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Erörterungstermin - Bericht vom 07.10.2005
Variantenprüfung und Privateinwendernachmittag
Von: @cf <2005-10-07>

Am Freitag, den 7.10.2005, wurde zunächst die Diskussion über den Punkt "Neue Landebahn", Alternativen und Konfigurationsanalyse fortgesetzt. Am Nachmittag konnten wieder Privateinwender ihre Einwendungen vortragen. Spektakuläre neue Erkenntnisse gab es nicht.

(Keine) Vorhabensalternativen ?

Der Offenbacher Flughafenplaner Faulenbach da Costa kritisierte, das die MCT ("minimal connecting time") von einer "Minimalen Umsteigezeit" bei der Variantendiskussion zu einer "Maximalen Umsteigezeit" geworden sei, mit der dann Varianten ausgeschlossen worden seien (Fraport will 45 min erreichen). Entscheidend sei aber nicht die MCT, sondern auf die tatsächliche Reisezeit an. Aus den Flugplänen der Fraport folge eine realistische Umsteigezeit von 1 Std. 7 Min., die 45 Minuten seien nicht zu schaffen. Außerdem komme es für den gesamten Originärverkehr nicht auf die Umsteigezeit an. Vorhabensalternativen außerhalb der Region müssten diskutiert werden, da ca. 58% Originäraufkommen von außerhalb der Region komme.

"Fraport hat als Ziel nur die Nordwestvariante gewollt und hat Alternativen nie ernsthaft in Betracht gezogen", sagte Faulenbach da Costa. Die Einbeziehung des Flugplatzes Erbenheim sei eine Alternative. Erbenheim hätte keine große militärische Bedeutung mehr. Es sei nie ernsthaft geprüft worden, ob man nicht doch diesen Flughafen in absehbarer Zeit nutzen könne. Auch ein Flughafensystem mit Hahn sei eine Alternative. Dort könnte man eventuell eine zweite Start- und Landebahn bauen. Bei einer landseitigen Verkehrsanbindung mit einer Magnetschwebebahn könnte man eine reine Umsteigezeit von 25 Minuten erreichen.

Verhandlungsleiter Gaentzsch merkte an, der Vorhabensträger müsse sich auf eine Variante festlegen. Das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung verlange, dass die geprüften Varianten untersucht würden. Dies sei hier gemacht worden. Das Planungsziel von Fraport sei die Nordwestbahn. Die Planfeststellungsbehörde habe die ins Spiel gebrachte Variante rechtlich zu prüfen. Alles andere gehöre später in die Abwägung. Dies stehe auch mit der Rechtsprechung in Einklang. Für den juristischen Laien hört sich dieses Rechtsabschätzung so an, als spielten die vielen von den Einwendern vorgebrachten Argumente keine Rolle.

Fraport sagte zu den vorigen Ausführungen, eine MCT von 45 min sei planbar und dadurch ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Erbenheim sei nicht verfügbar und eine Transrapid-Verbindung nach Hahn sei nicht machbar.

Herr Anton, ein ehemaliger Lufthansa-Pilot, nahm zur Länge der Landebahn Stellung. Er meinte, eine Bahn von 2500m oder 2600m sei nicht unsicher. Selbst eine Bahn von 2200m sei nicht per se unsicher. Ein Langstreckenflugzeug könne auch landen, wenn Bahn kürzer ist als 2800m. Die Argumente von Fraport seien keine Sicherheitsargumente, sondern wirtschaftliche Argumente, unbedingt erforderlich sei eine Bahnlänge von 2800m nicht. Die Fraport habe sich nicht auf eine minimale Länge konzentriert, sondern auf ein Optimum festgelegt.

Die Privateinwender kommen zu Wort

Nach der Mittagspause konnten die anwesenden Privateinwender sich zu Wort melden. Als erster diskutierte ein Privateinwender aus Offenbach mit Versammlungsleiter Gaentzsch die Frage, ob es ein Gesetz gebe, mit dem ein Flughafenausbau verhindert werden könnte. Er bezog sich auf Äußerungen von Ex-Verfassungsrichter Berkemann bei einer RDF-Veranstaltung, man könne den Ausbau nicht stoppen, es sei denn "man würde den Molch finden". Gaentzsch antwortete, es gebe kein Gesetz. Die Antwort seines früheren Kollegen Berkemann sei so zu verstehen, dass viele Vorhaben der letzten Zeit mit den strengen Naturschutzbestimmungen in Konflikt geraten seien. Es gebe hier eine Reihe von Gesetzen, aus denen sich die Prüfmaßstäbe ableiten. Auf die Frage des Einwenders, warum man das Vorhaben nicht gleich nach diesen Naturschutzgesetzen prüfen würde, um sich eventuell den Rest zu sparen, meinte Gaentzsch: "Die Reihenfolge ist nicht festgelegt. Alles muss zusammen gesehen werden, am Ende wird entschieden".

