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Erörterungstermin - Bericht vom 27.10.2005
Prognosegrundlagen - Belegung und Planung der Flugrouten, Ticona
Von: @cf <2005-10-27>

Am Donnerstag, den 27.10.2005, wurde weiter Punkt 4.2 (Betriebliche Grundlagen und Bezugszeitraum für Auswirkungsprognosen) besprochen.
Die Diskussion drehte sich um vor allem um technische Fragen, wie Festlegung und Belegung von Flugrouten. Rechtsanwalt Schröder brachte in einem brillianten Vortrag alle Forderungen der Einwender bezüglich der Prognosegrundlagen - vor allem der Flugrouten - auf den Punkt.

Nordabflüge und die Ticona

Fragen der von Seiten der Vertreter des Chemiewerks Ticona gaben Anlass zu einer längeren Diskussion über Festlegung und Belegung von Flugrouten bei den Ausbauplanungen. Rechtsanwalt Sellner und Experten der Ticona schilderten die aktuelle und geplante Betroffenheit des Werks durch Überflüge auf der "Nordabflugroute" bei Westbetriebsrichtung. (-> Karte der Flugrouten)

Die Ticona wird derzeit bei Betriebsrichtung West von etwa 56000 startenden Flugzeugen (pro Jahr) überflogen, dabei fliegen die Flugzeuge direkt über den störfallgefährdeten Produktionsbereich. Ticona hat deshalb eine Klage beim VGH Kassel erhoben, um eine Verlegung der gefährlichen Flugrouten zu erreichen. Im Prognose-Nullfall (kein Ausbau, 2015) sieht die Prognose der Fraport etwa eine Halbierung der Überflüge über das Werk vor, die andere Hälfte wird auf der heutigen "Tabum-Nacht"-Flugroute um südlich um das Werk herumgeführt. Im Ausbaufall soll die jetzige Nordabflugroute fast gar nicht mehr benutzt werden (nur noch 1,6% aller Starts), alle anderen Abflüge von den Parallelbahnen in Richtung Westen sollen dann die südliche Umfliegung ("Südabflüge") nutzen. Legt man dagegen die "optimierte Version" der ZRM-Simulation mit 660 000 Flugbewegungen zu Grunde (hier gibt es noch die klassischen Nordabflüge auf der heutigen Route), gibt es etwa 28000 Überflüge durch startende Flugzeuge (entspricht etwa 12%). Bei 900 000 Flugbewegungen wären es sogar 94 000. Das Absturzrisiko würde dadurch natürlich enorm ansteigen. Dazu kommen im Ausbaufall natürlich noch die Landungen auf der Nordwestbahn bei Ostbetriebsrichtung, die hier nicht betrachtet wurden, aber natürlich zum Gesamt-Absturzrisiko beitragen.

[Anmerkung der Redaktion: Ministerpräsident Koch will das Werk notfalls enteignen, wenn es wegen des Absturzrisikos der Nordwestbahn im Wege steht. Die Ticona hat also allen Grund, das Überflugproblem sehr ernst zu nehmen! Umfassende Informationen zu den Vorgängen rund um die Ticona Frage "Risiko Ticona" finden Sie im Beitrag "Risiko Ticona: die aktuelle Situation und die Zukunft des Werks".]

Rechtsanwalt Sellner berichtete, die DFS habe der Ticona vor etwas mehr als zwei Jahren die Auskunft erteilt, die Vermeidung der Überflüge über das Werk durch Benutzung der Südumfliegung sei technisch nicht machbar, man müsste weiterhin mit etwa 10% aller Starts über das Werk rechnen. Jetzt sei auf einmal nur noch von besagten 1,6% die Rede. Es dränge sich die Annahme auf, dass hier zur Minimierung der Differenz zwischen aktuellem Risiko und Risiko im Ausbaufall ein Betriebsmodell gewählt worden sei, dass nicht optimal sei und später bald geändert werden könnte. Die TAAM-Simulation der DFS, die Grundlage der Prognose von Fraport ist, könne man nicht nachvollziehen.

