RP: Ticona muss Risiken bei Flugzeugabsturz minimieren
Pressemitteilung vom 07.04.2006
<2006-04-07>
Darmstadt (rp) Die Firma Ticona in Kelsterbach/Krs. Groß-Gerau muss nach einer Anordnung des Darmstädter Regierungspräsidenten risikoreduzierende Maßnahmen für den Fall eines Flugzeugabsturzes auf das Werksgelände prüfen. Die Forderung des Regierungspräsidenten stützt sich auf das vor wenigen Tagen fertig gestellte Gutachten des TÜV Pfalz zu den Auswirkungen der aktuellen Überflugsituation (sog. "Ist-Fall") und auf Auswirkungsbetrachtungen der Behörde. Regierungspräsident Gerold Dieke hat dem Unternehmen mit einer immissionsschutzrechtlichen Anordnung aufgegeben, durch Gutachter Maßnahmen, wie beispielsweise die Verlagerung betrieblicher Einrichtungen zur Verringerung des Personals in der Gefahrenzone oder die Reduzierung der Lagermenge gefährlicher Stoffe bzw. die Begrenzung der Auswirkungen eines Brandes untersuchen zu lassen.
Wie die Behörde ergänzend mitteilt, lag für die Beurteilung des Risikos eines Flugzeugabsturzes seit 1991 ein von Ticona eingereichtes Gutachten des RWTÜV vor. Dieses kam zum Ergebnis, dass ein Flugzeugabsturz auf die Anlage der Ticona zwar einen Störfall nach sich ziehen kann, der jedoch durch entsprechende Gegenmaßnahmen von den Einsatzkräften ohne weiteres beherrscht werden könne. Diese störfallrechtliche Expertise hatte das Regierungspräsidium im Rahmen seiner Genehmigungs- und Überwachungspraxis jahrelang seinen Entscheidungen zu Grunde gelegt. Vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse aus dem im Auftrag des RP erstellten Ist-Fall-Gutachten des TÜV Pfalz sind die bisherigen Einschätzungen jedoch in Frage zu stellen.
Der TÜV Pfalz kommt in seinem Gutachten nunmehr zum Ergebnis, dass alle 61.400 Jahre mit einem Flugzeugabsturz zu rechnen ist, der einen Störfall bei der Anlage der Ticona auslösen könnte.
Mit der in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium erfolgten Verbunkerung des sehr giftigen Gases Bortrifluoid hat die Ticona das zuvor noch für mehrere tausend Menschen im Umfeld bestehende Risiko im Jahre 2005 bereits bedeutend verringert. Nunmehr ist nach Auffassung des Regierungspräsidiums mit relevanten Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes außerhalb des Werksgeländes nicht mehr zu rechnen. Das wesentliche Schadenspotential der Anlage liegt nach Gutachteraussage jetzt in den brennbaren Flüssigkeiten, die sich in großer Menge auf dem Anlagengelände befinden. Im Falle eines Flugzeugabsturzes muss im ungünstigsten Fall mit dem Totalverlust des Werkes und bis zu 250 Todesopfern und Verletzten auf dem Werksgelände der Ticona gerechnet werden.
RP Dieke: "Mit der Anordnung verfolgt das Regierungspräsidium konsequent seine Pflicht als Überwachungsbehörde, die Auswirkungen eines Störfalles und vor allem die Zahl der möglichen Opfer unter den Mitarbeitern deutlich zu reduzieren."
Regierungspräsident Dieke betont, das Vorgehen seines Hauses stehe nicht im Zusammenhang mit dem laufenden Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens Frankfurt. Die Anordnung trage den vorliegenden Erkenntnissen zur bereits bestehenden Überflugsituation bei Ticona Rechnung und sei deshalb unabhängig von den Ausbauplänen des Flughafens zu sehen. Sie habe zum Ziel, der Überwachungsbehörde Erkenntnisse über Maßnahmen zu verschaffen, die die Auswirkungen eines Störfalles "Flugzeugabsturz" weiter verringern. Da Ticona es bislang abgelehnt habe, diese für die Überwachung der Anlage und den besseren Schutz der Beschäftigten erforderlichen Untersuchungen, deren Kosten das RP auf unter 50.000 € schätze, freiwillig vorzunehmen, musste das RP nunmehr die störfallrechtliche Anordnung treffen.
Welche Veränderungsmaßnahmen von Ticona künftig zu verlangen sind, und welches Investitionsvolumen damit verbunden ist, könne dabei derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Erst nach Vorliegen der Gutachten kann unter Abwägung aller Umstände entschieden werden, ob und ggfs. welche konkreten Maßnahmen Ticona treffen muss.
