Am Freitag, den 3. 2. 2006, wurde bis zum Nachmittag über das Absturzrisiko debattiert. Einwender ließen an den Gutachten der Fraport kein gutes Haar. Dagegen hält Fraport das Risiko eines Absturzes auf die Ticona oder anderswo für sehr klein und damit akzeptabel. Am Privateinwender-Nachmittag trugen vor allem Flörsheimer Bürgerinnen und Bürger ihre Einwendungen vor. Während der Rede einer Flörsheimer Schülerin gab es einen Eklat: Sitzungsleiter Bach schloss einen bekannten Mainzer Einwender wegen lauter Zwischenrufe für eine Woche von der Erörterung aus.
Der Bericht beginnt erst mit der zweiten Sitzung. In der ersten Sitzung wurde zwischen dem Ticona-Gutachter und Fraport über Details der Risiko-Gutachten diskutiert, dies wird nachgeliefert.
"Risiko gezielt senken"
Herr Faulenbach der Costa ermahnte Fraport zu mehr Bescheidenheit. Er sei früher selbst dort beschäftigt gewesen und kenne die Mentalität dort: der Flughafen hat Recht, alle anderen müssen weichen. Man solle sich daran erinnern, dass der Luftverkehr zwar wichtig sei, aber nur 2% der Verkehrsleistung in Deutschland erbringe. Danach trug Faulenbach da Costa umfangreiche Kritik am Risiko-Gutachten der Fraport vor. Die GfL, die die Gutachten für Fraport erstellt hat, habe noch im Raumordnungsverfahren die überall sonst übliche Vorgehensweise eingehalten und die Unfallwahrscheinlichkeiten selbst ermittelt (dabei allerdings Ticona übersehen). Später sei Gutachter Oliva Qualitätssicherer gewesen und habe die Vorgaben für die Unfallwahrscheinlichkeiten im Gutachten G16.1 gemacht, dies sei ungewöhnlich. Dann habe die GfL "auch noch so lange gerechnet, bis das richtige Ergebnis rauskommt". In den drei Gutachten, die die GfL erstellt habe, habe die Unfallwahrscheinlichkeit und damit das Risiko kontinuierlich abgenommen.
Gutachter Oliva habe auch im Verfahren aus der Kritik an der Clusteranalyse (Auswahl vergleichbarer Flughäfen, um das Absturzrisiko zu ermitteln) gelernt. Zunächst hätte man vergleichbare Flughäfen nur nach den Kriterium Passagierzahlen, Fracht und Flugbewegungen ausgewählt. Als Reaktion auf die Kritik, das sei nicht ausreichend, habe man später noch weitere Kriterien (z.B. ILS, Länge der Bahnen) hinzugefügt. An der Reihenfolge der Flughäfen habe das aber nichts geändert. Er wies auf Fehler und Ungereimtheiten bei der Auswahl hin. So sei z.B. der Flughafen St. Louis bei der Fracht von den Zahlen her mit Frankfurt vergleichbar, die Fracht würde dort aber ausschließlich per LKW transportiert. Die Clusteranalyse sei genutzt wurden, um das Unfallrisiko gezielt zu senken. Mit den im Gutachten verwendeten Clustern sei nicht unterscheidbar, ob es sich um einen internationalen Hub oder einen Flughafen für Privatflieger handele. Hätte man die Clusteranalyse genutzt, um Unfälle zu clustern, hätte man wenigstens herausgefunden, welche Arten von Unfällen an welchen Flughäfen passieren, dies wäre nützlicher gewesen. Die fehlerhaften Unfallhäufigkeiten in Gutachten G16.2 seien dann als Eingangsparameter in das eigentliche Risiko-Gutachten G16.1 eingegangen.
"Gutachten ist Realsatire"
Fraport meinte erwartungsgemäß, die Kritik von Faulenbach da Costa sei unberechtigt und ihre Unfallhäufigkeiten seien richtig. Herr Heldmaier setzte dann den Vortrag fort. Er wies darauf hin, dass Gutachter Oliva Soziologe sei und sich ansonsten vorrangig mit soziologischen Fragen - aber keineswegs mit Flugzeugabstürzen - befasst habe. Fraport: "Der Gutachter hat als Soziologe eine statistische Ausbildung und ist deshalb sehr geeignet, und er hat ja auch alles richtig berechnet". Heldmaier sagte weiter, Oliva hätte mit seinem Gutachten schon im RDF Erklärungsprobleme wegen seiner Berechnungen gehabt und hätte dort Zweifel nicht entkräften können. Durch den Fehler werde die Unfallwahrscheinlichkeit halbiert. Auch zur Clusterung der Flughäfen fand Heldmaier noch Probleme. So seien die Bahnlängen nicht besonders relevant, dafür aber umso mehr, ob an dem Flughafen widrige Wetterverhältnisse wie Schnee und Glätte auftreten würden. Es sei auch nicht richtig, Unfälle auf dem Flughafengelände auszuschließen, die Lage des Zauns sei überall unterschiedlich. "Warum kauft Fraport nicht einfach die Ticona und verpachtet das Gelände an das Unternehmen? Dann liegt es innerhalb des Flughafenzauns und die Unfälle spielen für das externe Risiko keine Rolle mehr", spottete er.
Risiko auf Ticona-Gelände verschoben?