Sellner stellte die sehr naheliegende Frage, warum eine Flugführung, die jetzt angeblich nicht möglich ist, im Ausbaufall plötzlich realisierbar sein soll und auch im Prognose-Nullfall zumindest noch für die Hälfte der Starts Richtung Norden realisiert werden soll. Außerdem wollte er wissen, ob bei der Planung der Flugrouten die Sicherheit der Ticona im Sinn der Seveso-II-Richtlinie berücksichtigt worden sei.

Fraport: Abflüge nicht schöngerechnet

Herr Kraft von der Deutschen Flugsicherung (DFS) (jetzt als "Träger öffentlicher Belange" anwesend) erläuterte:

  • Die Flugrouten wurden von der DFS auf im Flugweg liegende Hindernisse geprüft, eine Prüfung nach der Seveso-II-Richtlinie sei rechtlich nicht vorgesehen und nicht erfolgt. Dies sei schon lange bekannt.
  • Die Simulation der DFS habe ergeben, dass der Betrieb im Ausbaufall mit den angenommenen Flugrouten machbar sei. Die 1,6% Nordabflüge würden sich aus den einzuhaltenden Staffelungsabständen ergeben. Flugzeuge könnten nur dann nach Norden starten, wenn auf der Nordwestbahn für einige Minuten nicht gelandet würde; das käme selten vor, deshalb seien es nur 1,6%. Die Simulation stelle einen typischen Spitzentag dar (1950 Flugbewegungen).

Fraport bestritt vehement, die Zahl der Nordabflüge wegen "Schönrechnung" des Risikos oder anderer Auswirkungen so klein geplant zu haben. Die Südabflüge seien nötig wegen des Fehlanflugverfahrens auf der Nordwestbahn (wenn ein Flugzeug bei Landung aus Richtung Osten her "durchstarten" muss, könnte es mit einem startenden Flugzeug auf der Nordabflugroute in Konflikt geraten). Im Prognose-Nullfall könne man die Zahl der Flüge auf der Nordabflugroute halbieren, indem man die Startbahn West mehr nutzt. Darauf Ticona: "Warum tun Sie das nicht schon jetzt, dann wären Sie das Ticona-Problem los!". Da fiel Fraport nichts ein.

Im Anschluss ergab sich eine längere Diskussion, ob nicht an Tagen, die weniger ausgelastet sind als der typische Spitzentag, mehr Lücken zwischen Landungen auf der Nordwestbahn entstehen würden, die man für zusätzliche Nordabflüge nutzen könnte. Wenn es zeitweise mehr Nordabflüge gebe, müsse dass z.B. bei der Lärmprognose eingehen. Fraport meinte dazu, man könne die Zahl der Nordabflüge vielleicht ein wenig steigern (bis maximal 2%), aber nicht auf 10%. Auch die Festlegung der Flugroutenbelegung war Gegenstand der Diskussion. Es ergab sich, das die DFS die Flugrouten, die Fraport das DES geliefert hat (DES= "Datenerfassungssystem", gibt die Belegung der Flugrouten an und wird aus dem Planungsflugplan gewonnen). Mit der Simulation habe die DFS untersucht, ob der aus Flugrouten der DFS und Flugroutenbelegung von Fraport bestehende Betriebszustand funktioniert - nicht mehr und nicht weniger.

Planung und Belegung der Flugrouten

Zur Planung der Flugrouten für den Ausbaufall sagte die DFS, man habe bei der Planung für die notwendige Anbindung der neuen Landebahn in das bestehende Netz gesorgt und ansonsten die Flugrouten soweit möglich gelassen, wie sie jetzt sind. Der jetzige Zustand gelte als "abgestimmt", weil mit der Fluglärmkommission besprochen. Nur im Fall der Abflüge Richtung Westen habe man wegen der oben genannten Gründe größere Änderungen vornehmen müssen.

