Schlechte Nachricht: der Bundestag hat am 27. Oktober das "Infrastruktur-Beschleunigungsgesetz" beschlossen. Das Ziel: Planfeststellungsverfahren zu größeren Bauprojekten, auch Ausbauvorhaben für Flughäfen, sollen schneller durchgezogen werden können als bisher. . Das geschieht im wesentlichen durch die Einschränkung der Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und der Naturschutzverbände. So sollen Erörterungstermine künftig entfallen können, bei einer Klage gegen Planfeststellungsbeschlüsse gibt es nur noch eine einzige Instanz - das Bundesverwaltungsgericht. Für Betriebsgenehmigungen von Flughäfen gilt künftig automatisch Sofortvollzug. Raumordnungsverfahren werden praktisch ins Belieben der Länder gestellt. Mehr siehe anhängende Pressemitteilung.
Für Ostdeutschland galten schon länger ähnliche Regelungen. Auf Betreiben vor allem von Ministerpräsident Koch wurden diese jetzt bundesweit umgesetzt.
Siehe auch:
- Roland Koch fordert Vereinfachung und Beschleunigung von Großprojekten
Entwurf der Posch-Kommission: weniger Naturschutz, weniger Einspruchsmöglichkeiten
Das Gesetz wird den Bundesrat mit Sicherheit passieren und soll noch dieses Jahr in Kraft treten. Auch die Planfeststellung für den geplanten Flughafenausbau Frankfurt ist davon betroffen.
Einige Politiker der Grünen kritisierten, Verfahrensmängel - insbesondere die Ignoranz gegenüber Bürger- und Umweltinteressen - seien der Grund für Verzögerungen und Klagen, nicht die Einbeziehungsmöglichkeiten von Betroffenen und Naturschutzverbänden.
Pressmitteilung des Verkehrsministeriums:
Tiefensee: Schnelle und unbürokratische Planungszeiten stärken den Standort Deutschland
Gesetz zur schnelleren Infrastrukturplanung beschlossen
27. Oktober 2006, Nr.: 349/2006
Die Planungszeit für große Infrastrukturvorhaben wird in Zukunft durchschnittlich um zweieinhalb Jahre kürzer sein. Dies wird insbesondere durch Verfahrenserleichterungen und einen verkürzten Rechtsweg bei ausgewählten Verkehrsprojekten erreicht. Der Deutsche Bundestag hat heute in 2./3. Lesung dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben" mit breiter Mehrheit zugestimmt. Die neuen Regelungen sollen noch in diesem Jahr in Kraft treten.
"Die Bundesregierung hält Wort," so Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee. "Das neue Gesetz ist Entbürokratisierung und Beschleunigung zugleich. Das Gesetzespaket löst das bisher überwiegend für Ostdeutschland geltende "Verkehrswegebeschleunigungsgesetz" ab. Das Gesetz hat sich vorbildlich in Ostdeutschland bewährt und soll nun bundesweit mit weiteren Verbesserungen Infrastrukturplanungen entscheidend erleichtern. Schnelle und unbürokratische Planungsverfahren bei Infrastrukturvorhaben stärken den Standort Deutschland mit allen positiven Auswirkungen für Wachstum und Beschäftigung. Bund und Länder haben bei diesem Vorhaben äußerst konstruktiv zusammen gearbeitet."
Der Bundesrat muss in den kommenden Wochen abschließend über das Gesetzesvorhaben abstimmen.
Die wichtigsten Regelungen des Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes:
- Für im Gesetz ausdrücklich benannte Verkehrsprojekte ist ausschließlich das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig. Dieser beschleunigte Rechtsweg gilt für Projekte zur Deutschen Einheit, Hinterlandanbindungen der deutschen Seehäfen, Vorhaben mit internationalem Bezug (EU-Erweiterung) und Vorhaben, die gravierende Verkehrsengpässe beseitigen sollen.