An einem Luftbild zeigte Heldmaier, die Flugroute, die jetzt über die Ticona führt, sei für die Gutachten über das Werksgelände verlagert worden, so dass das aktuelle Absturzrisiko höher und damit die Differenz zum Ausbaufall geringer werde. Dies liege an einer fehlerhaften Übersetzung der Fluganweisung durch Fraport (und / oder vertauscht). Die Flugzeuge müssten erst 800 Fuß hoch sein, bevor sie abdrehen und damit die Ticona überfliegen dürften. Schwere Maschinen würden das nicht schaffen und deshalb die Ticona tatsächlich nicht überfliegen. Dies seien gerade die Maschinen, die eine besonders hohe Schadenswirkung hätten. "Das Gutachten ist Realsatire", meinte er. Er zitierte dann einen Artikel aus der Zeitung der "Vereinigung Cockpit", in der sich die Airlines besorgt über das zunehmende Absturzrisiko äußern. Nach den Zahlen der Airlines sei das Absturzrisiko 2*10-6, also das Hundertfache von dem, was Fraport angenommen habe, nach der IATA-Statistik liege das Risiko bei 10 -6. Der Zielwert, den die IATA anstrebe, sei 10-7 oder weniger, Fraport gehe heute schon von 10-8 aus. Die Fluggesellschaften befürchten aber eher eine Zunahme des Risikos, sie rechnen alle 2 Jahre mit einem Totalverlust. Der zuständige Mitarbeiter des RP sagte, die Differenz bei der Flugroute sei dem RP bekannt und müsse untersucht werden. Fraport wies alle Kritik zurück.
Weiter erklärte Heldmaier, in den Niederlanden hätten nach einem Problemfall die Leute in einer Risikozone von 10-5 um den Flughafen abgesiedelt werden müssen, und man habe die Landebahn um 10 Grad verschwenken müssen, was man ungern getan hätte. Jetzt würden die Abstürze mit der Begründung des Instrumentenanflugs alle auf die Anflug-Grundlinie gelegt und dort sei nichts mehr. Das löse das Problem, die Absturzwahrscheinlichkeit spiele dann keine Rolle mehr. Fraport widersprach, nicht alles habe abgesiedelt werden müssen, sondern nur die Wohngebäude, das Gewerbe habe bleiben können. Doch Heldmaier konterte, er kenne die niederländische Gesetzgebung ganz genau und könne sie im Originaltext lesen. Wohngebäude wurden abgesiedelt, nur "dünn besiedelte Betriebe", wie z.B. Lagerhallen, hätten bleiben können - Störfallbetriebe aber ganz bestimmt nicht.
Wo landet ein Flugzeug im Notfall?
Danach ging es um den Unfall von Wien, wo ein Flugzeug wegen Treibstoffmangel 500m vor der Landebahn aufgesetzt hatte. Dieses hätte bei einer Nordwestbahn schlimm ausgehen können. Während Fraport meinte, das Flugzeug habe 500m vor der Landeschwelle aufgesetzt und dort sei auch in Frankfurt nichts, sagte der Anwalt der Ticona, in 490m Anstand befinde sich eine Gas-Pipeline der Ticona. Fraport meinte, ein Flugzeug mit Treibstoffmangel würde man nicht auf der Nordwestbahn landen lassen, sondern auf einer anderen Bahn. Heldmaier antwortete, diese Sätze seien "ein paar Sätze zuviel" gewesen. Ein Pilot, der keinen Sprit mehr habe und dessen Triebwerke nicht mehr liefen, würde natürlich die nächstgelegene Bahn zum Landen nehmen, wenn er sehe dass er schon zu tief sei. In keinem Fall würde er noch 2 km weiter fliegen, um eine andere Bahn zu erreichen. Auch Fraport hatte einen Piloten aufgeboten, der nun sagte, Treibstoffmangel kündigte sich lange vorher an und das Flugzeug werde dann dorthin geführt, wo es sicher landen könne, in diesem Fall eben nicht die Nordwestbahn. Hier gab es zahlreiche empörte Zwischenrufe ("mit dem fliegen wir nicht") von Einwendern, worüber sich der Sitzungsleiter aufregte. Herr Anton, ehemaliger Lufthansapilot, wurde wütend: er sei auch noch Fachmann, meinte er. Natürlich würde die Flugsicherung alles tun, damit das Flugzeug sicher landen kann. Ein Pilot würde in einer Notlage aber nicht auf Anweisungen hören, sondern das tun, was aus seiner Sicht am besten sei.
Das RP fragte die DFS nach ihrem "Krisenmanagement" für solche Notfälle. Der DFS-Vertreter Kraft sagte diplomatisch, beide Antworten hätten eine richtige Komponente. Bei absehbarem Treibstoffmangel und ähnlichen Problemen würde man dem Piloten die längste Bahn anbieten, aber der Pilot müsse selbst entscheiden. Ein anderer DFS-Mitarbeiter meinte kurz und bündig: "Wir stellen im Notfall dem Piloten das zur Verfügung, was er haben will. Im Notfall räumen wir auch alle Bahnen frei".
Hanauer Nuklearanlagen - keine Marmeladenfabrik
Ein Einwender aus Hanau beschwerte sich über den Untersuchungsraum für die Risiko-Untersuchung von 40x40 km. Hanau liege in diesem Quadrat gerade nicht mehr drin. Wäre der Untersuchungsraum ein Kreis, wäre Hanau enthalten. Gerade wenn man Störfallbetriebe und ähnliche gefährliche Anlagen untersuche, hätte man die Hanauer Nuklearanlagen berücksichtigen müssen, sie lägen nur 2km von der Grenze des Untersuchungsraums entfernt und würden direkt überflogen. Die Anlage sei zwar nicht mehr in Betrieb, es gebe aber noch ein Lager für radioaktive Abfälle und Reststoffe, das man extra dort gebaut habe. Bei der Genehmigung dafür habe die Möglichkeit eines Flugzeugabsturzes eine große Rolle gespielt, etliche Betriebsteile wären gegen Flugzeugabsturz gesichert gewesen. Zur Zeit der Erstellung des Gutachtens sei der Abbau der Anlage noch in vollem Gange gewesen.