Die nächste Frage war: darf der A380, der später in diesem Monat nach Frankfurt kommen soll, überhaupt hier landen? Versammlungsleiter Gaentzsch meinte, die Frage gehöre nicht zu diesem Verfahren. Fraport antwortete aber trotzdem: "Die Luftfahrtbehörde muss für den Ende Oktober geplanten Besuch vielleicht noch eine besondere Erlaubnis geben."

Ein Einwender aus Oberrad beschwerte sich über den Fluglärm und die Angaben von Fraport dazu. Nach den Unterlagen der Fraport und deren Fluglärmkarten habe man in Oberrad gar keinen Fluglärm. Die Fraport-Messstelle im Stadtwald würde um 3 db(A) weniger anzeigen als die Messstelle in Oberrad. Bis tief in die Nacht würden Werte über 80 db(A) auftreten. Würde aber mal jemand im Sommer laut feiern, käme gleich die Polizei. Ein Pflegeheim in seinem Wohngebiet müsste bei einem Ausbau geschlossen werden, die Menschen sollten aber dort wohnen bleiben und schlafen können.

Ein Einwender aus Frankfurt-Sachsenhausen befürchtete eine starke Zunahme des Fluglärms durch einen Ausbau. Er habe erst nach der "Mediation" gemerkt, dass er dann unter eine Anfluggrundlinie geraten würde. Der Einwender äußerte die Vermutung, dass viele Menschen noch gar nicht gemerkt hätten, was da auf sie zukommt, sonst wären es sicher 200 000 Einwender gewesen: "Das Projekt der Fraport kann nur laufen, weil die Bürger schlafen. Zudem müsse er Geld für Schallschutz und Klagen zurücklegen und könne es nicht anderweitig investieren, was Auswirkungen auf die Wirtschaft habe. Das RP verwies zur Behandlung neu auftretender Lärmbelastung und Eingriffe ins private Eigentum auf noch kommenden Tagesordnungspunkte.

Ein Einwender aus Flörsheim fragte, wie genau er sich auf von Fraport genannte Überflughöhen und Flugbahnen verlassen könnte. Bei einem Ausbau würden die Flugzeuge 100 m entfernt und 250m hoch über seine Wohnung fliegen. Herr Amann, Fraport meinte: "Die Abweichungen liegen im Meterbereich. Das ist ganz gering. Auch in der Abweichung von der Höhe". Der Einwender sagte darauf, es komme auf jeden einzelnen Meter an. Beim CASA-Programm werde die Entschädigung in 50m-Rastern berechnet, liege man auch nur einen Meter über der Grenze, bekomme man gar nichts mehr. Ein Makler habe 50000 Euro Wertverlust für seine Wohnung geschätzt, Fraport habe 6500 Euro geboten. Dazu Fraport: "CASA ist ein freiwilliges Programm, das hat nichts mit der Lärmbelastung durch den Ausbau zu tun". Man komme damit einer Verpflichtung aus der Mediation nach. Das RP verwies auch hier auf spätere Tagesordnungspunkte, Fraport antwortete nicht genauer. Der Einwender stellte einen Antrag, der Bau dürfe erst beginnen, wenn alle Eigentümer angemessen entschädigt worden seien.

Eine Einwenderin aus Mörfelden-Walldorf befürchtete Gesundheitsschäden durch Schadstoffe und forderte entsprechende Blutuntersuchungen: "bei uns hört man den Dreck förmlich im Wald herunter rieseln". Herr Lurz antwortete für Fraport: "Nach unseren Gutachten ist mit Schäden nicht zu rechnen, die Luftschadstoffe bleiben in den Grenzwerten".
Erst nach heftigem Protest aus dem Saal wurde es vom Versammlungsleiter erlaubt, das der Schadstoffexperte Dr. Drouin aus Neu-Isenburg genau einen Satz (!!) als Sachbeistand dazu sagte. Und der war: "Die Aussagen der Fraport sind irreführend, bewusst falsch". Auch hier wurden auf den entsprechenden Tagesordnungspunkt verwiesen.

Weiter mit Kapazität und Konfiguration

Damit waren die allgemeinen Statements der Privateinwender abgehakt, es wurde wieder das Thema "Kapazität" besprochen.

Rechtsanwalt Fislake begann seinen Beitrag mit den Worten: "Ich habe eben eine neue Wahrheit erfahren: Der Flughafenausbau führt nicht zu Wertverlusten bei Immobilien. Bisher kannte ich nur diese drei: Die Erde ist eine Scheibe, die Bürger gucken keine Pornos, im Baugewerbe gibt es keine Absprachen." Danach folgte eine detaillierte Diskussion zur Berechnung des "Koordinationseckwerts" Fislake war danach vom Fraport-Wert von 120 immer noch nicht überzeugt. Er forderte Herrn Amann auf, am Montag ein Kartenspiel mitzubringen: "Da zeige ich ihnen mal eine ganz simplen Kartenspielertrick".

