Nach den heutigen Beratungen der Landtagsfraktionen von CDU und FDP ist so gut wie sicher, dass die Landesregierung in Revision gegen das Urteil des VGH Kassel gehen wird, auch wenn es noch keine offizielle Bestätigung gibt. Verkehrsminister Posch will die Entscheidung am Mittwoch verkünden. Das Thema soll auf einer Sondersitzung des Landtags behandelt werden.
Zur Vorbereitung wurden am Dienstag schon einmal die Landtagsfraktionen von CDU und FDP in die Öffentlichkeit vorgeschickt. Die CDU-Fraktion verbreitete zwei Pressemitteilungen. In der ersten verkündet der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister Jan Mücke, das Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofes "müsse im Wege der Revision dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden". Nach dem Urteil des VGH könne ein Landesentwicklungsplan in die bundesrechtlichen Kompetenzen bei Planfeststellungen eingreifen. Dies betreffe alle Infrastruktur-Vorhaben und berühre Bundesinteressen. Deswegen sei "eine höchstrichterliche Entscheidung unumgänglich". In einer zweiten Pressemitteilung fordert die CDU indirekt, aber unüberhörbar, zur Revision auf: "Die Bürger in der Region um den Flughafen haben einen Anspruch darauf, möglichst schnell Rechtssicherheit zu erhalten".
Die FDP-Fraktion äußerte sich dazu passend: "Wegen der grundlegenden Bedeutung des Urteils und den Auswirkungen auf die zukünftige Landesplanung spricht aus Sicht der FDP-Fraktion vieles für eine Revision". Gleichzeitig erwähnte die FDP, die Entscheidung sei Sache der Planfeststellungsbehörde und die Legislative habe hier nichts zu sagen.
Das sieht die Opposition ganz anders. Die Grünen hatten im Vorfeld der Fraktionssitzungen jeden einzelnen Abgeordneten aufgefordert, "heute nicht den Wortbruch zu vollziehen und sich endgültig vom jahrelang versprochenen Nachtflugverbot zu verabschieden". Auch die SPD hatte sich ähnlich geäußert. Der SPD-Vorsitzende Schäfer-Gümbel kritisierte den drohenden Wortbruch, der die Glaubwürdigkeit von Politik grundlegend und dauerhaft schädigen würde. Geholfen haben alle diese Appelle offensichtlich nichts. DIE LINKE sieht sich in ihrer Einschätzung bestätigt: "Den Flughafenausbau an ein Nachtflugverbot zu koppeln war von Anfang an eine Finte zur Besänftigung der Ausbaugegner".
- Jan Mücke: Revision des Verwaltungsgerichtsurteils erforderlich
2 Pressemitteilungen der CDU vom 15.12.2009 - Florian Rentsch: Bundesregierung fordert Revision im Flughafenurteil
Pressemitteilung der FDP vom 15.12.2009 - Nachtflugverbot: Heute Tag des Wortbruchs in Hessen?
Pressemitteilung der Grünen vom 15.12.2009 - CDU- und FDP-Fraktion müssen Wortbruch beim Nachtflugverbot stoppen!
Pressemitteilung der SPD vom 15.12.2009
Die Resonanz in der Presse ist ziemlich verheerend für die Landesregierung. "Warum hält die Landesregierung also nicht einfach nur ihr Wort und gibt endlich Ruhe?", fragt die Frankfurter Rundschau. Selbst in sonst eher ausbau-freundlichen Zeitungen haben die Kommentatoren kein Verständnis dafür, dass die Regierung ihr Versprechen für ein Nachtflugverbot nicht einhalten will, obwohl der VGH Kassel ihr die Türen dazu geöffnet hat. Gerade nachdem gestern eine neue Studie vorgestellt wurde, wie zeigt, wie schädlich sich nächtlicher Fluglärm auf die Gesundheit auswirkt, erscheint das Verhalten der Landesregierung besonders kritikwürdig.
Die IG Fluglärm ärgert sich darüber, dass sich die Landesregierung "Anweisungen der Bundesregierung bestellt", um die Verantwortung für ihre - bei den Bürgern unpopuläre - Entscheidung für die Revision abschieben zu können.