Fraport antworte, damals sei man davon ausgegangen, dass alle Risiken kleiner als 10-6 zu vernachlässigen seien. Man sei jetzt eine Zehnerpotenz höhergegangen und habe dieses Risiko jetzt nicht mehr betrachten müssen. Der Einwender beschwerte sich, man hätte dies zumindest im Gutachten erwähnen müssen: "Schließlich ist es keine Marmeladenfabrik". Zudem habe das Risiko durch die steigende Zahl der Flugbewegungen ständig zugenommen und werde mit dem Ausbau noch einmal deutlich steigen. Der statistische Wert sei für ihn unbrauchbar, nach der Statistik hätte Tschernobyl auch nicht passieren können. In München hätte es in 20 Jahren 2 Unfälle gegeben, es wäre keineswegs so, dass nur alle 10 Millionen Jahre etwas passieren könne. Er wolle dieses Risiko nicht tragen. Fraport meinte dazu, die Flugzeuge würden auch heute schon über den Betrieb fliegen und es sei eine genehmigte Situation. Weiter fragte der Einwender auch nach radioaktiven Frachten in Flugzeugen, die auch ein Risiko darstellten. Man finde dazu in den Gutachten nichts. Ein Fraport-Gutachter sagte, die Wahrscheinlichkeit von 10-7 beziehe sich auf eine bestimmte Stelle. Für den gesamten Untersuchungsraum von 40x40 km sei mit einem Unfall alle 30 Jahre zu rechnen.
Noch mehr Kritik an den Fraport-Gutachten
Im Anschluss an diesem Einwender wollte Herr Dr. Fuld (von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm, die allerdings nicht als anerkannter Verband zur Erörterung zugelassen ist), seine Fachpräsentation zur Kritik an den Gutachten beginnen. Gleich zu Anfang gab es hier Probleme mit Geschäftsordnung und dem nervös wirkenden Sitzungsleiter. Fuld hatte schon zu Beginn der zweiten Sitzung des Tages auf der Rednerliste gestanden, hatte aber die vorigen Redner wegen deren Terminproblemen vorgelassen - jetzt reichte die Zeit bis zum Privateinwender-Nachmittag nicht mehr, um die Präsentation vollständig vorzutragen, und als Privateinwender am Nachmittag hätte er nur 20 Minuten reden dürfen. Das RP fand eine geplante Redezeit von eineinhalb Stunden für einen Privateinwender wohl zu viel, auch wenn es zur Tagesordnung war (man will schließlich Zeit gewinnen). Die Präsentation wurde deshalb nicht vollständig gehalten.
Fuld äußerte im zahlreiche Kritikpunkte am Fraport-Gutachten. Bei der Berechnung des Risikos gibt es folgende Schritte: die Ermittlung der Absturzwahrscheinlichkeit, die Ermittlung der räumlichen Verteilung der Abstürze und die Untersuchung der Absturzfolgen. Daraus werden das individuelle Risiko und das Gruppenrisiko abgeleitet. [Grundlagen zum Thema Risiko hier: Risiko - was ist das?]. Die wesentlichen Kritikpunkte waren:
- Die Definition der Absturzwahrscheinlichkeit durch die GfL ist zu eng gefasst.
Auch Unfälle ohne Todesfolge hätten einbezogen werden müssen, denn die Todesfolge hängt vom Aufenthalt von Personen im Auswirkungsbereich, der Hindernissituation, Aufprallwinkel und -Geschwindigkeit, Rutschgeschwindigkeit, Brandausbreitung und weiteren Faktoren ab. So wäre der Unfall der Air India Maschine von 1999 in Frankfurt, der nur deshalb glimpflich abging, weil sich zufällig hinter der Landebahn noch Beton einer alten Piste befand, sodass das Flugzeug durchstarten konnte, nicht berücksichtigt worden. Ein ähnlicher Unfall in Chicago im Dezember 2005 wäre dagegen in die Statistik aufgenommen wurde, weil das Flugzeug hinter der Landebahn auf einer Straße ein Auto rammte, in dem eine Person ums Leben kam. Ein Zwischenfall, der auf einem anderen Flughafen ohne Tote abgeht, könnte hier z.B. einen Störfall bei der Ticona auslösen. - Das Kriterium "nur Unfälle außerhalb des Flughafenzauns" ist nicht korrekt.
Der Ort eines Unfalls wird relativ zur Landeschwelle angegeben. Der Abstand des Zauns von der Landeschwelle ist aber überall unterschiedlich. - Vergleichbare Flughäfen wurden nach ungeeigneten Kriterien ausgewählt.
Nicht berücksichtigt wurden Witterung, Anteil der Frachtflüge und Positionierungsflüge, Anteil der Flugzeuge aus Ländern mit geringeren Sicherheitsstandards, Umgebung des Flughafens, spezifisches Vogelschlagrisiko. - Die Absturzwahrscheinlichkeit ist zu niedrig angenommen
Die im Fraport-Gutachten verwendete Absturzwahrscheinlichkeit ist viel niedriger als die von vergleichbaren Gutachten (NLR, NATS, DOE) - bis zu einem Faktor 5. Auch der TÜV Pfalz geht in einem Gutachten für das Wirtschaftsministerium von einer doppelt so hohen Absturzrate aus. Insgesamt muss (nach NATS-Gutachten) etwa alle 33 Jahre mit einem Absturz bei Anflug von Osten und alle 100 Jahre mit einem Anflug von Westen gerechnet werden, insgesamt mit einem Absturz pro 25 Jahre. - Im Gutachten wird versucht, das Risiko "schön zu rechnen".
