"Die von mir geführte Hessische Landesregierung hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass das Ergebnis des Mediationsverfahrens die Grundlage all ihrer Überlegungen und Entscheidungen zum geplanten Ausbau des Frankfurter Flughafens darstellt und dieser nur bei gleichzeitiger Einführung eines Nachtflugverbots erweitert werden darf. Die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens erwarten zu Recht einen wirksamen Ausgleich für zunehmende Flugbewegungen am Tage und deshalb bin ich in dieser Frage auch zu keinerlei Kompromissen bereit" - Ministerpräsident Roland Koch (CDU) im Juni 2002 in einem Schreiben an Bürger rund um den Flughafen.
"Nicht erst seit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Startbahn 18-West erweist sich die Entwicklung des Flughafens als eine Kette von gebrochen Versprechen und nicht eingehaltener Zusagen. Um den Bannwald leichter wieder aufheben zu können, wurde das Naturschutzgesetz so angepasst, dass die Ausgleichsmaßnahmen für eine Flughafenerweiterung rein technischer Natur leistbar werden. Schließlich wurde auch das Landesplanungsgesetz gleich zweimal geändert, um es in die Form zu bringen, so dass jenseits aller sachbezogenen Abwägungen der Landtag ein Machtwort zum Ausbau des Flughafens spricht. Im Mittelpunkt des heute zu verabschiedenden Landesentwicklungsplans (LEP) steht das Nachtflugverbot, mit dessen Umgang die Kette der Wortbrüche in eklatanter Weise fortgesetzt wird", stellt der Parlamentarische Geschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frank Kaufmann, fest.
"Weil die Unmöglichkeit einer Erweiterung nach dem Bau der Startbahn West möglich werden sollte, musste eine Kompensation für die enttäuschten und erbitterten Menschen rund um den Flughafen her. Für den Bruch des Versprechens, dass es keine weitere Expansion des Flughafens mehr gäbe, folgte ein neuerliches Versprechen: Tags mehr Krach, dafür nachts Ruhe. So wurde das Nachtflugverbot geboren. Für die Mediation war das Nachtflugverbot damit Voraussetzung dafür, dass über die erneute Erweiterung des Flughafens überhaupt diskutiert werden konnte. Das Nachtflugverbot wurde sodann auf Initiative der GRÜNEN in einem einstimmigen Beschluss am 18. Mai 2000 vom Hessischen Landtag festgehalten: Nach Auffassung aller Ausbaubefürworter im Landtag war der Ausbau untrennbar mit dem Nachtflugverbot verbunden."
"Seit Herbst letzten Jahres gilt das Versprechen für die Landesregierung offensichtlich nicht mehr, weil man dort wohl erkannt hat, dass man die beschworene 'unauflösbare Verbindung' von Ausbau und Nachtflugverbot also die beiden Seiten derselben Münze doch trennen muss. Die daraus folgende gleichermaßen logische wie auch die einzig ehrliche Konsequenz wäre somit gewesen, die Ausbauplanung aufzugeben, weil nämlich halbe Münzen Falschgeld sind. Doch die Landesregierung zog eine andere Folgerung. Am 12. September 2006 wurde durch ihren Beschluss zur Änderung des Landesentwicklungsplans das Nachtflugverbot wie folgt de facto beseitigt."
"Für die Landesregierung soll das Nachtflugverbot im Landesentwicklungsplan gar nicht mehr auftauchen, es soll nur ein unverbindlicher Grundsatz und keineswegs eine verbindliche Zielvorgabe sein. Für die Menschen, die rund um den Flughafen leben, bedeutet dies, dass sie mehr denn je damit rechnen müssen, dass es kein wirksames Nachtflugverbot am Flughafen Frankfurt geben wird. Dies macht die Hoffnung auf wenigstens einige Stunden ungestörten Schlafs in der Nacht zunichte."
