEP vor dem Planfeststellungsbeschluss komme, doch er werde sicherlich angefochten werden und da wäre die Frage dann immer noch in der Schwebe.

Viele Ziele stehen dem Ausbau entgegen

In Anschluss ging Rechtsanwältin Philipp-Gerlach auf den Ist-Zustand bei der Regionalplanung ein. Sie war der Meinung, der wieder in Kraft gesetzte Regionalplan 2000 sei rechtswidrig und deshalb ungültig und damit lebe der Regionalplan von 1995 wieder auf. Im Plan von 1995 sei festgelegt, der Flughafen dürfe sich nicht über den Zaun ausbreiten. Die Politik habe dieses Versprechen über Bord geworfen und deswegen sei die betroffene Bevölkerung jetzt böse. Doch egal von welche Version gültig sei, gebe es in den Plänen Ziele (regionaler Grünzug, Bannwald, Wasserversorgung), die einem Ausbau entgegen stehen. In einem dicht besiedelten Raum hätten diese Ziele eine große Bedeutung und könnten nicht mit einem Federstrich beseitigt werden. Fraport habe ausgeführt, man werde vielleicht eine Genehmigung im Rahmen einer regionalplanerischen Abweichungsentscheidung beantragen. Darüber sei sie sprachlos. Abweichungsanträge könnten nur für kleine Änderungen gelten, nicht aber um grundlegende Planungen über den Haufen zu werden. Fraport sagte dazu, die Situation sei anders als bei der A380-Halle, doch nach der Entscheidung des VGH sei dies durchaus eine Option. Zwischenruf: "In Hessen ist alles möglich!"

LEP Entwurf diskutieren oder nicht?

Daraufhin fragte Philipp-Gerlach noch einmal zu der Auskunft über den Stand beim LEP-Änderungsverfahren. Der zuständige RP-Mitarbeiter wiederholte, die Terminplanung sei in einem Gespräch vor 4-5 Wochen mitgeteilt worden und nicht aktenkundig. Weitere inhaltliche Aussagen zum LEP habe es nicht gegeben, da dies nicht Thema des Gespräches gewesen sei. Philipp-Gerlach beantragte einen Vertreter der Obersten Landesplanungsbehörde einzuladen. Herr Gaentzsch sagte dazu erwartungsgemäß, man könne die Behörde nicht zwingen, werde den Wunsch aber weitergeben und dann müsse man sehen was passiert. Danach führte Philipp-Gerlach aus, die Zielfestlegung im LEP-Enwurf sei, zur Sicherung der Entwicklung des Flughafens Vorranggebiete für eine Erweiterung frei zu halten. Man gehe dabei von 660000 Flugbewegungen/Jahr aus. Der LEP habe kein eigenes Prognosegutachten, es sei teilweise das Fraport-Gutachten aus dem PFV wörtlich übernommen worden. Am Prognosegutachten seien mittlerweile sogar vom RP erhebliche Zweifel geäußert worden, ob die Landesplanungsbehörde davon Kenntnis habe und es berücksichtigen würde?

Verhandlungsleiter Gaentzsch meinte, dies sei hier keine zusätzliche Anhörung für die LEP-Änderung. Er gehe davon aus, dass eine neue Prognose erstellt werde und dies auch beim LEP berücksichtigt würde. Das sei hier aber nicht von Bedeutung. Philipp-Gerlach widersprach: der Planfeststellungsbeschluss hänge maßgeblich vom LEP ab und dieser sei durchaus in diesem Verfahren von Bedeutung. Die Zeitplanung des Ministeriums lasse gar keine Anpassungen aufgrund der Erkenntnisse aus dem EÖT zu und sei deshalb nicht haltbar. Gaentzsch blieb dabei, man könne auf das LEP-Verfahren keinen Einfluss nehmen. "Wir können nur berichten, was wir wissen. Ob es im Sommer oder im Herbst kommt oder nochmal neu gemacht wird, führt alles nur dazu, dass es länger dauert. Die Diskussion ist Spekulation und bringt nichts". Rechtsanwalt Diederichsen ergänzte, er habe beim Ministerium Akteneinsicht bezüglich des LEP beantragt und man habe ihm telefonisch mitgeteilt, die Akten seien zur Zeit in Bearbeitung. Es habe sich so angehört, als würde dies noch länger dauern.