Zum Beispiel werden 100% Präzisionsanflüge vorausgesetzt (andere Gutachten: 89%). Präzisionsanflüge bringen an Flughäfen mit ILS (Instrumentenlandessystem) keinen Zuwachs an Sicherheit, da Nicht-Präzisionsanflüge dort nur bei guter Sicht gestattet sind und dann kein höheres Risiko haben, nur bei schlechtem Wetter ist die Absturzwahrscheinlichkeit ohne ILS höher. - Die Kriterien für Absturzrate und Absturzverteilung sind inkonsistent.
Bei der Berechnung der Absturzrate wurden Unfälle auf dem Flughafengelände nicht berücksichtigt (von 30 Unfällen an den Referenzflughäfen waren 16 auf dem Flughafengelände, 3 weiter weg und nur 11 blieben übrig). Bei der Berechnung der (räumlichen) Absturzverteilung wurden aber auch Unfälle auf dem Flughafengelände einbezogen. Die (geringere) Zahl der berücksichtigten Unfälle (die außerhalb des Zauns stattfanden) wurden also auf den ganzen berechneten Absturzbereich verteilt. Von den 11 betrachteten Abstürzen sind nach dieser Berechnung nur 4,5 außerhalb des Flughafenzauns gewesen. Durch diesen handwerklichen Fehler werden Abstürze nach "innerhalb" des Flughafens verlagert und das externe Risiko wird kleiner. - Die laterale Verteilung der Absturzorte ist statistisch schlecht abgesichert.
Die Annahmen der Gutachter zum seitlichen Abstand der Absturzstellen von der Anfluggrundlinie sind sehr unterschiedlich. Eventuell wird der seitliche Abstand im Gegensatz zum Abstand von der Landeschwelle oft nicht oder nicht genau abgegeben. Aus Vorsorgegründen hätte man die breitere Verteilung annehmen müssen. - Fläche mit 100% Mortalität zu klein
Die im Gutachten angenommene Fläche, auf der alle Menschen bei einem Absturz getötet werden, ist zu klein. Auch die Zahl der möglichen "nur" Verletzten müsste untersucht werden
Ab hier musste die Präsentation wegen Zeitmangels stark gekürzt werden. Das von der GfL berechnete Gruppenrisiko liege über den in anderen Ländern üblichen Grenzwerten, zeigte Fuld. Dabei sind viele mögliche Unfallfolgen noch gar nicht oder nicht korrekt berücksichtigt worden, z.B. auf den Fernbahnhof, die ICE-Strecke und die Regionalbahn, das Airrail-Center, die Hotels am Flughafen, die nahen Autobahnen und Straßen, Waldstadion und Wäldchestaggelände. Wenn man alle Unsicherheiten der GfL-Betrachtung einbezieht und den jeweils ungünstigsten Fall annimmt, wäre das Risiko um den Faktor 14 größer. Damit würde die Risiko-Kurve auch die Canwey-Grenze überschreiten. Fuld interpretierte dann die GfL-Zahlen: Danach muss etwa alle 8000 Jahre mit einem Absturz mit 100 unbeteiligten betroffenen Getöteten gerechnet werden. Unter Einbeziehung des genannten Faktors 14 passiert dies sogar alle 580 Jahre. Die Störfallkommission hält bereits eine Wahrscheinlichkeit eines solchen Absturzes alle 25000 Jahre für nicht akzeptabel. Weiterhin wies Fuld darauf hin, dass das neue Umspannwerk in einem Bereich mit hohem Absturzrisiko liegt und bei einem Absturz darauf die Stromversorgung gefährdet wäre.
Einzelheiten können Sie der Original-Präsentation von Herrn Fuld entnehmen:
- Risiken des Frankfurter Flughafens
Vortrag von Dr. Fuld (PDF, 2,8 MB)
Privateinwender-Nachmittag
Um 15:30 Uhr begann dann der verkürzte Nachmittag für die Privateinwender, der vorrangig von Einwenderinnen und Einwendern aus Flörsheim bestritten wurde.
Glaube an Wirtschaft einzige Religion
Zunächst sprach ein Einwender für einen Verein, der Besitzer eines Künstlerhauses in Niederrad ist. Wenn die Landebahn gebaut würde, könnte man in den Künstlerhäusern wegen des Fluglärms nicht mehr kreativ arbeiten. Das Geld für die Häuser sei mühsam zusammengespart worden, durch den Ausbau würden Arbeits- und Wohnplätze vernichtet. Der Einwender beklagte, heute gebe es nur noch eine Religion, nämlich den Glauben an die Wirtschaft. Diese würden Gesundheit und Lebensqualität der Bürger geopfert werden. Dabei könnten Wirtschaft und andere Werte, z.B. die Kultur, durchaus nebeneinander existieren. Er appellierte an RP und Fraport, dies zu berücksichtigen - wohl wissend, dass es ziemlich sinnlos sei.
Noch mehr Kosten durch Risiko
Herr Paulitsch addierte weitere Millionen auf die von ihm ermittelten Kosten des Flughafenausbaus. Zunächst beschwerte er sich über die Äußerungen von MP Koch im FAZ-Interview, das Verfahren hier würde zur Wahrheitsfindung nichts beitragen. Dieser Rundumschlag richte sich gegen alle im Saal und es sollten sich alle dagegen wehren, meinte er. Er jedenfalls strapaziere hier Zeit und Nerven, um der Wahrheit näher zu kommen. Allerdings sei die Wahrheitsfindung tatsächlich noch nicht weit fortgeschritten: auf viele seiner wirtschaftlichen Fragen habe er noch keine Antwort bekommen. Wenn die Unterlagen vollständig wären und Fraport antworten würde, könnte die Erörterung viel schneller gehen. "Entweder hat Koch schlechte Berater, oder aber er hat sich so festgefahren, dass er nicht mehr anders kann", meinte Paulitsch. Dann trug er vor, man müsse die externen Kosten für das Absturzrisiko dem Ausbauprojekt zurechnen. Er rechnete am Beispiel des schlimmsten möglichen Falles - dem Absturz eines vollbesetzten A380 - vor, man müsse für diesen Fall mit 2,5 - 3 Milliarden Euro an Kosten rechnen (Personenschäden und das Flugzeug). Wahrscheinlich könne Fraport die Versicherungsprämie dafür ( ca. 100 Millionen im Jahr) gar nicht bezahlen.
