Für die Landesverbände Hessen und Rheinland-Pfalz des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist die Diskussion um ein Flughafensystem "Hahn - Frankfurt/M." Augenwischerei. Sie werfen ihren Landesregierungen die Täuschung der Bevölkerung vor. Tatsächlich berücksichtigt die Fraport AG bis 2015 keine schnelle Schienenverbindung zwischen den beiden Flughäfen beim Ausbau der Flughäfen Hahn und Frankfurt, so dass derzeit eine Diskussion ohne Grundlage geführt wird. "Die Transrapid-Theoretiker sind entlarvt", stellt Heide Weidemann vom BUND Rheinland-Pfalz fest. Angesichts einer Fahrzeit von über 1,5 Stunden von Frankfurt zum Hahn gegenüber knapp 60 Minuten nach Köln wird sich in der Praxis die Kooperation zwischen Köln und Frankfurt verstärken. "Und dies ohne eine Verlagerung von Nachtflügen nach Köln", prophezeit BUND-Vorstandssprecher Walter Raiß aus Hessen.
Die Landesregierungen von Hessen und Rheinland-Pfalz sind nach Meinung des BUND beim Flughafensystem eine unselige Zweckkoalition eingegangen. Während die Hessen mit der Option "Nachflugverlagerung zum Hahn" die Diskussion um ein Scheitern der neuen Landebahn in Frankfurt verhindern wollen, hofft die Mainzer Landesregierung, dass die Zustimmung zum Ausbau des Frankfurter Flughafens auch die Investitionsbereitschaft der Fraport zum weiteren Ausbau des Fraport-Flughafens in Hahn stärkt. Dabei werden Fakten derzeit bewusst ignoriert.
Grundlage für ein funktionierendes Flughafensystem Hahn - Frankfurt/M ist eine schnelle Schienenverbindung zwischen Hahn und Frankfurt/M. Denn nur so könnten die Fluggäste zwischen den beiden Flughäfen wechseln und den Ballungsraum Rhein-Main überhaupt erreichen. Aus Konkurrenzgründen zur bestehenden ICE-Verbindung Frankfurt-Köln müsste eine Bahn-Reisezeit von weniger als 60 Minuten erreicht werden. Aus diesem Grund hatten die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, und Hessen, Roland Koch, Anfang Mai 2002 bereits für Mitte diesen Jahres ein Gutachten zur Realisierung einer Transrapid-Strecke vom Frankfurter Flughafen nach Hahn angekündigt. Bis heute folgte der Ankündigung jedoch kein Gutachten. Tatsächlich fehlt eine ICE- oder Transrapid-Verbindung sogar in den aktuellen Planungen der Fraport. Weder im Raumordnungsverfahren zur Erweiterung in Frankfurt noch im derzeit offenliegenden Raumordnungsverfahren zur Verlängerung der Start- und Landebahn in Hahn gibt es für den Planungszeitraum bis 2015 auch nur einen Hinweis auf eine schnelle Schienenverbindung. "Die Fakten sprechen eine andere Sprache als die Regierungen", fasst Heide Weidemann, Landesvorsitzende vom BUND Rheinland-Pfalz, den Sachstand zusammen.
Für den BUND fehlt es außerdem an der rechtlichen Basis für ein Flughafensystem, da die beiden Flughäfen mit über 100 km Entfernung viel zu weit auseinanderliegen. Flughafensysteme wurden von der EU-Kommission bisher in neun Fällen akzeptiert. Allerdings liegen die beteiligten Flughäfen vom gemeinsamen zentralen Wirtschaftszentrum nur etwa 50 km entfernt. Die Gegenthese der Fraport AG, dass es weniger auf die Entfernung als vielmehr auf "die tatsächliche Verkehrsfunktion" ankomme, überzeugt den BUND nicht. "Niemand kann ernsthaft behaupten, dass der Flughafen Hahn für den Wirtschaftsraum Rhein-Main oder für die Entwicklung des Frankfurter Flughafens eine wichtige Verkehrsbedeutung hat", meint Walter Raiß vom BUND Hessen.
Für die hessische Landesregierung würde die öffentliche Debatte um den Flughafenausbau in Frankfurt sehr schwer, wenn die Möglichkeit eines Flughafensystems Hahn- Frankfurt wegfällt. Denn unter Juristen gilt die Bildung des Flughafensystems und die Verlagerung der Nachtflüge zum Hahn als zwingende Voraussetzung zur Realisierung des versprochenen Nachtflugverbots von 23.00 bis 5.00 Uhr. Ohne diese Option müsste die Landesregierung kurz vor der Landtagswahl im Februar des nächsten Jahres Fragen nach einem möglichen Scheitern des Flughafenausbaus beantworten. "Und nichts fürchtet Ministerpräsentiert Roland Koch wohl mehr als den Spagat zwischen dem Vorwurf der 'Nachtflug-Lüge' und dem 'Nein zum Flughafenausbau' ", vermutet der hessische BUNDvorstandssprecher Walter Raiß.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz nutzt die Diskussion um das Flughafensystem derzeit, um zahlreiche Straßenverkehrsprojekte, die man schon vorher und mit anderen Begründungen forderte, nun zu einem Paket mit dem Flughafenausbau zusammenzuschnüren. Alles, was irgendwie auch der Anbindung von Hahn dient, wird in den Zusammenhang mit dem Flughafenausbau und dem Flughafensystem gestellt. Mainz hofft, dass der Ausbau des Frankfurter Flughafens bundespolitisch solche Wellen schlagen wird, dass seine alten Straßenbauwünsche im Kielwasser des Flughafenausbaus in Frankfurt abgesichert werden. Aktuellstes Beispiel ist der vierspurige Ausbau der B 50 und der B 50 neu mit dem juristisch sehr gefährdeten Hochmoselübergang an der Mittelmosel. Hinzu kommt der Bau einer vierspurigen Rheinbrücke westlich von Mainz und Wiesbaden. Weitere Projekte sind der Ausbau der A 61 bis Rheinböllen, der Hunsrückhöhenstraße B 327 oder der B 41 im Nahetal.
Gerade die Rheinbrücke ist für den BUND besonders problematisch, da sie das bedeutendste und international anerkannte Wasservogelschutzgebiet am Mittelrhein quert und eindeutig zu Lasten des hessischen Rheingau gehen wird. "Durch die geforderte Rheinbrücke droht nun sogar der weltbekannten Rheingauer Weinbaulandschaft die Zerstörung durch den Flughafenausbau in Frankfurt", befürchtet BUNDvorstandsprecher Walter Raiß.
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