Die Verteilung winziger Staubpartikel misst das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) seit einem Jahr in Schwanheim und Raunheim. Jetzt gibt es weitere Messungen und den Verdacht, dass ein Teil des Ultrafeinstaubs vom Flughafen kommt. Wie gefährlich ist er? Im Interview gibt die Wissenschaftlerin Dr. Diana Rose Antworten.
Frau Dr. Rose, Sie befassen sich mit Staubteilchen, die kleiner als 100 Nanometer sind. Die können durch die Lunge direkt ins Blut gelangen und stehen in Verdacht, diverse Krankheiten zu begünstigen. Wie gefährlich ist dieser Ultrafeinstaub?
Toxikologische Studien weisen darauf hin, dass Ultrafeinstaub potentiell gesundheitsgefährdend ist. Eine umfassende Beurteilung zur gesundheitlichen Wirkung der ultrafeinen Partikel kann jedoch nur anhand von epidemiologischen Studien erfolgen. In diesen Studien wird über einen langen Zeitraum unter realen Umweltbedingungen untersucht, ob bestimmte Krankheiten bei Menschen mit stärkerer Schadstoffexposition gehäuft auftreten. Leider gibt es aktuell nur sehr wenige solcher Studien, die die Wirkung von Ultrafeinstaub untersuchen, was hauptsächlich daran liegt, dass es bisher nicht ausreichend langfristige Messungen von Ultrafeinstaub gibt.
In Schwanheim fanden Sie pro Kubikzentimeter Luft im Schnitt 8900 Staubteilchen zwischen zehn und 500 Nanometern Größe. Mehr als woanders. Die könnten vom Flughafen kommen, vermuten Sie. Warum?
Die in Schwanheim gemessenen Konzentrationen an ultrafeinen Partikeln weisen eine starke Windrichtungsabhängigkeit und einen sehr markanten Tagesgang auf. Sobald der Wind tagsüber aus Richtung des Flughafens weht, steigt die Konzentration im Mittel auf das Sechsfache gegenüber anderen Windrichtungen an. Kommt der Wind während der Nachtstunden aus Richtung Flughafen, sind die Partikelkonzentrationen jedoch nicht signifikant höher als bei Wind aus anderen Richtungen. Weht der Wind ganztägig aus Richtung Flughafen, kann man einen sehr starken Anstieg der Konzentration morgens etwa um fünf Uhr und einen raschen Abfall um etwa 23 Uhr beobachten. Dies stimmt mit der hauptsächlichen Betriebszeit des Flughafens auffällig gut überein. Anders als bei straßenverkehrsbezogenen Messstellen unterscheidet sich dieser Tagesgang auch nicht zwischen dem an Werktagen und dem an Wochenenden.
Der Ultrafeinstaub stammt wohl aus dem Bodenbetrieb des Flughafens, schreiben Sie gemeinsam mit Professor Dr. Stefan Jacobi im Bericht des HLNUG. Meinen Sie damit die Tanklastwagen, die Schlepper und Busse auf dem Flugfeld? Oder eher die Flugzeugmotoren?
Unsere bisherigen Messungen weisen darauf hin, dass die erhöhten Konzentrationen an Ultrafeinstaub vom Betrieb des Flughafens als Ganzes herrühren. Das beinhaltet zum einen den Kfz-Verkehr am Boden, aber natürlich auch den gesamten Flugzeugbetrieb – zum Beispiel Abfertigung, Rollen, Landungen, Starts. Dass die besonders kleinen Partikel von 10 bis 30 Nanometer Größe in so großer Zahl auftreten, spricht dafür, dass die Flugzeuge sicherlich den Hauptbeitrag dazu leisten.
Es braucht also weitere Messungen, um die Gefährlichkeit des Ultrafeinstaubs und seine Herkunft genau zu klären?
Stimmt. Wir haben zusätzlich eine mobile Messstation bereits Anfang August in Betrieb genommen. Sie steht auf einem Parkplatz der Fraport AG genau zwischen dem Flughafengelände und der A3. Wir erhoffen uns damit, den Effekt der stark befahrenen Autobahn auf die Ultrafeinstaubbelastung besser von dem des Flughafens unterscheiden zu können. Die Messungen werden wir einige Monate durchführen, bevor wir einen neuen Standort auswählen. Außerdem werden wir demnächst noch zwei Partikelzähler in Frankfurt-Sachsenhausen betreiben.
In der Region gibt es viele stark befahrene Straßen und Autobahnen. Braucht es dort nicht weitere Messstationen, um herauszufinden, wo und in welchen Mengen der ultrafeine Staub entsteht?
Unbedingt, wobei auch zeitlich befristete Messungen an wechselnden Orten interessant sind. Genau aus diesem Grund wird das HLNUG seine Messungen weiter ausbauen. Wir wollen versuchen, einen Gesamteindruck über die Belastungssituation im Rhein-Main-Gebiet zu bekommen. Ziel ist es, abschätzen zu können, welchen Beitrag einzelne Quellen wie der Flughafen, Autoverkehr, die Industrie und so weiter zur Konzentration ultrafeiner Partikel liefern. Dies wird natürlich einige Jahre in Anspruch nehmen. Die Daten sollen auch nutzbar für epidemiologische Studien gemacht werden. Mit diesen können dann die Gesundheitseffekte besser untersucht werden.
Sollten also weitere Städte und Gemeinden Messgeräte kaufen und aufstellen?
Das wäre nicht zielführend. Die Messgeräte sind erstens sehr teuer und zweitens nicht ohne fundiertes Fachwissen zu betreiben. Ich habe Verständnis dafür, dass Bürger auch immer gern wissen möchten, wie die Lage speziell an ihrem eigenen Wohnort ist, andererseits muss man auch einsehen, dass nie überall gemessen werden kann. Ich kann nur betonen, dass das HLNUG sein Bestes tut, um das Thema Ultrafeinstaub im Rhein-Main-Gebiet so genau wie möglich zu untersuchen.
Wann, glauben Sie, gibt es belastbare Erkenntnisse über das Ausmaß und die Gefährlichkeit ultrafeiner Stäube in Rhein-Main?
Es wird einige Jahre dauern, bis man ausreichend Messdaten gesammelt hat, mit denen man konkrete Aussagen über die Belastungssituation mit Ultrafeinstaub treffen kann. Wir stehen da leider noch am Anfang. Bis man auch Aussagen über die gesundheitlichen Wirkungen machen kann, wird es zusätzlich noch Jahre dauern.
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