Keine Rücksicht auf Flörsheimer Kinder
Danach kam eine Gruppe von Einwenderinnen und Einwendern aus Flörsheim zu Wort, darunter viele Mitglieder der Initiative "Kinder gegen Fluglärm". Nach 5 vergeblichen Anläufen, wie sie berichteten, hatten Sie es an diesem Tag endlich geschafft, weit genug vorn auf der Rednerliste zu stehen. Als erstes sprach Frau Schäfer von der Initiative "Kinder gegen Fluglärm". Sie beschwerte sich zunächst über die Probleme, bei der Erörterung zu Wort zu kommen. Erörterungstage an verschiedenen Orten, samstags oder spät abends würden es den Bürgern leichter machen, an der Erörterung teilzunehmen: "Flugzeuge fliegen schließlich auch nachts". Sie äußerte Zweifel am Sinn der Erörterung - viele Mitbürger würden das auch so sehen. Doch wenn die Bürger nicht wenigstens versuchen würden, für ihre Rechte einzutreten, würde es sonst niemand tun. Die Einwenderin kritisierte auch Formalitäten wie die erhöhte Position von Fraport und RP im Saal, die viele Teilnehmer störe. Solche Kleinigkeiten seien leicht zu ändern, aber es fehle offenbar der Wille dazu.
Die Flörsheimer würden vom Fluglärm gestört, dies verursache ständigen Stress und schade der Lebensqualität und der Gesundheit, beschwerte sie sich. Die Menschen könnten aus finanziellen Gründen oder wegen sozialer Bindungen nicht einfach wegziehen. Wahrscheinlich hätte des RP keine Vorstellung davon, wie laut es nach dem Ausbau in Flörsheim sein würde.
Es werde keine Rücksicht auf die Kinder genommen, beklagte die Flörsheimerin. Fluglärm verursache bei Kindern Konzentrationsstörungen und sprachliche Defizite, und sie könnten nicht schlafen. Um den Lärm wenigstens halbwegs ertragen zu können, müsste man viele Einschränkungen in Kauf nehmen, wie die Fenster geschlossen halten oder die Rede unterbrechen. Kinder brauchten zu einer gesunden Entwicklung aber die Möglichkeit, draußen zu spielen, das Einsperren hinter Schallschutzfenstern sei keine Lösung. "Die Betroffenen haben schon viel zu lange geschwiegen, schon jetzt sind die Belastungsgrenzen überschritten. Der Lärm muss reduziert werden. Nicht die Fraport, sondern unsere Kinder sind die Zukunft", sagte die Einwenderin unter dem Beifall der Zuhörer. Mit dem Ausbau drohe nicht nur mehr Lärm, sondern auch höhere Schadstoffbelastung. Wertvoller Bannwald werde abgeholzt, die Kompensationsmaßnahmen an weit entfernten Orten würden den Menschen hier nichts bringen. Die Gefahr eines Flugzeugabsturzes werde erhöht. Besonders Kinder hätten Angst bei niedrigen Überflügen und Angst davor, dass einmal ein Flugzeug abstürzt. "Was muss noch passieren, damit endlich von diesem idiotischen Vorhaben Abstand genommen wird", fragte sie zum Schluss. "Werden die Gerichte entscheiden? Die Argumente der Experten finden jedenfalls nur einseitig Gehör, auf dem anderen Ohr gibt es schon einen Hörschaden". Das RP kommentierte, alle genannten Punkte seien schon erörtert worden, die Anhörungsbehörde und die Planfeststellungsbehörde würden sie würdigen und berücksichtigen.
Lärmprobleme an Flörsheimer Schulen
Als nächstes sprach eine Flörsheimer Gymnasiastin stellvertretend für die Kinder in Flörsheim. Sie beklagte sich über erhebliche Störungen des Unterrichts in ihrer Schule durch Fluglärm, auch noch bei geschlossenen Fenstern. Schallschutzfenster hätte die Schule nicht. Sie fragte Fraport nach den konkreten Schallpegeln an ihrer Schule. Auf dem Fraport-Podium startete daraufhin Herr Lurz, der dort ziemlich einsam die Stellung hielt, das bekannte Lärmberechnungsprogramm, dass die Lärmwerte straßengenau ausgeben kann - allerdings nur nach Fraport-Kriterien und nach Fraport-Methode gemittelt - und gab nach längerem Suchen die Antwort: 55-56 dB(A) tagsüber, nachts weniger als 1 Schallereignis über 71 dB(A). Sie gehe nicht nachts in die Schule, gab die Schülerin zu bedenken. Die Spitzenwerte am Tag hatte Fraport nicht dabei, aber sie würden nicht anders sein als in der Nacht, meinte Herr Lurz. Nach dem Ausbau würden sich die Werte kaum verändern, sagte er weiter, nachdem er die Lärmwerte für den Ausbaufall herausgesucht hatte. Das liege wohl daran, dass es zwar mehr Landungen gebe, aber dafür die Nordwestabflüge wegfallen würden.