Deckelung der Flugbewegungen?

Im LEP-Entwurf gehe man von 660000 Flugbewegungen als Planungsvoraussetzung aus, sagte Philipp-Gerlach weiter. Sie fragte Fraport, was man dort zu dieser "Begrenzung" sage. Fraport antwortete, bisher habe man nur ein Schreiben des RP, dass die Prognosezahlen überarbeitet werden müssten. Wenn die Plandeststellungsbehörde dieses denn so entscheiden würde, müsse man sich damit abfinden: "Wir streben es nicht an, aber was sollen wir machen?" Philipp-Gerlach war der Ansicht, eine Deckelung im LEP sei nicht möglich. Fraport meinte, wenn es eine weitere Zunahme gebe, könnte der LEP geändert werden, eine Deckelung sei nur ein erster Schritt. Herr Gaentzsch fragte nun nach, ob Philipp-Gerlach eine Deckelung im Planfeststellungsbeschluss haben wolle. Die Anwältin fühlte sich missverstanden - sie wolle natürlich gar keinen Ausbau. Jeder wisse hier, dass eine Deckelung nur für eine beschränkte Zeit Bestand haben würde. Sie halte eine Deckelung für unzulässig. Wenn schon abzusehen sei, dass es später mehr Flugbewegungen würden, könne man jetzt nicht deckeln, weil man dann keine realistische Prognose zugrunde gelegt habe. Fraport würde im Jahr 2015 einfach hingehen und einen neuen Antrag auf mehr Flugbewegungen stellen.

Philipp-Gerlach fragte dann nach einem "Siedlungsstrukturkonzept" im LEP-Entwurf. Eine Diskussion über die Stellungnahme der Oberen Landesplanungsbehörde dazu wurde von Sitzungsleiter Bach abgebrochen, sie gehöre nicht hierher. Die Akteneinsicht ermögliche es, die eigene Einwendung weiter zu konkretisieren, aber nicht, die Stellungnahme zu diskutieren. Das RP werde mitten im Verfahren nicht sagen, wie man zu solchen Fragen stehe. Philipp-Gerlach wehrte sich. Es gebe eine Parallelität zweier Verfahren. Natürlich könne man die LEP-Änderung hier nicht diskutieren. Im LEP seien aber schon Festlegungen mit Wirkung auf den Planfeststellungsbeschluss enthalten, und zwar von derselben Behörde. Die fragliche Stellungnahme werde Rechtsanwalt Diederichsen bei der Akteneinsicht schon finden. Sie halte es auch für unzulässig, wie im LEP-Entwurf geschehen, Konfliktstoff auf die Regionalplanung zu verlagern . Man schreibe auf Landesebene den Bau der Landebahn fest, bürde aber die Lösung der dadurch entstehenden Konflikte der Regionalplanung auf. Dieses sei ein Ansatzpunkt für eine Klage.

Intelligente Argumente eines Privateinwenders ...