Zur Flugroutenbelegung erläuterte die DFS, die Flugroutenbelegung würde in der Praxis von "Flight Dispatchern" bestimmt, die bei den Fluggesellschaften angesiedelt sind. Die Flight Dispatcher planen die Flüge (Zeiten, Flugrouten, Start- bzw. Landebahnen) und reichen die Pläne einige Stunden vorher bei der DFS zur Genehmigung ein (theoretisch entscheiden die Piloten, wo sie fliegen und starten/landen wollen, aber praktisch wird diese Ausgabe von den Flight Dispatchern übernommen). Die DFS koordiniert die Wünsche und greift ein, wenn die Planungen verschiedener Flugzeugbesatzungen sich in die Quere kommen oder z.B. Verspätungen auslösen würden. Dann würden manchmal auch andere Bahnen oder Routen zugewiesen. Dies könnten die Fluglotsen auch kurzfristig machen, abhängig vom Betriebszustand. Noch wenn das Flugzeug am Startbahnkopf stehe, könne entschieden werden, ob es rechts oder links herum fliegt. Eine andere Bahnbelegung sei denkbar, der Ablauf sei aber Summe der Einzelereignisse, und ein generell anderes Ergebnis sei unwahrscheinlich. Wie oft von Dispatchern eingereichte Pläne geändert würden, wusste die DFS adhoc nicht, die Information soll aber beschafft werden.

Klassischer Nordabflug oder teurer Umweg?

Auf die Frage, was die DFS denn mache, wenn alle Piloten nach Norden fliegen wollten, weil das kürzer und billiger ist, meinte die DFS, wenn die Flugpläne sich machen liessen, würden sie auch genehmigt, wenn nicht würde man schon mal sagen, "du kannst hier fliegen, aber erst in 2 Stunden". Als Bedingung, dass ein Flugzeug nach Norden fliegen kann, nannte Herr Amann: ein Flugzeug muss gerade auf der Nordwestbahn gelandet sein, das nächste noch 7 Meilen entfernt sein, ein startendes Flugzeug müsste gerade startbereit dastehen und nach Norden fliegen wollen. Wenn in seltenen Fällen eine solche Konstellation herrsche, könne die Nordroute adhoc zugewiesen werden.

Von einem Piloten war zu erfahren, dass die Piloten immer die wirtschaftlichste Route nehmen, die möglich ist. Rechtsanwalt Baumann meinte, es fehle ein Gutachten, in dem untersucht wird, wie nachher in der Tat geflogen werde. Da die Route nach Norden aus wirtschaftlichen Gründen besser wäre als der Umweg über den Süden, habe er die "fast unwiderlegbare Vermutung", das in der Praxis mehr Nordabflüge stattfinden würden als prognostiziert. Herr Faulenbach da Costa bestätigte diese Überlegungen. Der südliche Umweg koste eine halbe Tonne Sprit, die Fluggesellschaften würden das nicht mögen. Die Südumfliegung sei eine schlechtere Situation als heute. Fraport habe die Flugrouten unter opportunistischen Gesichtspunkten gewählt, um das Risiko und die Kosten für Lärmschutz minimieren. Später werde man das Fehlanflugverfahren ändern und wieder nach Norden fliegen.

Das Fehlanflug-Verfahren

Diskutiert wurde auch die Ursache der Nordabflugrouten-Problematik: die Fehlanflugregelung für die Nordwestbahn. Würde man beim Durchstarten schneller nach rechts abdrehen als jetzt vorgesehen, gäbe es keine Konflikte mit Nordabflügen. Die DFS erläuterte das jetzt vorgesehene Verfahren: man geht davon aus, dass ein Flugzeug bei schlechtem Wetter ziemlich weit hinten auf der Bahn kurz aufsetzt und dann wieder steigt, und zwar sehr langsam. Wenn es 120m Flughöhe erreicht hat, kann es nach rechts abdrehen. Dies sei von ICAO so vorgeschrieben.

