Erneut befasste sich der hessische Landtag mit dem Thema Flughafenausbau, diesmal besonders mit dem vom VGH Kassel erzwungenen vorläufigen Nachtflugverbot. Die Oppositionsparteien hatten die Sondersitzung beantragt. Inhaltlich gab es (wie zu erwarten) wenig Neues, die Positionen sind unverändert. Wegen vieler anderer "Schlagzeilen" war auch das Presseecho eher gering.
Vor dem Landtag, allerdings außerhalb der Bannmeile, demonstrierten etwa 250 Menschen gegen Fluglärm und Ausbau, bewacht von außerordentlich starker Polizeipräsenz (Zeugen sprechen von etwa 400 Polizisten). Für Ärger sorgte der Umgang mit Menschen, die die Landtagsdebatte als Zuhörer verfolgen wollten: offenbar wurden weniger Karten vergeben als eigentlich Plätze vorhanden waren. Eine von der LINKEN angemeldete Besuchergruppe, der die Fraktion ermöglichen wollte, in ihrem Fraktionsraum die Videoübertragung der Debatte zu verfolgen, wurde "aus Sicherheitsgründen" nicht eingelassen. Der hessische Rundfunk hatte die Debatte diesmal nicht direkt übertragen.
Ministerpräsident Bouffier wies die Forderung der Oppositionsparteien ab, die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zurückzuziehen. Man brauche die höchstrichterliche Entscheidung, sonst würde gegen jede Festsetzung von einer der Seiten erneut Klage eingereicht. Der Fluglärm sei die Schattenseite des wirtschaftlichen Nutzens durch den Flughafenausbaus, sagte Bouffier. Die Landesregierung arbeite konsequent an dem Ziel, die Lärmbelastung zu minimieren. So gehe neue Lärmschutzverordnung weit über den gesetzlichen Anspruch hinaus (siehe hierzu aber Artikel in der OP). Die neue "Taskforce Lärmschutz" befasse sich konkret mit der Optimierung der An- und Abflugrouten. Außerdem seien leisere Flugzeuge notwendig.
Für die CDU sagte der Fraktionsvorsitzende Wagner, diese Sitzung sei "einer der überflüssigsten Sitzungen in der Geschichte des hessischen Landtags", die den Steuerzahler 40000 Euro kosten würde (?!). Die Opposition wolle den Landtag nur "zur Bühne ihrer Parteipropaganda" machen. Danach lobte er die Bedeutung des Flughafens und die Leistungen der Landesregierung für den Lärmschutz (20 Minuten lang).
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rentsch verteidigte die Entscheidung, nach Leipzig zu gehen, nur dort gebe es Rechtssicherheit. Immerhin will man sich einem eventuell von Leipzig verordneten Nachtflugverbot fügen: "wenn Leipzig sagt, ihr könnt Null machen, dann werden Null gemacht".
Für die SPD forderte der Vorsitzende Schäfer-Gümbel die Landesregierung zur Rückbesinnung auf die Mediation auf. Nicht nur der Ausbau, auch die anderen Punkte müssten erfüllt werden. So müsse es einen neuen Anti-Lärm-Pakt geben. Das Nachtflugverbot sei ein Segen für die Menschen der Region.
Für die Grünen vertrat der Vorsitzende Al-Wazir die Ansicht, dass die Rücknahme der Revision problemlos möglich wäre. Rechtssicherheit beim Bundesverwaltungsgericht würde auch ohne die Landesregierung geschaffen, da noch genügend andere Klagen zu dem Thema da seien. Al Wazir wies auf die großen Belastungen durch die neue Landebahn hin. Teile von Flörsheim seien bei Ostbetrieb praktisch unbewohnbar.
Die LINKE war (neben ihrer Kritik an der Politik der Landesregierung) höchst verärgert darüber, dass der Landtagspräsident den Antrag der Fraktion abgelehnt hatte, eine Besuchergruppe die Sitzung im Fraktionssaal der Linken über Videoübertragung verfolgen zu lassen.
Ein kurzes Video von der Debatte und der Demo sowie Videos von allen Reden im Original finden Sie bei hr online:
Die Standpunkte der Parteien in der Landtagsdebatte lassen sich auch in den Pressemitteilungen nachlesen:
- Pressemitteilung CDU
- Pressemitteilung der FDP
- Pressemitteilung der SPD
- Rede des Fraktionsvorsitzenden der Grünen Al-Wazir
- Pressemitteilung der LINKEN zur Debatte
- Pressemitteilung der LINKEN zum Nicht-Einlass ihrer Besuchergruppe
Die IG Fluglärm forderte in einer Pressemitteilung nachdrücklich ein Nachtflugverbot von 22-6 Uhr. Es sei sehr wohl möglich, wenn es nur politisch gewollt wäre. Dies sei aber nicht der Fall, da die Landesregierung nur die Interessen der Luftverkehrsindustrie vertrete. Heftige Kritik übt die IGF auch an der Entscheidung des Landtagspräsidenten, die von der LINKEN eingeladene Gruppe nicht einzulassen und fragt, ob Hessen schon eine "Bananenrepublik" sei.
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