- Auch für Naturschutz- und Umweltschutzvereinigungen gilt künftig eine Beteiligungsfrist. So müssen auch sie ihre Stellungnahmen innerhalb von zwei Wochen nach Ende der einmonatigen Auslegungsfrist vorbringen (sog. Präklusion).
- Die gesetzliche Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (vorübergehende Markierungen, Vermessungen etc.) wird für Grundstückseigentümer ausgeweitet. Dies erleichtert die Auftragsvergabe.
- Das Gesetz sieht wesentliche Ermittlungserleichterungen im Fall ortsabwesender Grundeigentümer vor. Künftig reicht die Prüfung von Grundbuch und Grundsteuertabelle. Zeitraubende weitere Ermittlungsmaßnahmen sind nicht mehr erforderlich.
- Es gilt eine einheitliche Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen (10 Jahre + 5 Jahre Verlängerungsmöglichkeit auf Antrag).
- Eingeführt wird der gesetzliche Sofortvollzug für die Betriebsgenehmigung bei den Verkehrsflughäfen und bei Planfeststellungsbeschlüssen von besonders wichtigen Wasserstraßenprojekten.
- Raumordnungsverfahren werden künftig durch Landesrecht geregelt.
- Die Durchführung eines Erörterungstermins wird ins pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt.
- Im Fernstraßenausbaugesetz wird die so genannte Ökostern-Regelung für die Dringlichkeitsstufen des Vordringlichen Bedarfs (VB) und des Weiteren Bedarfs (WB) praxistauglich gestaltet (d.h. Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Rechtsbehelfsbelehrung werden beseitigt).
- Eine Benachrichtigung von Natur- und Umweltschutzvereinigungen über die Auslegung der Planunterlagen erfolgt über die ortsübliche Bekanntmachung, d.h. ein besonderes Anschreiben erfolgt nicht mehr.
Falls jemand noch Hoffnung gehabt haben sollte, die Interessen der Anwohner der Flughäfen auf Lärmschutz würden vielleicht wenigstens in Zukunft besser berücksichtigt: hier noch eine Pressemitteilung des Verkehrsministeriums zur Jahrestagung der ADV. Hervorhebungen von der Redaktion. Siehe auch unseren Beitrag zum Lobbyismus.
Pressemitteilung BMVBS vom: 27. Oktober 2006, Nr.: 350/06
Hennerkes: Luftverkehr begleitet uns in die Zukunft
Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV)
"Die Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrs, gesehen im europäischen und internationalen Kontext, hängt wesentlich von einem bedarfsgerechten Ausbau der Flughäfen ab. Um Fehlentwicklungen zu vermeiden, die dem gesamten Flughafensystem schaden, erarbeitet der Bund derzeit ein neues Flughafenkonzept", sagte Jörg Hennerkes, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium heute auf der ADV - Jahrestagung in Hamburg.
Die Bundesregierung sieht in der Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland eine zentrale Aufgabe. Die Sicherstellung wettbewerbsfähiger luftverkehrlicher Anbindungen in alle Welt, auch unter Beachtung umweltrelevanter Auswirkungen des Luftverkehrs bleibt Anliegen und Ziel.
Dabei geht es auch um ein gedeihliches und einvernehmliches Miteinander von Flughäfen und Umland.
"Im neuen Flughafenkonzept 2007 werde ich mich dafür einsetzen, dass wir letztendlich die Rahmenbedingungen in Deutschland auch für die Luftverkehrsindustrie deutlich optimieren", so Hennerkes. So sollten auch neue Technologien zur Steigerung der Kapazitäten der Start -und Landebahnsysteme noch besser genutzt werden. "Der künftige Ausbau oder Umbau von Flughäfen muss sich an den tatsächlichen Nachfragen orientieren", sagte Hennerkes.
Ein Beitrag zur Erläuterung, wie Bundeskanzlerin Merkel den Luftverkehr sieht (viel Spass!):
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