Herr Anton, ehemaliger Lufthansa-Pilot, meinte man könne bei 120m Mindesthöhe schon in der Mitte der Bahn abdrehen. Die ICAO-Annahme, dass ein Flugzeug am Ende der Bahn aufsetzt, müsse man nicht einhalten, hier gelte deutsches Recht - die Amerikaner würden sich auch nicht daran halten. Dann könnte man ein vernünftigeres Fehlanflugverfahren einführen. Fraport lehnte solche Möglichkeiten ab. Die DFS hat nach ihrer Aussage andere Möglichkeiten des Fehlanflugverfahrens ebensowenig geprüft wie andere Flugroutenbelegungen. Rechtsanwalt Schröder sprach hier von einer "bedauerlichen Engführung der Gedanken" bei der DFS, schließlich sei die DFS Träger öffentlicher Belange.

Einige Fragen, keine Antwort

Rechtsanwalt Schröder machte danach eine provokative Rechnung auf: Wenn es an 30 Tagen im Jahr mehr als 1950 Flugbewegungen/tag gäbe, müsste es, um auf den Durchschnitt von 1800 zu kommen, mindestens 30 Tage mit weniger als 1650 Bewegungen geben. Das wären 92 pro Stunde, dies könne der Flughafen schon jetzt, mit drei Bahnen. An solchen Tagen könnte man also die Nordwestbahn sperren und fliegen wie bisher, das gelte auch zur Nachtzeit.
Herr Amann (Fraport) meinte dazu leicht resigniert: "Wenn die Rechnung von Herrn Schröder funktioniert, können wir hier alle nach Hause gehen. Die Rechnung ist nicht falsch, aber sie trägt nicht ins Ziel" [die Argumentation wurde dem Autor nicht klar]. Es gebe zwar einige Stunden am Tag, wo man häufiger nach Norden fliegen könnte, aber dafür auch andere, wo es gar nicht ginge.

Auf die Frage, wie weit die Startbahn West jetzt ausgelastet sei, gab es keine Antwort von Fraport, mit der man etwas anfangen könnte. Herr Amann verwies auf B11, Kap. 2 Planunterlagen. Zur Frage, warum es heute nicht mehr "Südabflüge" gebe, meinte Herr Amann, "für den Nullfall sehen wir Dinge vor, die es heute noch nicht gibt, die aber dann da sein werden". Näheres wollte er später liefern. Brauchbare Informationen gab es an diesem Tag dazu nicht.

Nochmal Prognosehorizont

Rechtsanwältin Fridrich führte aus, Fraport mache eine Prognose von 2000-2015, gehe also auch von 15 Jahren aus. Es würden aber nicht alle Daten für das Ausgangsjahr 2000 auch wirklich aus dem Jahr 2000 stammen, so seien die Flugrouten vom Jahr 2002. Daraus ergebe sich ein inkonsistenter Zustand. Der Zustand "Ist 2000" sei eher ein "Ist-2003". Wenn sich seit 2000 nichts geändert habe, sei "Ist-2000" = "Ist-2004". Dann müsste die Prognose aber bis 2019 gehen. Sie forderte einheitliche Basis- und Prognosezeitpunkte für die Umweltauswirkungen.

Herr Gaentzsch meinte dazu, beim Lärm ginge man gar nicht vom Zeitraum aus, sondern von der Zahl der Flugbewegungen. Es sei nicht von Bedeutung, wenn es 2015 noch keine 657000 Flugbewegungen gebe. Bei materiellen Grundlagen sei der Zeitpunkt der Planfeststellung maßgeblich, der stehe noch nicht fest

.