Lärmberechnung: Wie im alten und neuen Fluglärmgesetz
Auf hartnäckige Fragen der gut vorbereiteten Schülerin, wie Fraport denn die Lärmwerte berechnet habe, erklärte Lurz: "Wie im alten und neuen (!!)Fluglärmgesetz, mit Realverteilung und Sigmaregelung". Schülerin: "Aber bei Ostwind ist es doch lauter!" Lurz antwortete: "Ach so, sie meinen die 100/100-Regelung. Die halten wir für falsch" und setzte erneut zu einer längeren akademischen Erklärung an. Unter den anwesenden Einwendern im Saal brach angesichts der Äußerungen der Fraport Unmut aus. Ein genervter Einwender aus Mainz rief dazwischen, es gebe Spitzenwerte bis zu 90 dB(A) und davon würden die Schüler gestört. Die Schülerin erklärte klar und deutlich, wenn ein Flugzeug sie überfliege und sie störe, nütze der Durchschnittswert überhaupt nichts. Bei jedem Lüften des Klassenraumes (Lüften in der Pause reiche nicht aus) müsste der Unterricht unterbrochen werden. Sie beantragte eine Studie über die Wirkung von Fluglärm in Klassenräumen. Es sollten mehr Betroffene gehört werden, meinte sie. In Flörsheim seien fast alle Schüler gegen den Ausbau, wüssten aber nicht, was sie machen könnten.
Eklat: Sitzungsleiter wirft Einwender raus
Sie könne sich absolut nicht vorstellen, dass der Lärm beim Ausbau gleich bleiben würde, fuhr die junge Einwenderin fort. Schulgebäude müssten auch außerhalb der Kernzone wenigstens Lärmschutzfenster bekommen. In Flörsheim gebe es auch viele Kindergärten, die auch vom Lärm betroffen werden. Ob es richtig sei, dass Fraport meine, die Kinder sollten vor allem drinnen bei geschlossenen Fenstern betreut werden? Herr Lurz begann einen längeren Vortrag über die Berücksichtigung "schutzbedürftiger Einrichtungen", antwortete aber erst nicht auf die Frage nach der Kinderbetreuung. Schließlich gab er zu, Fraport gehe davon aus, dass es zumutbar sei, in Kindergärten die Fenster geschlossen zu halten. Die Unruhe im Saal nahm zu. Dem Mainzer Einwender, der vorher die 90 db(A) Spitzenwert eingeworfen hatte, sprang auf und äußerte lautstark seinen Unmut: "Hört auf solchen Unsinn zu erzählen! Es reicht! Hier geht es um Kinder, um unsere Zukunft!" Darauf sah Sitzungsleiter Bach ebenfalls rot und verkündete, der Einwender werde für eine Woche von der Erörterung ausgeschlossen. Offensichtlich wollte er aus nichtigem Grund ein Exempel statuieren, um die Einwender zur Ruhe zu bringen. Es kam aber erst ein einmal keiner, um den Einwender aus dem Saal zu tragen.
Flörsheimer Jugend gegen Ausbau
Die Schülerin fuhr fort, sie habe zwar nur die Hälfte von dem verstanden, was Herr Lurz gesagt habe, aber die Kinder sollten drinnen betreut werden, das habe sie begriffen. Fluglärm habe sie auch außerhalb der Schule schon immer gestört. Bekannte von ihr würden über Schlafstörungen durch Fluglärm klagen, wie es denn mit dem Nachtflugverbot aussehe? Fraport versuchte, die Nachtflugbeschränkungen zu erklären. Auf die Frage, ob man hier von auch von Durchschnittswerten ausgehe, antwortete man "Gemischt. Maximalpegel und Dauerschallpegel". Deutlich zu sagen, dass man auch die erlaubte Zahl der nächtlichen Störereignisse über ein halbes Jahr mitteln will, traute man sich bei Fraport dann wohl doch nicht. Auf die Frage, ob sich die Investition in den Ausbau überhaupt noch lohne, weil das Öl bald alle sei, antwortete nur noch das RP: man habe eine neue Luftverkehrsprognose vorgeschlagen.
Die Schülerin schloss ihren Vortrag mit der Aussage, die Jugend in Flörsheim sei gegen den Ausbau. Es sei schon jetzt viel zu laut, und nach dem Ausbau würde es noch schlimmer, da die Flugzeuge dann in Flörsheim tiefer fliegen würden. Von Durchschnittswerten halte sie überhaupt nichts: "der Lärm stört, wenn das Flugzeug drüber fliegt".
Nicht aus der Heimat vertreiben lassen
Danach wurde von einer zweiten Schülerin eine Stellungnahme einer abwesenden Flörsheimer Einwenderin verlesen. Diese sagte, sie lebe seit über 40 Jahren in Flörsheim und habe viel Geld in die Renovierung ihres Elternhauses gesteckt. Durch die menschenverachtenden Ausbaupläne würden die Flörsheimer aus ihrer Heimat vertrieben werden. Ihr Mann sei Handwerker und an seinen lokalen Kundenstamm im Ort gebunden, deshalb könne die Familie nicht einfach wegziehen. Der Wert ihres Hauses sei schon jetzt um 20% gemindert. Es gebe weniger Mieteinnahmen und deswegen könne die Familie auch weniger Geld ausgeben, was wiederum negative Auswirkungen auf andere Arbeitsplätze habe. Den Kindern könne man bei einem Ausbau keine Zukunft bieten. Die beste kinderfreundliche Infrastruktur nütze angesichts des drohenden Lärms nichts. Kinder von Besuchern würden sich wegen des Fluglärms die Ohren zuhalten - bei Überflügen, die sie selbst noch nicht einmal als besonders laut empfinden würde. "Warum werden die Bewohner von Flörsheim nicht von Fraport evakuiert, vielleicht spendet das Ausland Zelte für uns?" spottete sie. Sie spreche stellvertretend für alle Familien, die sich nicht aus ihrem Heimatort vertreiben lassen wollten.