Als nächster hatte sich ein in der Regionalplanung sehr sachkundiger Privateinwender aus Darmstadt zu Wort gemeldet, der - wie nicht anders zu erwarten - schon bald unangenehme Erfahrungen mit der Sitzungsleitung machen konnte. Zu Anfang sagte der Einwender, er bedauere, dass Fraport geschafft habe, die Akzeptanz der Bevölkerung zu verspielen. Er habe auch schon mit anderen Unternehmen Auseinandersetzungen als Nachbar gehabt, aber dort sei der Stil ein ganz anderer gewesen - und die Ergebnisse auch. Er sei früher selbst in der Regionalplanung aktiv gewesen, meinte er, und bedauerte, welche geringe Bedeutung hier der Raumordnung beigemessen würde.Die Ziele der Raumordnung müssten auch bei dieser Ausbauplanung beachtet werden. Eine Notwendigkeit für das Vorhaben im Wortsinn "Not wenden" bestehe nicht, und ein Nachweis des öffentlichen Interesses sei nicht gelungen. Man könne nicht erst von einer Landebahn ausgehen und dann die Bedarfsprognose so hinbiegen, dass sie passt. Schon beim ROV sei die Bedarfsfrage nicht vernünftig behandelt worden. Alternativen seien nicht untersucht worden. Da Frankfurt kein kleiner Regionalflughafen sei, müsste die Planung auch großflächig betrachtet werden. So sei im Antrag keine Analyse aller in Deutschland vorhandenen Flughafenkapazitäten vorhanden, deren Nutzung vielleicht einen Ausbau überflüssig machen würden. Frankfurt übe eine große Dominanz aus, alles werde hier zentralisiert, und mit dem Ausbau würde sich dieses noch verstärken.

Doch das RP will sie nicht hören

An dieser Stelle trat Sitzungsleiter Bach in Aktion und versuchte den Einwender zu stoppen, seine Äußerungen seien schon behandelt oder gehörten nicht zum Thema. Doch so einfach ließ sich der (sachkundige) Einwender nicht abwimmeln. Er wolle nachweisen, dass den Zielen der Raumordnung hier nicht entsprochen würde, es würden räumliche Disparitäten geschaffen. Deshalb könne das Vorhaben nicht genehmigt werden (dies folge aus dem Raumordnungsgesetz). Es gab eine längere Diskussion mit dem Sitzungsleiter, der Einwender wurde aufgefordert, sich kurz zu fassen, und immer wieder unterbrochen. Er führte noch aus, das man dieses Vorhaben auf lokaler Ebene gar nicht entscheiden könne, die Entscheidung müsse im Kontext deutschlandweiter oder sogar europäischer Konzepte zum Luftverkehr getroffen werden. Der Bund habe die ausschließliche Entscheidungskompetenz beim Luftverkehr und nutze sie auch, nur die Entscheidung über Flughäfen habe man auf Landesebene delegiert. So würden Überkapazitäten und Fehlentwicklungen geschaffen und Geld verschwendet. Als der Einwender auch noch auf den LEP eingehen wollte, wurde er endgültig vom Sitzungsleiter gestoppt, der LEP sei hier nicht Thema. Der Einwender: "Sie machen einen Fehler, wenn Sie diesen Aspekt ausblenden.

Die fundierten Argumente dieses Einwenders zum Thema Luftverkehr (Prognose, Flughafenkonzept, Konzept, wirtschaftliche Auswirkungen etc.), die das RP nicht hören wollte, können Sie hier nachlesen. Wer auch noch etwas zum LEP wissen will, dem sei die (umfassendere) Stellungnahme des Einwenders zum LEP empfohlen, aus der das erste Paier entnommen ist.

"RP hat sich das Problem selbst geschaffen"