Auf eine Frage des RP, ob Fraport auch sich abzeichnende Entwicklungen zum Beispiel bei Grenzwerten berücksichtigt habe, sagte Herr Amann, was schon konkret bekannt gewesen sei, habe man einbezogen, alles andere nicht (z.B. ein mögliches neues Fluglärmgesetz). Herr Lurz (Fraport) ergänzte, wenn Grenzwerte z.B. bei den Luftschadstoffen überschritten würden, hieße das nicht, dass Fraport betroffen sei. So habe das Land Hessen jetzt einen Luftreinhalteplan erstellt, von dem der Flughafen nicht betroffen sei. Das Fluglärmgesetz sei schon ewig lange versucht worden, jetzt müsse man neu damit anfangen, man könnte es daher nicht berücksichtigen. Frau Fridrich wies darauf hin, dass es nicht nur das deutsche Parlament, sondern auch EU-Richtlinien gebe. Es müsse auch beachtet werden, dass bei den Luftschadstoffen die Emissionen des Flughafens zunehmen würden. Fraport profitiere vom Rückgang der Schadstoffe in anderen Bereichen wie dem Straßenverkehr, nur dadurch würden insgesamt die Grenzwerte nicht überschritten.

Die Forderungen von Rechtsanwalt Schröder

Unbestrittener Höhepunkt dieses sonst eher trockenen Tages war die Rede von Rechtsanwalt Schröder. Mit plakativen Beispielen und messerscharfer Ironie fasste er die Forderungen der Einwender an die Auswirkungsprognose zusammen - so weitgehend wie noch keiner vorher, vor allem was die Flugrouten betrifft. Doch genau diese Forderungen sind es, die aus dem Urteil des VGH Kassel folgen. Wir versuchen, den Vortrag als Ganzes sinngemäß wiederzugeben.

  • Prognosezeitraum: " Es gibt jetzt ein UVP-Gesetz. Die Frage, wann eine Auswirkung eintritt, ist irrelevant. Im Gesetz gibt es keine zeitliche Beschränkung der Auswirkungsprognose. Wenn sich nach der zeitlichen Grenze der Prognose noch Auswirkungen ergeben, ist die Prognose rechtswidrig. Es ist nur von Interesse, welche Auswirkungen mit dem Vorhaben verbunden sind".
  • Zur Kapazität: "Dass die Maximalkapazität am Flughafen Frankfurt erreicht wird, ist realistischerweise zu erwarten." Warum?

    1. Es kommt auf den Charakter des Flughafenbetreibers an! Das ist hier anders als in den älteren Urteilen zu Straßen und sogar Flughäfen. Früher waren solche Infrastrukturvorhaben vom Staat getragen. In den Institutionen saßen Beamte, die sich auch wirklich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlten - anders als ein Kaufmann, der seien Reibach im Auge hat oder dessen Gehalt vom Reibach und vom Aktienkurs abhängt. Es kann schon sein, dass man Straßen mit einem Puffer geplant hat. Haben Sie schon mal gehört, dass ein Straßenbaulastträger monatlich mit Begeisterung verkündet: "wir haben schon wieder 100 000 Autos mehr durch unsere Straße geschleust?" Suchen Sie mal mit Google nach Fraport: Fraport ist eine AG und verhält sich wie eine AG, die im Wettbewerb steht, Aktienkurs, monatliche Erfolgsmeldungen für die Aktionäre ... Haben Sie schon mal gesehen, dass die Analysten sagen: "im letzten Monat lief der Verkehr auf der A66 wieder hervorragend, nur auf der A61 war es ein bisschen mau?"
    Überlegungen, die man früher für öffentliche Verkehrsinfrastrukturprojekte angestellt hat, gelten heute nicht mehr, heute hat man es mit einem Kaufmann zu tun. Der Wille der Fraport AG ist es, ihre Investition zu amortisieren. Wenn Bender das nicht tut, würde er von Aktionären wegen Untreue angeklagt. Dagegen hat er zwar eine Rechtsschutzversicherung, aber ob die das bezahlt, ist unklar ... Fraport muss die Anlage ausnutzen. Nur hier im Erörterungstermin verhält sich Frankfurt wie eine Behörde, die den Eindruck erweckt,eine Infrastruktur-Investition nur im öffentlichen Interesse zu machen - das ist Stoff für ein Buch, wie ich schon lange keins mehr gelesen habe.