Eine weitere Flörsheimer Einwenderin beschwerte sich zunächst über die Erörterung: sie spüre hier eine abwertende Haltung gegenüber den Bürgern. Sie beschwerte sich über die Überwachung von Ausbaugegnern, z.B. bei der Limes-Aktion, dies sei nicht mit einem demokratischen Staat vereinbar. Lärm und Luftverschmutzung seien schon jetzt unerträglich. Besonders die Kinder seien davon betroffen, sie könnten sich dem Lärm nicht entziehen. Die Schadstoffbelastung vermindere die Lebensqualität, viele Kinder litten unter Asthma. Für die Ausübung ihres Berufes brauche sie stille und Ruhe, sagte die Einwenderin, wenn der Lärm noch schlimmer würde, müsste sie wohl alles im Stich lassen und wegziehen. Doch sie könnte es sich nicht leisten, noch einmal ein neues Haus zu kaufen, wenn man das alte gar nicht oder nur weit unter Wert verkaufen könne. Sie wies dann auf Studien hin, in denen nachgewiesen wird, dass Fluglärm bei Kindern zu Lern- und Konzentrationsstörungen führt. Doch die Münchner Studie sei wegen Geldmangel nicht weiter geführt worden, beschwerte sie sich. Sie forderte eine Untersuchung der Wirkung des Lärms auf ältere Leute, die oft schlechter hören oder Hörgeräte tragen, diese hätten besondere Probleme. "Eine menschenwürdige Abwägung kann nur zur Ablehnung der Ausbaupläne führen", schloss sie ihre Rede.
Fraport hat Friedenspflicht aufgekündigt
Der nächste Einwender, ebenfalls aus Flörsheim, dankte zunächst den anderen Einwendern und vor allem deren Anwälten für ihren Einsatz. ER schilderte die Schwierigkeiten, die eine Familie mit einem kranken Kind durch den Fluglärm hat - gerade wenn das Kind mal eingeschlafen ist, kommt wieder ein Flugzeug. Kinder, Alte, Kranke und Schichtarbeiter müssten auch ausschlafen können, meinte er. Selbst wenn es ein Nachtflugverbot gebe, würden diese Bevölkerungsgruppen tagsüber vom Fluglärm am schlafen gehindert. Im Regionalpark solle man ein Denkmal für die wegen Fluglärms erkrankten Menschen bauen, schlug er vor. Er sei Lehrer und habe wegen des Lärms Probleme beim Unterricht, er werde dauernd von Überflügen unterbrochen. "Mit der Zeit wachsen Wut, Hass und Verzweiflung, und das ist keine gute Grundlage für das Wahrnehmen der demokratischen Rechte", meinte der Einwender.
Er sei 24 Jahre lang in einem Bezirks-Naturschutzbeirat tätig gewesen, beschwerte er sich, jetzt würde dieser Beirat durch die Landesregierung aufgelöst, ebenso wie die Beiräte in Gießen und Kassel. Der Beirat habe sich immer gegen den Ausbau gewandt. Er habe die Ausweisung des Bannwaldes fachlich begleitet, damals seien am Ende alle mit der Regelung zufrieden gewesen. Alle seien in dem naiven Glauben gewesen, dass der Bannwald unantastbar sei. Jetzt habe Fraport die Friedenspflicht aufgekündigt. "Koch und die Fraport AG wollen unseren Kindern eine historische Last aufbürden, wir wollten unseren Kindern eine heilere Welt hinterlassen", meinte er.
Er sei auch Vertreter einer großen Zahl von Mietern in Flörsheim, fuhr der Einwender fort. Diese seien verbittert darüber, dass Fraport sie aus ihrer Heimat vertreiben wolle: "Diese Menschen wollen nicht so leiden wie die Menschen in Raunheim, aber sie können auch nicht weg". Er kenne viele Beamte im Regierungspräsidium, die den Mut gehabt hätten, dem Ausbau zu widersprechen. Und er gab dem Podium mit. "Und handeln sollt ihr so, als hänge die Gesundheit der Fluglärmbetroffenen von Euch ab." Sitzungsleiter Bach benutzte die Gelegenheit, auch diesen Einwender wegen vorheriger Zwischenrufe zu verwarnen, sonst müsse er ihn auch ausschließen. "Tolles Dankeswort für das Lob ans RP", freute sich der Einwender. Bach: „Wenn wir mutig sind, dann gegen beide Seiten.“
Kraniche in Mainz
Ein Einwender aus Mainz fragte nach dem Vogelschlagrisiko im weiteren Umkreis des Flughafens. Er habe schon einen Kranichschwarm über Mainz gesehen, die erst etwa 500m hoch geflogen seien und dann minutenlang an einer Stelle gekreist und sich in die Höhe geschraubt habe, bevor er weitergeflogen sei. Dies sei eine Gefahr für die anfliegenden Flugzeuge. Da kein Experte von Fraport mehr da war, antwortete Herr Petri, die Kraniche würden in einem breiten Band über Hessen ziehen und den Flughafen in 300-600m überfliegen. Der Flugbetrieb würde gelegentlich etwas gestört. Der Einwender stellte den Antrag, das Risiko durch Vogelschlag auch im Gebiet von Rheinhessen zu untersuchen und nicht nur im Nahbereich des Flughafens. Die Anflugrouten bei Ostwind würden bekannte Vogelzugrouten kreuzen. Naturschutzgebiete, z.B. die Rheinauen, würden durch die Gegenanflüge überflogen. Zumindest die Kraniche würden dabei auch in der Höhe der Flugzeuge fliegen. In Richtung der Fraport sagte der Einwender, wenn Fraport die Probleme der Menschen wirklich verstanden hätte, würde man nicht auf den Ausbauplänen bestehen. Es sei eine Frechheit, dass hier erst die halbe Region auftreten müsse, um den Vorstellungen der Fraport zu widersprechen. Das RP sagte dazu, das Gebiet um Mainz sei bezüglich des Vogelschlags nicht untersucht worden, man werde sich darum kümmern.
