Im Zuge ihrer gestern verkündeten Sparpläne will die Bundesregierung auch Geld bei den Luftverkehrsgesellschaften eintreiben. Für jeden Passagier, der von einem deutschen Flughafen abfliegt, soll eine Gebühr erhoben werden. Die Abgabe heisst zwar "ökologische Luftverkehrsabgabe", der Hauptzweck ist aber, Geld in die leere Staatskasse zu bringen: rund 1 Milliarde Euro sollen dabei herausspringen, das sind bei 90 Millionen Passagieren pro Jahr grob geschätzt 10-12 Euro pro Passagier und Flug. Die genaue Ausgestaltung der Gebühr ist noch ungeklärt, doch soll sie nach "Kriterien wie Lärm und Energieverbrauch differenziert werden". Die Abgabe soll bis zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den bereits vereinbarten CO2-Emissionshandel erhoben werden, den die EU ab 2013 plant.
Die Luftfahrtindustrie reagierte mit Entsetzen auf die Ankündigung, und die Lobbyarbeit dagegen begann sofort. Lufthansa sprach von einem "schwarzer Tag für den Luftverkehrsstandort Deutschland". Die Politik versuche hier, mit untauglichen Mitteln Haushaltslöcher zu stopfen. Damit schwäche man die gerade beginnende Konjunkturerholung. Auch andere Fluggesellschaften protestierten heftig. Die Lufthansa-Tochter Germanwings drohte mit einer Abwanderung in die Niederlande.
Die Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) befürchtet durch die geplante Abgabe eine Schwächung der Luftverkehrswirtschaft und des Wirtschaftswachstums im allgemeinen. Ein nationaler Alleingang bei einer Luftverkehrsabgabe werde zu einer massiven Verkehrsverlagerung an ausländische Flughäfen führen. Bis zu 10000 Arbeitsplätze seien gefährdet. Auch aus ökologischen Gründen sei die Abgabe nicht nachvollziehbar. Die Luftverkehrsbranche "bekenne sich seit Jahren u. a. mit lärm- und emissionsabhängigen Landeentgelten zu ihrer ökologischen Verantwortung", so die ADV. Die ADV sieht auch nicht ein, warum gerade die Flugpassagiere die Haushaltslöcher stopfen sollen. Präsident Eggenschwiler bezeichnete die geplante Gebühr in einem Interview sogar als unsozial: bei einem geschätzten Aufschlag von 10 bis 15 Euro pro Ticket könnten sich nicht mehr alle Bürger das Fliegen leisten. Dies sei mit dem Ziel der Bundesregierung, Mobilität für alle zu ermöglichen, nicht vereinbar. ( Mehr: Pressemitteilung ADV).
Der Weltluftfahrtverband IATA kritisierte die Pläne bei ihrer Jahrestagung ebenfalls. Präsident Bisignani nannte die geplante Steuer die "schlimmste Art einer kurzsichtigen und unverantwortlichen Politik". Sie werde wirtschaftliche Schäden verursachen, der Umwelt aber nichts nützen.
Bundeskanzlerin Merkel gab sich auf der Luftverkehrsmesse ILA kühl gegenüber den Versuchen der Lobbyisten, die geplante Steuer zu kippen. Ob und wie die Abgabe wirklich kommen wird, ist aber noch unsicher.