    2. Für gewerbliche Anlagen gilt das BImschG. Fraport ist ein gewerblicher Betrieb, und zwar ein aggressiver (bei Aquisition von Flugbewegungen). Selbst für relativ undynamische Einrichtungen wie Schrottpressen oder Bauschuttrecycling (auch im öffentlichen Interesse) gilt der Grundsatz, sich beeinträchtigende Nutzungen angemessen zu trennen. Zugrundegelegt bei der Abschätzung der Wirkungen wird die "typische nicht auszuschließende Nutzung". Bei der Nutzung des Flughafens geht es um 4 Bahnen, die nach dem technischen Stand genutzt werden. Neue technische Möglichkeiten sind in Entwicklung. In München wird ein Wirbelschleppen-Radar getestet, das bringt 20% mehr Kapazität. 900 000 Flugbewegungen sind konservativ. Bei einer funktionsgerechten Nutzung der Anlage sind 900 000 Bewegungen nicht auszuschließen und wahrscheinlich! Fügt sich das Vorhaben etwa strukturell in den Raum ein? Warum geht man gerade mit diesem Vorhaben, dass weitreichende schlimme Auswirkungen hat, milder um als mit anderen Gewerbetreibenden? Die Maximalkapazität muss als Grundlage genommen werden.

  • Prognose-Nullfall:
    Der Prognose-Nullfall ist auch ein Planungsfall. Selbst der IST-Zustand ist bei Fraport ein synthetischer Zustand, Flugrouten aus späteren Zeiten sind mit eingemischt. Der Auswirkungsfall ist mit dem IST-Zustand zu vergleichen, und zwar mit einem echten Ist-Zustand. Nehmen wir mal an, wir haben das "Vorhaben", jemand täglich eine kleine Dosis Gift zu verabreichen, in der Absicht, dass er nach 10 Jahren stirbt. Nach 10 Jahren stirbt er auch tatsächlich. Es ist doch nicht zulässig, zu sagen, unser Vorhaben macht nichts, der Mann wäre doch sowieso gestorben! Die Auswirkungen sind mit dem richtigen Ist-Zustand zu vergleichen. Sie sagen, wir vergleichen die Auswirkungen unseres Planungsfalls mit einem Fall, an dem sie selbst - um in der Analogie unseres "Vorhabens" zu bleiben" - als Täter mitgewirkt haben. Was Sie in den Nullfall einstellen, hängt vollkommen von Ihnen ab!
  • Flugrouten:
    Flugrouten sind eine schillernde Figur. Im Planfeststellungsbeschluss von 1971 steht die Auflage, dass bei den Flugverfahren dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung so weit wie möglich Rechnung getragen werden soll. Wir führen eine Flugroutenklage für Mainz. Wir haben bei der Akteneinsicht keinerlei Spur der Erfüllung Ihrer Rechtspflicht gefunden. Dieser Verwaltungsakt gilt, und zwar für Sie! Sie sagen, sie haben die Flugrouten von der DFS bekommen, und die DFS hat ja den Nimbus der Unfehlbarkeit. Haben Sie jemals versucht, ihre Pflicht aus dem PFB 1971 zu erfüllen? Ich weiß, dass ist eine rhetorische Frage.