Hier meldete sich Rechtsanwalt Diederichsen zu Wort und kritisierte die Verhandlungsführung und den Umgang mit dem Einwender. Die LEP-Änderung sei ein sehr wohl ein Teil des Verfahrens, schließlich gehe es hier um das gleiche Thema und Fraport selbst nehme in den Unterlagen Bezug darauf. Herr Bach vertrat die Meinung, der Inhalt der LEP-Änderung spiele hier keine Rolle. Diederichsen bestritt dies. Er werde erwartet, dass die Planfeststellungsbehörde sich mit der LEP-Änderung auseinander setze. Das RP habe sich das Problem selbst geschaffen, in dem es das Thema Raumordnung ans Ende der Tagesordnung gesetzt habe, es hätte an den Anfang gehört. Entsprechende Anträge zu Beginn der Erörterung seien abgelehnt worden. Jetzt halte man den Einwendern vor, hierher gehörende Themen habe man schon vorher diskutiert. Wenn das Thema am Ende stehe, nüsse auch eine tendenziell redundante Diskussion zugelassen werden. Die Fragestellung einer nachhaltigen Entwicklung der Region bei einer Verwirklichung des Vorhabens sei nicht ausreichend in den Blick genommen worden, ergänzte Diederichsen. Unter Nachhaltigkeit verstehe er einen harmonischen Ausgleich zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Belangen. Ein weiterer Ausbau sei in dieser ohnehin schon stark belasteten Region nicht zu verkraften. Alle anderen als die ökonomischen Interessen würden verdrängt. Er wolle das jetzt diskutieren.

Fraport sagte auf Nachfrage, man halte das Vorhaben für raumverträglich. Es sei die Befugnis der Landesregierung, in einem Landesentwicklungsplan gerade diesen Flughafen ausbauen zu wollen. Nach der jetigen Rechtslage sei dazu weder die Erlaubnis des Bundes noch der EU erforderlich. Fraport sehe Bedarf, und die Belastungen seien kompensierbar. Diederichsen war mit der Antwort nicht zufrieden, das RP meinte [raten Sie mal, was]: die Anhörungsbehörde und die Planfeststellungsbehörde werden sich damit befassen und entscheiden. Rechtsanwalt Fislake fragte Fraport, ob man dort die Untersuchung der Christofferson-Gruppe (Studie für die EU) zur Nachhaltigkeit kenne. Die Studie habe Eingang in die europäische Gesetzgebung gefunden.

Alternativen prüfen, Flugrouten sichern

Rechtsanwalt Schmitz übergab die Stellungnahme der Stadt Mörfelden-Walldorf zum LEP-Entwurf und machte sie zum Gegenstand des Verfahrens. Die Raumplanung habe insbesondere die Frage der Alternativenprüfung und der Flugrouten zu klären.Die Prüfung von Alternativen im ROV sei mit Hinweis auf damaligen Landesentwicklungsplan (der einen Ausbau forderte) abgeschnitten worden. Dieser LEP habe sich als ungültig herausgestellt, die Alternativenprüfung müsste also zwingend im LEP-Verfahren nachgeholt werden. Dies sei bislang nicht (oder zumindest nicht ordentlich) erfolgt. Soweit auch im LEP keine Alternativenprüfung stattfinde, müsse eine Prüfung entsprechenden Umfangs im Planfeststellungsverfahren gemacht werden. Alternativen seien nicht nur Variante Nordwest, Nordost und Süd. Auch ganz andere Alternativen müssen sorgfältig geprüft werden, zum Beispiel das Flughafensystem mit Hahn. Ein Flughafensystem könne möglicherweise vorhandenen Bedarf ebenfalls abdecken. Sitzungsleiter Bach versuchte wieder einmal das Thema abzuwürgen (schon diskutiert). Doch Schmitz wehrte sich erfolgreich: bei Behandlung des Punktes 2.3, Alternativen, habe das RP selbst angekündigt, Details unter "Raumordnung" diskutieren zu wollen, und das mache er jetzt. Darauf sagte das RP einige Zeit nichts mehr.

Schmitz kritisierte auch, der LEP-Entwurf ließe die Frage der künftigen Siedlungsentwicklung und des Ausgleichskonzepts unbeantwortet, beides wurde auf die Regionalplanung verschoben, so dass zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses hier hierzu noch keine abschließende Entscheidung vorliegen werde. In Hinblick auf die Veränderung von Flugrouten und den daraus resultierenden Auswirkungen werde deutlich, dass dazu im LEP Aussagen getroffen werden müssten. Auch für Flugrouten wäre die Festlegung von Vorranggebieten denkbar, um die Konflikte zu lösen und Planungssicherheit zu schaffen. Das Abwägungsmaterial sei bisher unvollständig und erfordere Nachbesserungen und kreative Lösungen im Bereich der Flugroutensicherung.