"Schauen wir uns noch den Antrag und die vorgetragene Begründung an, warum das Nachtflugverbot nicht in den LEP als verbindliches Ziel aufgenommen wurde und wird. Der Antrag der XXL - Ausbaukoalition liefert im Vergleich zu dem, was versprochen und immer wieder beschworen wurde, nicht mehr als weiße Salbe. Hier ist nichts rechtlich Relevantes, schon gar nichts Verlässliches mehr drin. Interessant ist die Begründung, warum das Nachtflugverbot nicht als rechtlich verbindliches Ziel im LEP steht und stehen soll. Nach der insoweit sehr aufschlussreichen Anhörung wissen wir: Es wäre möglich und rechtlich zulässig, das Nachtflugverbot als rechtlich verbindliches Ziel festzuschreiben. Es wurde uns vom Experten der CDU geraten, es dennoch nicht zu tun, wegen des Risikos. Es geht um das rechtliche Risiko, ob ein Planfeststellungsbeschluss rechtlich das Nachtflugverbot enthalten darf oder nicht."
"Gibt nämlich der Landesentwicklungsplan das Nachtflugverbot vor, so muss die Planfeststellungsbehörde es auch verhängen, wenn sie den Ausbau genehmigen will. Ergäben indes ihre Abwägungen, dass ein Nachtflugverbot z. B. zum Zweck der Wahrung der Interessen der Luftverkehrsunternehmen nicht möglich wäre, so müsste sie vor dem Hintergrund der Vorgabe den Antrag der Fraport AG auf Planfeststellung des Ausbaus zurückweisen. Genau dies ist aber – wieder die ganze Münze – der untrennbare Zusammenhang der immer beschworen wurde: Ausbau nur mit Nachtflugverbot. Gibt der Landesentwicklungsplan indes das Nachtflugverbot nicht rechtlich verbindlich vor, dann könnte nach Abwägung auch ein Ausbau ohne Nachtflugverbot von der Planfeststellungsbehörde genehmigt werden. Dies ist die derzeit von der Landesregierung beschlossene und somit ermöglichte vielleicht gar angestrebte Lage. Wie ich bereits erwähnte, ist das Regionale Dialogforum bereits bemüht, ein Nachtflugverbot ganz neuer Art zu vereinbaren: Motto: 'Es ist verboten nachts nicht zu fliegen, wenn die Lufthansa es so will.'"
"Nun mag man einwenden, am Ende sei vor allem das Risiko vor Gericht zu berücksichtigen; danach könnte ein verbindliches Ziel "Nachtflugverbot" im LEP als rechtlich unzulässig erachtet werden. Was wäre die Folge? Diese Vorgabe wäre allenfalls unbeachtlich, d. h. die Planfeststellungsbehörde hätte sich daran nicht gebunden fühlen müssen. Der Vorwurf könnte damit sein, dass keine korrekte Abwägung der Interessen der Luftverkehrswirtschaft zugunsten eines Flugbetriebs auch in der Nacht erfolgt wäre, weil man ja von vornherein durch die Vorgabe zum Erlass des Nachtflugverbots verpflichtet gewesen wäre. Wenn aus diesem Grunde der Planfeststellungsbeschluss vom Gericht aufgehoben würde, hätte das genau die Konsequenz, die von allen hier immer versprochen wurde: Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot. Wenn das Nachtflugverbot rechtlich Bestand hätte, dann hätte es zumindest aus diesem Grund auch der Planfeststellungsbeschluss."
"Wenn dem Landesentwicklungsplan eine große Mehrheit heute zustimmt, dann wird die Verbindung zwischen Ausbau und Nachtflugverbot aufgehoben. Das widerspricht nicht nur der bisherigen Beschlusslage des Landtags und ist ein Wortbruch, sondern es widerspricht auch der Beschlusslage der SPD. Der Landesentwicklungsplan enthält das Nachtflugverbot nicht, fast die gesamte SPD-Fraktion vergisst heute trotzdem den Parteitagsbeschluss und stimmt ihm wie angekündigt dennoch zu."
"Wir GRÜNE stehen dagegen zu den Zusagen und Versprechen der Politik und damit für die Bewahrung einer lebenswerten Heimat und gegen immer höhere Belastungen für Menschen und Natur im Rhein-Main-Gebiet", so Frank Kaufmann.
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