Ein Privateinwender wies darauf hin, das geplante Terminal 3 sei für weit mehr Passagiere geeignet als von Fraport angegeben. Man könne mit dem Terminal das Doppelte schaffen, dies sei in München auch so gewesen. Er stellte den Antrag, den Architekten des Terminal 3 zur Kapazität zu befragen.

Rechtsanwalt Schröder meinte, selbst wenn man das Planungsziel der Fraport für gerechtfertigt annehmen würde, müsste man wegen diesem "für die Region letalen Maximal-Eingriff" schon die Grobplanung verwerfen. Man habe bei allen Varianten nur einen Betriebszustand untersucht, das sei nicht realistisch und eine Lüge. Bei der Frage der Nordabflüge werde die Bevölkerung belogen. Schröder rügte Inkonsistenzen bei der Inanspruchnahme von Flächen. Weiterhin sei bei der Lärmberechnung für die Arbeitnehmer das völlig veraltete Jansenkriterium (19x99 db(A)) als zumutbar angenommen worden. Bei Schluss der Fraport fehlten die Beschäftigten ganz.

Fraport erklärte dazu, für die Beschäftigten sei nur die Tagbelastung von Bedeutung. Bei der Gewichtung der Alternativen sei daher die Wohnbevölkerung zugrunde gelegt worden. Dazu Versammlungsleiter Gaentzsch: "Das Schutzniveau ist in Gewerbegebieten geringer als in Wohngebieten". Rechtsanwalt Fislake wies darauf hin, dass z.B. bei der Ticona rund um die Uhr produziert wird. Eine Antwort gab es darauf nicht.

Rechtsanwalt Fislake rügte, die Fraport müsste ihre Aussagen nicht begründen. So habe Fraport bei der Kapazitätsberechnung einfach auf "bekannte Aussagen über die Kapazität des Luftraums" verwiesen, ohne diese jemals erklärt oder gar bewiesen zu haben. Varianten seien aussortiert worden, ohne dass man die Gründe dafür prüfen könne. Fislake: "Wir werden als Bittsteller behandelt, Fraport antwortet, ob und wann sie Lust hat, oder auch nicht". Der Hinweis von Fraport auf die "Mediation" genüge schon gar nicht, dies sei ein geschlossenes Verfahren gewesen. Herr Vizthum für Fraport: "Dann können wir das jetzt eben nicht nachweisen". (Womit der Vorwurf von RA Fislake treffend bewiesen wäre).

Fislake wiederholte den Antrag, im Planfeststellungsbeschluss festzuschreiben, dass auf der Nordwestbahn keine schweren Flugzeuge landen dürfen, außer in wirklichen Notfällen. Herr Gaentzsch sagte dazu: "Sie wollen eine verbindliche Festlegung? Fraport will da eine Betriebsregelung".

Danach wurde die Frage diskutiert, warum nach Fraport-Angaben im Ausbaufall die Zahl der Passagiere pro Flug größer ist als bei Nichtausbau (obwohl im letzteren Fall von einem Engpassszenario auszugehen ist und die Flüge eigentlich besser gefüllt sein müssten). Der A380 würde auch ohne Ausbau in Frankfurt landen. Herr Amann gab daraufhin die typische Fraport-Antwort: "Das ist kein Fehler. Wir bilden die Entwicklung ab. Daran kann man nicht rütteln. Die Gesamtzahl ergibt sich aus den Prognosen und der allgemeinen Entwicklung". Damit war dieses Thema erledigt.

Der aktuelle Versammlungsleiter Höpfner wollte an diesem Punkt die Diskussion des Tagesordnungspunktes "Landebahn" abbrechen und am Montag zu Punkt 2.2. Flugzeugserviceflächen usw. übergehen. Darüber gab es einen Streit mit den Teilnehmern, die noch einiges vorbringen wollten. Das RP will dazu am Wochenende entscheiden.

Fazit von Privateinwendernachmittag:

Man kann kommen und seine Einwendungen und Fragen unabhängig von der Tagesordnung vorbringen. Antworten oder eine vertiefte Diskussion gibt es dann aber nicht. Wer nur schimpfen will, ist an jeden Freitag richtig. Wer konkrete Antworten will, muss beim entsprechenden Tagesordnungspunkt erscheinen!

Sprüche des Tages

  • "Ich habe eben eine neue Wahrheit erfahren: Der Flughafenausbau führt nicht zu Wertverlusten bei Immobilien. Bisher kannte ich nur diese drei: Die Erde ist eine Scheibe, die Bürger gucken keine Pornos, im Baugewerbe gibt es keine Absprachen."
    Rechtsanwalt Fislake zur Äußerung der Fraport, es gebe bei Immobilien keine Wertverluste
  • "Nach unseren Gutachten ist mit Schäden nicht zu rechnen, die Luftschadstoffe bleiben in den Grenzwerten".
    Herr Lurz, Fraport, zur Belastung durch Schadstoffe


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