Alternativenprüfung nur Feigenblatt

Ein Vertreter der Stadt Offenbach wies ebenfalls darauf hin, Hauptaufgabe der Raumordnung sei die alternativendarstellung. Fraport beziehe sich auf das Raumordnungsverfahren, dort seien die Alternativen aber mit Hinweis auf den bestehenden LEP, der einen Standort vorgegeben habe, nicht untersucht worden. Im LEP-Entwurf würden der Alternativenprüfung nur einige wenige Zeilen gewidmet. Als Stadtplaner reibe man sich die Augen. So werde einfach behauptet, im Verdichtungsraum Rhein-Main-Region gebe es keinen guten Standort für einen Satellitenflughafen. Der Suchraum sei nicht abgegrenzt, es gebe keine Karte. Auch in einem Verdichtungsraum gebe es dünner besiedelte Stellen, die man hätte prüfen können. Außerhalb des Verdichtungsraums habe man die Suchkriterien schlecht abgearbeitet. Zum Beispiel habe das Kriterium "ruhiger Erholungsraum" sofort dazu geführt, diese Stelle auszuschließen. Auch im Verdichtungsraum gebe es jede Mange Ziele, die einem Ausbau entgegen stehen, aber dort würden sie ignoriert oder als überwindbar hingestellt. "Fachplanerisch völlig daneben", urteilte der Offenbacher Stadtplaner. Wirtschaftliche Effekte habe man auch nur für den Verdichtungsraum angenommen, für den bereich außerhalb nicht. "Es wird der Eindruck erweckt, die Region habe nur durch diese große Infrastrukturprojekt eine Zukunft. Man merkt deutlich, dass die Alternativenuntersuchung nur ein Feigenblatt ist, um wieder dort zu landen, wo sowieso schon zu viel sei: bei der Landebahn Nordwest! Hier wurde grottenschlecht gearbeitet".

Keine Spur von Konfliktausgleich

Rechtsanwältin Fridrich meinte, man müsse sich mit §1 und 2 des Raumordnungsgesetzes befassen, die Leitvorstellungen dort seien in den Abwägungsentscheidungen zu beachten. Der LEP-Entwurf genüge diesen Leitvorstellungen nicht. In §1 sei ein Konfliktausgleich vorgeschrieben: unterschiedliche Anforderungen an den Raum seien untereinander abzustimmen. Bei den Kommunen Bischofsheim (Verlust von 100% der Siedlungsfläche) und Rüsselsheim (Verlust von 67% Siedlungsfläche) werde das nicht beachtet. Den Kommunen werde kein Ausgleich für ihre Verluste geboten. Ein Konfliktausgleich sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar. In §2 sei festgelegt, den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung sei Rechnung zu tragen. Auch hier gebe es für ihre Mandanten praktisch Totalausfall, kritisierte Fridrich. Eine "dauerhaft großräumig ausgewogene Ordnung" sei nicht zu sehen. Wirtschaftliche Aspekte hätten Vorrang, die Nachteile für die Kommunen würden nicht betrachtet. Auch das "Gegenstromprinzip" (nicht von oben nach unten entscheiden, sondern gegenseitiges Geben und Nehmen (Verträglichkeit, Koordination) werde nicht beachtet. Der Flughafen werde einseitig bevorzugt, zu Lasten der betroffenen Kommunen und ihrer Entwicklung. Der Anforderung, Natur und Landchaft dauerhaft zu schützen, werde im LEP-Entwurf ebenfalls nicht erfüllt.

