Das Bundesverkehrsministerium hat die vom Land Nordrhein-Westfalen geplante Einführung eines Nachtflugverbots für Passagierflugzeuge am Flughafen Köln-Bonn zwischen 24 und 5 Uhr untersagt. Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hatte mit der Entscheidung für ein zumindest begrenztes Nachtflugverbot ein Wahlversprechen eingelöst. Das Verbot hätte etwa 6000 Flüge im Jahr betroffen. Der wichtige Frachtflugverkehr wäre nicht betroffen gewesen.
Der Flughafen Köln-Bonn besitzt eine Betriebsgenehmigung, die noch bis zum Jahr 2030 (!!) gültig ist. Bundesverkehrsminister Ramsauer betrachtet das geplante Nachtflugverbot als rechtswidrig, weil diese Betriebsgenehmigung damit zumindest teilweise widerrufen würde.
Der Verkehrsminister von NRW Groschek äußerte sich enttäuscht. Die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums sei für das Land NRW bindend, da Bundesrecht Landesrecht bricht. Langfristig wolle man das Ziel eines Nachtflugverbots aber weiter verfolgen. Nun wolle man veruchen, den Lärm in Absprache mit dem Flughafenbetreiber wenigstens etwas zu reduzieren. Im Umweltministerium nannte man die Entscheidung einen "Schlag ins Gesicht der Anwohner" des Flughafens. Man wolle jetzt prüfen, ob es Klagemöglichkeiten gebe.
Die Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn ist über die Entscheidung entsetzt. Die Begründung Ramsauers sei fadenscheinig, die Rechtslage lasse ein Nachtflugverbot für Passagierflüge durchaus zu. Eine genauere Analye der rechtlichen Situation findet sich in der Pressemitteilung der Lärmschutzgemeinschaft im Anschluss.
Besonders ärgerlich finden die Betroffenen, dass Minister Ramsauer offensichtlich beim nächtlichen Fluglärm mit zweierlei Maßstäben misst. Gerade erst hat er nach jahrelangem Streit einen neuen Staatsvertrag mit der Schweiz (mehr zum Staatsvertrag HIER) unterzeichnet, der die Anflüge auf den Flughafen Zürich über deutschen Gebiet regelt, und zwar höchst restriktiv: zwischen 20 Uhr (ab 2020 sogar ab 18 Uhr) und 6:30 Uhr dürfen keine Anflüge mehr über deutschem Gebiet stattfinden.
Berichte zum Nachtflugverbot am Flughafen Köln-Bonn z.B. beim WDR.
Pressemitteilung der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn e. V. vom 04.09.2012
Blankes Entsetzen über Verkehrsminister Ramsauer
Völliges Unverständnis über Ablehnung des nächtlichen Passagierflugs für Köln/Bonn
Mit blankem Entsetzen reagierte der Vorsitzende der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn, Helmut Breidenbach, auf die Ankündigung von Verkehrsminister Ramsauer, die von der NRW-Landesregierung beantragte Einführung einer Kernruhezeit für den Passagierflug von 0-5 Uhr abzulehnen. Die Begründung sei fadenscheinig und ohne Substanz, Ramsauer lasse sich offensichtlich von der Flughafenlobby fernsteuern.
Schon 1997 wurde die Einführung eines Passagierflugverbots in der Kernnacht noch unter dem damaligen NRW-Verkehrsminister Clement als „fairer Ausgleich“ für die zunächst bis 2015 erteilte Genehmigung zum Nachtflug vom NRW-Landtag erstmals beschlossen, später erneut. Damit sollten Lärmpausen bei den umfangreichen nächtlichen Flugbewegungen des Frachtverkehrs erreicht werden. Auch gibt es aus dem Jahr 2000 einen Beschluss des Rates der Stadt Köln zur Einführung einer Kernruhezeit, gegen den OB Roters fortwährend verstoße.
Lange Jahre war unsicher, ob es eine unterschiedliche Behandlung von Fracht- und Passagierflügen geben dürfe und die Entscheidung darüber wurde immer wieder vertagt. Durch die Urteile zdes BVerwG zum Flughafen Leipzig/Halle in den Jahren 2007 und 2008 mit ähnlichem nächtlichem Frachtverkehr, war endgültig klar, dass die differenzierte Behandlung möglich ist. Hier wurde die fünfstündige Kernruhezeit für den Passagierflug eingeführt. Im Urteil wurde deutlich darauf hingewiesen, dass der nächtliche Passagierflug keinen der Express-Fracht vergleichbaren Stellenwert habe und allein betriebswirtschaftliche Vorteile der Unternehmen mit einem weiteren Umlauf der Flugzeuge nicht das Postulat des § 29 b LuftVG (Vorrang der Nachtruhe) überragt.
Um neue Fakten zu schaffen, wurde daraufhin vom damaligen NRW-Verkehrsminister Wittke in 2008 die Nachtflugregelung für Köln/Bonn ohne jede Form der Beteiligung und Abwägung quasi mit dem Brecheisen bis 2030 verlängert. Schon zu diesem Zeitpunkt hätte problemlos die nächtliche Beschränkung für den Passagierflug eingeführt werden können. Die Kölner Nachtflugregelung hat eine Öffnungsklausel für die Einführung und nimmt den Passagierflug von 0-5 Uhr ausdrücklich vom Bestandsschutz aus.
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung sind mehrfach vom Land juristisch geprüft worden und sind wasserfest. Was sich Minister Ramsauer herausnimmt, ist mehr als dreist. Letztendlich schadet er damit vor allem auch der Akzeptanz der Flughäfen und der Politik überhaupt. Die Menschen können sich nicht mehr auf die Entscheidungen von Parlamenten und die Ergebnisse von Abwägungsverfahren verlassen und werden betrogen.
Wenn die Luftfahrtseite auf langfristige Planungssicherheit pocht, haben auch die hunderttausende von Nachtfluglärm betroffenen Anwohner das Recht auf Schutz ihrer Gesundheit und ihres Lebensraums.
Helmut Breidenbach, Vorsitzender