Zum Hintergrund:
Die Firma Ticona betreibt in Kelsterbach eine Anlage zur Herstellung von Polyacetal-Granulat (Handelsname Hostaform). Dieser technische Kunststoff wird unter anderem zur Herstellung von Haushaltsgeräten sowie in der Automobilindustrie und im Flugzeugbau eingesetzt. Ausgangsstoff ist Methanol, als Zwischenprodukte entstehen Formaldehyd, Trioxan und Dioxolan. Das Werk der Ticona liegt etwa 3,5 km westlich des Flughafens Frankfurt zwischen Raunheim und Kelsterbach an der BAB3 westlich des Mönchhofdreiecks. Die Anlage wurde erstmals 1964 genehmigt. In den darauf folgenden Jahren wurden mehrere Genehmigungen zur Erhöhung der Kapazität der Anlage erteilt. So wurde die Kapazität mehrmals seit 1992 gesteigert. Auf dem Gelände sind derzeit etwa 1000 Mitarbeiter beschäftigt.
Wie die Behörde ergänzend mitteilt, lag für die Beurteilung des Risikos eines Flugzeugabsturzes seit 1991 ein von Ticona eingereichtes Gutachten des RWTÜV vor. Dieses kam zum Ergebnis, dass ein Flugzeugabsturz auf die Anlage der Ticona zwar einen Störfall nach sich ziehen kann, der jedoch durch entsprechende Gegenmaßnahmen von den Einsatzkräften ohne weiteres beherrscht werden könne. Diese störfallrechtliche Expertise hatte das Regierungspräsidium im Rahmen seiner Genehmigungs- und Überwachungspraxis jahrelang seinen Entscheidungen zu Grunde gelegt. Vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse aus dem im Auftrag des RP erstellten Ist-Fall-Gutachten des TÜV Pfalz sind die bisherigen Einschätzungen jedoch in Frage zu stellen.
Der TÜV Pfalz kommt in seinem Gutachten nunmehr zum Ergebnis, dass alle 61.400 Jahre mit einem Flugzeugabsturz zu rechnen ist, der einen Störfall bei der Anlage der Ticona auslösen könnte.
Mit der in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium erfolgten Verbunkerung des sehr giftigen Gases Bortrifluoid hat die Ticona das zuvor noch für mehrere tausend Menschen im Umfeld bestehende Risiko im Jahre 2005 bereits bedeutend verringert. Nunmehr ist nach Auffassung des Regierungspräsidiums mit relevanten Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes außerhalb des Werksgeländes nicht mehr zu rechnen. Das wesentliche Schadenspotential der Anlage liegt nach Gutachteraussage jetzt in den brennbaren Flüssigkeiten, die sich in großer Menge auf dem Anlagengelände befinden. Im Falle eines Flugzeugabsturzes muss im ungünstigsten Fall mit dem Totalverlust des Werkes und bis zu 250 Todesopfern und Verletzten auf dem Werksgelände der Ticona gerechnet werden.
RP Dieke: "Mit der Anordnung verfolgt das Regierungspräsidium konsequent seine Pflicht als Überwachungsbehörde, die Auswirkungen eines Störfalles und vor allem die Zahl der möglichen Opfer unter den Mitarbeitern deutlich zu reduzieren."
Regierungspräsident Dieke betont, das Vorgehen seines Hauses stehe nicht im Zusammenhang mit dem laufenden Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens Frankfurt. Die Anordnung trage den vorliegenden Erkenntnissen zur bereits bestehenden Überflugsituation bei Ticona Rechnung und sei deshalb unabhängig von den Ausbauplänen des Flughafens zu sehen. Sie habe zum Ziel, der Überwachungsbehörde Erkenntnisse über Maßnahmen zu verschaffen, die die Auswirkungen eines Störfalles "Flugzeugabsturz" weiter verringern. Da Ticona es bislang abgelehnt habe, diese für die Überwachung der Anlage und den besseren Schutz der Beschäftigten erforderlichen Untersuchungen, deren Kosten das RP auf unter 50.000 € schätze, freiwillig vorzunehmen, musste das RP nunmehr die störfallrechtliche Anordnung treffen.
Welche Veränderungsmaßnahmen von Ticona künftig zu verlangen sind, und welches Investitionsvolumen damit verbunden ist, könne dabei derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Erst nach Vorliegen der Gutachten kann unter Abwägung aller Umstände entschieden werden, ob und ggfs. welche konkreten Maßnahmen Ticona treffen muss.
Zum Hintergrund:
Die Firma Ticona betreibt in Kelsterbach eine Anlage zur Herstellung von Polyacetal-Granulat (Handelsname Hostaform). Dieser technische Kunststoff wird unter anderem zur Herstellung von Haushaltsgeräten sowie in der Automobilindustrie und im Flugzeugbau eingesetzt. Ausgangsstoff ist Methanol, als Zwischenprodukte entstehen Formaldehyd, Trioxan und Dioxolan. Das Werk der Ticona liegt etwa 3,5 km westlich des Flughafens Frankfurt zwischen Raunheim und Kelsterbach an der BAB3 westlich des Mönchhofdreiecks. Die Anlage wurde erstmals 1964 genehmigt. In den darauf folgenden Jahren wurden mehrere Genehmigungen zur Erhöhung der Kapazität der Anlage erteilt. So wurde die Kapazität mehrmals seit 1992 gesteigert. Auf dem Gelände sind derzeit etwa 1000 Mitarbeiter beschäftigt.
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PFV Landebahn Nordwest Ticona Regierungspräsidium Darmstadt Gefahren durch Flughafenausbau FRA Absturz-Gefahr
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