Raumentwicklung im Kreis Groß-Gerau

Ein Vertreter des Kreises Groß-Gerau gab zu bedenken, im Kreis Groß-Gerau gebe es bei einem Ausbau keine nachhaltige Raumentwicklung, sondern alle Konflikte würden noch verschärft. Die Bedingungen würden nur für flughafenaffine Betrieb verbessert (obwohl diese schon ziemlich optimal seien). Die Kommunen könnten nichts tun, sie könnten sich höchstens für eine Verlegung der Flugrouten einsetzen. So entstehe eine flughafengeprägte Monostruktur in der Wirtschaft. Eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur sei schon heute nicht mehr gegeben, es gebe große Unterschiede zwischen den einzelnen Kommunen. Auch bei den Immobilienpreisen gebe es heute schon starke Unterschiede. So gebe es "billige" Immobilien besonders häufig in Raunheim, Flörsheim und Rüsselsheim. Das Ziel, Wohnungen hahe bei den Arbeitsplätzen zur Verfügung zu stellen, könne bei einem Ausbau auch nicht erfüllt werden. Arbeiter am Flughafen könnten sich keine Wohnung im Taunus leisten, in der Einflugschneise wolle aber niemand wohnen. Wer sich leisten könne, in den Taunus zu ziehen, produziere zusätzlichen Verkehr. Auf die Gebiete nahe am Flughafen käme eine große zusätzliche Verkehrsbelastung zu. Fraport wollte zu dieser Kritik nichts sagen.

Rechtsanwalt Diederichsen ergriff noch einmal das Wort. Er meinte, aus dem gültigen LEP, Ziffer 7.4, könne nicht entnommen werden, dass ein Ausbau zwingend erforderlich wäre. Auch aus der LEP-Änderung könne dies nicht geschlossen werden. Festgesetzt werde nur ein "Vorranggebiet". Es gebe jedoch in den derzeit gültigen Plänen zahlreiche Ziele, die einem Ausbau entgegenstehen würden.in Bindungswirkung für die PF-Behörde gegeben wäre (z.B. Ziffer 3.2.2 - Schutz der natürlichen Umwelt ist sicherzustellen). Damit müsse sich die Planfeststellungsbehörde auseinandersetzen.

100000 Arbeitsplätze - wo sollen die Leute wohnen?

Rechtsanwalt Fislake beklagte sich nochmals, dass bei Fraport die Christofferson-Studie unbekannt sei: "Auch junge Menschen sollten sich mit altem Recht auseinandersetzen, besonders wenn es noch gilt". Die Raumordnung könne nicht ernsthaft zulassen, dass keine kommunale Bauleitplanung mehr möglich sein sei. Er rügte, dass von seiten der Fraport kein einziger Planer auf dem Podium sitze, nur Juristen. Er fragte sich, wo die Mitarbeiter für die 100000 neuen Arbeitsplätze, die Fraport schaffen wolle, und deren Familien - also 250 000 Menschen - denn wohnen sollen. Er bezweifelte, dass diese Arbeitskräfte sich zu einem größeren Teil aus den schon hier wohnenden Arbeitslosen rekrutieren würden. Fraport meinte, die Christofferson-Studie sei rechtlich nicht bindend, man richte sich nach nationalem Recht. Es gehe hier um Rechtsfragen, deshalb würden keine Planer auf dem Podium sitzen. Fislake forderte ein neues Raumordnungsverfahren. Die Situation der Kommunen sei nicht in den Blick genommen worden: "Die Raumordnung muss die Existenz der Kommunen respekktieren."