CASA - ein schlechtes Geschäft
Eine weitere Einwenderin aus Flörsheim berichtete, ihr Haus falle unter das CASA-Programm der Fraport. Die Familie wohne seit 1927 dort. Die Kinder würden das Haus gerne ausbauen, um mehr Platz zu haben, man würde das aber angesichts der drohenden Überflüge in 235 Meter Höhe nicht riskieren. Sie nannte den aktuellen Wert des Hauses: würde Fraport denn diese Summe zahlen, wenn sie das Haus aufkaufen würden? Fraport sagte dazu, ein vereidigter Sachverständiger würde das Haus schätzen, mehr könne man im Moment nicht sagen. Die Einwenderin beschwerte sich, laut Aussagen eines Maklers sei das Haus nahezu unverkäuflich. Auch die Vermietung sei nur weit unter dem normalen Preis möglich. Dabei sage Fraport, der Wert der Immobilien würde durch den Ausbau steigen. Wegziehen könne man daher nicht, es sei denn, man sei Millionär. "Würden Sie Ihr Grundstück, das ihre Heimat ist, zu einem Spottpreis verscherbeln?" fragte die Einwenderin. "So kann man nicht mit den Menschen umgehen und sich gleichzeitig als Wohltäter der Region darstellen".
Was passiert, wenn ein Pilot nicht vorschriftsmäßig fliegt?
Noch ein Einwender aus Flörsheim beklagte sich über den Fluglärm. Nachts zwischen 1 und 4 Uhr würden trotz Verbots noch Flugzeuge landen. Bei Notfällen sei dies in Ordnung, aber meist würde der Notfall nur als Ausrede gebraucht. Er könne nur noch mit Ohropax schlafen. Schuld sei der Planfeststellungsbeschluss von 1971, der keine Begrenzungen für den Lärm festgelegt habe. Die Politiker hätten die Bürger belogen, anstatt sie vor den Belastungen zu schützen: "Die Politik macht nur noch Gesetze, um die Grundrechte der Bürger auszuhöhlen". Zum Schutz der Bevölkerung müsse der Antrag der Fraport abgelehnt werden. Der Einwender fragte dann, ob Verstöße gegen die Flugvorschriften (z.B. große Abweichungen von der Flugroute) durch Piloten auch verfolgt würden. Die DFS antwortete, man stelle Daten und Flugspuren zur Klärung des Vorfalls zur Verfügung, das Luftfahrtbundesamt entscheide und leite gegebenenfalls ein Bußgeldverfahren ein. Fraport sagte, man könne die "Servicestelle für Nachbarschaftsanfragen anrufen, um einen Verstoß zu melden. Sei der Vorwurf begründet, würde der Fluglärmschutzbeauftragte den Vorfall prüfen und beim Luftfahrtbundesamt ein Verfahren in Gang setzen. Für den Piloten könne es ein Bußgeld oder arbeitsrechtliche Konsequenzen geben. Eine Statistik über Verstöße gibt es laut Fraport nicht.
Ein weiterer Einwender fragte wegen des so genannten "WM-Terminals", dass zur Fussballweltmeisterschaft eingerichtet werden solle, um zusätzliche Passagiere abzufertigen. Fraport sagte dazu, dies sei noch nicht entschieden, man sehe aber keinen Grund dagegen. Der Einwender meinte, während der Weltmeisterschaft habe er nichts gegen den Betrieb, es solle aber keine unbeschränkte Nutzung dieses Provisoriums geben.
Bußgeldkatalog für Zwischenrufe?
Damit war es fast 19 Uhr. Ein Einwender aus Offenbach fragte Sitzungsleiter Bach nach Kriterien für einen Ausschluss wegen Zwischenrufen . Er wolle auch manchmal Zwischenrufe machen und wolle sein Verhalten nach einer solchen Liste planen. Bach antwortete, das entscheide er nach Situation. Bisher habe man das nicht gemacht, aber heute sei die Störung doch sehr heftig gewesen. Rechtsanwalt Fislake, der einzige verbliebene Anwalt, fragte, ab wann die Ausschlussfrist zu laufen beginne. Bach meinte ab Montag, der betroffene Einwender sei deshalb auch noch da. Dieser entschuldigte sich dafür, dass er ausgeflippt sei, aber das ignorante Verhalten des Fraport-Vertreters habe ihn völlig aus der Fassung gebracht. Dieser habe auf einfache Fragen der Schülerin mit minutenlangem Geschwafel geantwortet. Fraport müsse die Einwender, die ihre Probleme vortragen würden, auch ernst nehmen.
Bach meinte gönnerhaft, er sei ja nicht nachtragend. Nach der nächsten Woche dürfe der Einwender wieder teilnehmen. Er sagte dann sinngemäss, dass der Ausschluss ein abschreckendes Beispiel sein solle, damit alle die sich zu Wort gemeldet haben auch reden können. [Diese Idee nützt allerdings nur der Fraport - bei anderen gibt es keine Zwischenrufe]. Der Einwender meinte, Erziehung brauche er in seinem Alter nicht mehr. Er sah sein Recht als Einwender durch die Strafmaßnahme unverhältnismäßig eingeschränkt.
Sprüche des Tages:
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"Nicht die Fraport, sondern unsere Kinder sind die Zukunft".
Einwenderin zu den Wirkungen der Ausbaupläne auf Kinder - "Die Politik macht nur noch Gesetze, um die Grundrechte der Bürger auszuhöhlen".
Einwender zur Politik, die den Bürger nicht vor den Folgen eines Ausbaus schützt - "Koch und die Fraport AG wollen unseren Kindern eine historische Last aufbürden, wir wollten unseren Kindern eine heilere Welt hinterlassen"
Einwender zum Ausbau
PFV Landebahn Nordwest Erörterungstermin Regierungspräsidium Darmstadt