    Die Flugrouten müssen in die Prognosegrundlagen integriert werden. Flugrouten haben ein äußerst flüchtiges Wesen. In den letzten 2 1/2 Jahren gab es 13 Änderungen an den Flugrouten. Die Mainzer haben 2001 eine neue Flugroute "geschenkt bekommen" (früher Gogas, heute Masir), die geht direkt über die Mainzer Altstadt. Von einem Tag auf den anderen gab es dort Fluglärm. Diese Flugroute bringt dort 12 Dezibel mehr Lärm.
    Flugrouten werden gemacht vom LBA [Luftfahrtbundesamt]. Doch das LBA ist an die Linien auf unseren Karten nicht gebunden. Solange der Verkehr flüssig und sicher abgewickelt wird, kann das LBA die Flugrouten ändern, wann und wie es will. Und das soll dann die zentrale Säule unserer Auswirkungsprognose sein??
    Die hier vorgelegten Flugrouten sind ein Flugbetriebssystem unter 100 möglichen Flugbetriebssystemen. Warum sollte gerade die hier vorgelegte Variante Grundlage der Auswirkungsprognose sein? Es ist zu bestimmen, was realistischerweise möglich ist. Mit den Zwangspunkten des Flughafens muss der Korridor möglicher Flugrouten gezeichnet werden, dann muss der Mix an Flugbewegungen darauf gelegt werden, der für die Einwender am schlimmsten ist.
  • Urteil des VGH Kassel:
    Schon die Kläger im Jahr 1971 haben gesagt, es wird viel schlimmer werden. Hinterher erweist sich dieser zutreffende Vortrag dann als Nagel am Sarg des Rechtsschutzes ... Jemand wohnt 20 Jahre in der Mainzer Altstadt ohne Fluglärm, und plötzlich im Jahr 2001 hat er 12 db(A) mehr. Wenn er jetzt nachträglichen Rechtsschutz begehrt, sagt das Gericht, "alle wissen doch dass Flugrouten jederzeit geändert werden können, um wer in 40 km Umkreis vom Flughafen wohnt, muss jederzeit damit rechnen, Fluglärm zu bekommen". Er muss damit leben. Deshalb ist in die Auswirkungsprognose alles einzustellen, was an Flugbewegungen möglich und machbar ist. Es ist ausgeschlossen, dass die Flugrouten in 2015 noch so sind wie heute in den Unterlagen. Das LBA sagt, Flugrouten gelten nicht absolut, Fluglotsen können immer davon abweichen. Es ist zu untersuchen: wie werden statistisch die Fluglotsen die Flugzeuge lotsen! Denn das ist die Ursache des Lärms. Flugrouten haben nur schwachen Bindungscharakter, Fluglotsen können sich darüber hinwegsetzen. Die möglichen Korridore sind zu untersuchen und der Auswirkungsprognose zugrunde zu legen.

Schröder schloss seinen Vortrag mit den Worten: "Ihre Planung ist nicht nur am seidenen Faden, sie ist eigentlich schon abgestürzt". Fraport wollte zum Vortrag nichts sagen.

Gutachten technischen Kapazität?

Rechtsanwalt Schmitz stelle den Antrag, die technische Kapazität durch einen neutralen vom Land Hessen bestellten Gutachter ermitteln zu lassen. Die Lärmberechnungen sollen dann aufgrund der technischen Kapazität erfolgen. Als Begründung führte Schmitz an, die Behörde habe für eine umfassende Ermittlung der Auswirkungen zu sorgen. Die vorgelegte Bedarfsprognose sei nicht ausreichend. Der Kapazitätseckwert als Durchschnittswert würde nicht genügen, es müssten auch extreme Betriebssituationen betrachtet werden. Das Luftverkehrsgesetz lässt den Betrieb bis zur technischen Kapazität zu, es könne hier davon ausgegangen werden, dass die technische Kapazität von Fraport auch genutzt werde. Fraport könnte auch Überkapazitäten füllen wegen der Hubfunktion und einfach, weil man der größte sei. Das aktuelle Verfahren sei nicht vergleichbar mit Egelsbach oder Hannover, auch die Auswirkungen seien viel größer. Vielmehr sei der Frankfurter Flughafen in Deutschland einmalig. Aus diesen Gründe müsse unbedingt die technische Kapazität als Grundlage genommen werden. Der Aufwand sei für den Vorhabensträger nur wenig größer.

Rechtsanwalt Baumann schloss sich diesem Antrag an. Er forderte ebenso wie Rechtsanwalt Schröder, die Berücksichtigung aller möglichen Flugrouten. Jeder in der Region könne betroffen sein.

Sprüche des Tages:

  • "Ihre Planung ist nicht nur am seidenen Faden, sie ist eigentlich schon abgestürzt".
    Rechtsanwalt Schröder zu Fraport


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