Siedlungsbeschränkungsbereiche

Rechtsanwalt Diederichsen sprach noch einmal die Festlegung des Siedlungsbeschränkungsbereichs im Regionalplan, der Ursache für das letztendlich erfolgreiche Klageverfahren der Stadt Flörsheim gegen den Regionalplan war, an. Die Betroffenheit für Flörsheim betrage im Regionalplan 100%. Nach dem Klageverfahren gelte die ursprüngliche Formulierung der Ausnahmeregelung wieder, wonach die Siedlungsbeschränkungsbereiche nicht auf geltenden "Bauleitpläne" (Bebauungspläne und Flächennutzungspläne) anzuwenden ist. Damit könne die Bauleitplanung der Stadt Flörsheim nicht durch das laufende PFV überwunden werden. Die Festlegung eines Vorranggebietes im LEP scheide quasi aus, da mit der Offenlage der Planfeststellungsunterlagen faktisch eine Art "Veränderungssperre" zu Lasten der Kommunen gegeben ist und damit kein Bedarf für ein Vorranggebiet mehr gegeben sei.

Einkaufszentrum Flughafen?

Ein Vertreter der Stadt Offenbach wies auf das Thema "landseitige Entwicklung des Flughafens" hin, die meist übersehen werde. Der Flughafen entwickele sich im Bereich des Einzelhandels und Dienstleistungen. Er werde damit zu einem eigenen, nicht integrierten Oberzentrum, das mit den Vorgaben der Regional- und Landesplanung nicht in Einklang zu bringen sei. Den umliegenden ausgewiesenen Zentren werde die Lebensgrundlage entzogen. Die bisher vorgelegten Gutachten beleuchteten das Problem nicht, Fraport bleibe ein weißer Fleck in diesen Untersuchungen. Diese Entwicklungen seien nicht raumverträglich.

Rechtsanwältin Fridrich wies darauf hin, ein Zielabweichungsverfahren vom geltenden Regionalplan für den Flughafenausbau sei nicht möglich. Der Planungsexperte des RP stimmte hier zu. Es sei kein Abweichungsverfahren möglich, da die Grundzüge der Planung betroffen seien, daher sei ein Planänderungsverfahren erforderlich. Fridrich fuhr fort, es liege eine rechtswidrige Plangenehmigung vor, da die Zuordnungskette (Entscheidung und Genehmigung) nicht mehr gegeben sei. In 2004 hätte die Regionalversammlung sowohl das Ergebnis der Mediation als auch die Entscheidungen der Landesregierung berücksichtigen müssen. Insbesondere wenn sich die Rechtslage ändert, hätte der Plangeber vor der erneuten Genehmigung einbezogen werden müssen.

Sprüche des Tages:

  • "Auch junge Menschen sollten sich mit altem Recht auseinandersetzen, besonders wenn es noch gilt".
    Rechtsanwalt Fislake
  • "Sie können sich Hindernisse aussuchen, die die Störungsfreiheit behindern".
    Rechtsanwalt Haldenwang zur Forderung im Landesentwicklungsplan nach einem störungsfreien Luftraum
  • "Wenn Sie stehen würden, würden Sie die Füße verlieren".
    Rechtsanwalt Haldenwang kommentiert die Aussage im LEP, das Risiko aller Ausbau-Varianten und des Ist-Zustandes sei ungefähr gleich.
  • "Warum sitzen wir hier noch in diesem Erdloch und diskutieren, wenn die Landesplanung schon alles haargenau festgelegt hat?"
    Rechtsanwalt Fislake, zum Entwurf für den neuen Landesentwicklungsplan, der parrallel zur Erörterung bearbeitet wird
  • "Wer parzellenscharf festlegen will, muss auch eine entsprechend detaillierte Abwägung vornehmen".
    Rechtsanwalt Fislake, zum Entwurf für den neuen Landesentwicklungsplan
  • "Manche Werke sind Lebenswerke, manche verfolgen einen ein halbes Leben."
  • "Die Alternativenuntersuchung war nur ein Feigenblatt, um wieder dort zu landen, wo sowieso schon zu viel ist: bei der Landebahn Nordwest."
    Vertreter der Stadt Offenbach zur Alternativenuntersuchung von Fraport


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PFV Landebahn Nordwest Erörterungstermin Regierungspräsidium Darmstadt Landesentwicklungsplan Hessen (LEP)

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