Gemeinsam aktiv: Groß-Geraus Landrat Enno Siehr (li.) und Wolfgang Ehle vom Bündnis der Bürgerinitiativen auf dem Hessentag in Dietzenbach. |
Inzwischen ist es ernst: Knapp fünf Jahre, nachdem Lufthansa-Chef Jürgen Weber 1997 den Bau einer neuen Bahn für den Frankfurter Flughafen forderte, beginnt das Genehmigungsverfahren. Politische Diskussionen, Landtagsbeschlüsse, das Mediationsverfahren und das Regionale Dialogforum - all dies tritt nun zurück. Im Rechtsstaat gilt nur, was genehmigt wird und vor Gericht besteht. Dabei kam schon so manches Großvorhaben ins Straucheln. So kann es auch diesmal sein.
Bei der Auseinandersetzung um den Bau der Startbahn 18-West kämpfte die Region gegen die Waldzerstörung. Heute ist die Sachlage noch bedrückender: Über 20 Kommunen in der Boom-Region Rhein-Main fürchten das Ende ihrer Stadtentwicklung, die Gesundheit tausender Menschen ist bedroht. Wer glaubt, nichts ausrichten zu können und auf den vergeblichen Protest gegen die Startbahn West verweist, liegt falsch. Die Genehmigung für die Startbahn 18-West erfolgte schon 1971, doch es vergingen fast zehn Jahre, bis der Protest begann. Heute ist die Gegenwehr bereits aufgestellt, bevor das Verfahren beginnt. In der Allianz "Zukunft Rhein-Main - Aktion gegen Flughafenausbau" haben sich 22 Kreise, Städte und Gemeinden, über 60 Bürgerinitiativen sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland zusammengeschlossen.
Das gemeinsame Handeln eröffnet im Genehmigungsverfahren und in den anschliessenden Prozessen Chancen, die bei der Startbahn West nicht bestanden. Zu unterscheiden sind allerdings verschiedene Stufen des Genehmigungsverfahrens, die hier kurz vorgestellt werden.
1. Nur was im Genehmigungsverfahren aktenkundig wird, ist Grundlage der Entscheidung. Dies gilt für die Fraport ebenso wie für die Betroffenen. Alle Gutachten und Beschlüsse der Mediation und des Landtags kommen jetzt auf den Prüfstand.
2. Das Genehmigungsverfahren gliedert sich in zwei Schritte, von denen der erste, das nun beginnende Raumordnungsverfahren (ROV), behördenintern ist und sich mit den "öffentlichen Belangen" beschäftigt. Der zweite Schritt, das Planfeststellungsverfahren, umfasst dagegen auch die "privaten Belange". Es endet mit der Genehmigung oder Ablehnung des geplanten Landebahnbaus.
Raumordnungsverfahren, Planfeststellung, Auslegung, Anregungen, Bedenken - die Liste der mit einem Genehmigungsverfahren verbundenen Begriffe ist lang, die Zusammenhänge lassen sich oft nur schwer überschauen. Beim "behördeninternen" Raumordnungsverfahren etwa handelt es sich keineswegs um einen geheimen Vorgang, vielmehr müssen die Antragsunterlagen öffentlich ausgelegt werden, so dass die Bevölkerung "Anregungen und Bedenken" äußern kann. Im Gegensatz zur Planfeststellung geht es beim ROV um öffentliche Belange. Private Bedenken - wie der Wertverlust eines Hauses durch zunehmenden Fluglärm - können zwar vorgetragen werden, doch wird sich die Behörde damit wohl nicht beschäftigen. Dies geschieht erst im zweiten Genehmigungsschritt.
3. Das ROV soll klären, ob ein Vorhaben überhaupt verträglich ist und wie es so gestaltet werden kann, dass es andere öffentliche Belange möglichst gering beeinträchtigt.
Ziel des ROV ist die Klärung konkurrierender öffentlicher Belange. Beim Bau einer Umgehungsstraße können etwa die Entlastung der Menschen im Ortskern von Lärm und der Erhalt von schützenswertem Naturraum konkurrieren. Im ROV werden dann Vor- und Nachteile abgewogen, ehe eine Entscheidung fällt. Zudem sind Änderungen der ursprünglichen Planung möglich, um die Nachteile möglichst gering zu halten. Das Problem bei der Erweiterung des Frankfurter Flughafens besteht aber nicht nur im Lärm, sondern auch in der Frage, ob in einer so vielfältig strukturierten Region wie dem Rhein-Main-Gebiet alle anderen öffentlichen Belange den Interessen der Luftfahrt untergeordnet werden dürfen und können! Und hier gibt es handfesten Streit darüber, ob der Nachtflugverkehr und die gesundheitlichen Auswirkungen schon im ROV vollständig behandelt werden müssen.
Illusionen sollte niemand hegen: Aus heutiger Sicht ist leider anzunehmen, dass die Landesregierung dem Bau einer Bahn im Kelsterbacher Wald zustimmt - ganz gleich, was im ROV vorgetragen wird.
Entscheidend für die Ausbaugegner ist indes die Planfeststellung. An diesem Verfahren müssen sie sich beteiligen, wenn sie später vor Gericht ziehen wollen.
Bedeutungslos wird das ROV für Privatleute damit aber nicht: Zum einen kann es als Übung für den privaten Ernstfall betrachtet werden. Und zum anderen bildet die Zahl der Eingaben einen politischen Gradmesser für den Widerstand gegen das Projekt. "Zukunft Rhein-Main - Aktion gegen lughafenausbau" wird deshalb jeden Einzelnen bei der Abfassung einer Stellungnahme unterstützen und mit einem Info-Mobil zum ROV vor Ort präsent sein.
Das gesamte EXTRABLATT Oktober 2001 können Sie auch als => .pdf-Dokument laden.
Ablauf einer Planfeststellung Raumordnungsverfahren FRA-Ausbau PFV FRA-Ausbau Deutsche Lufthansa AG Zukunft Rhein-Main (ZRM) BBI Rechtsstreit bez. Flughafen FRA Juristisches zum FRA-Ausbau Umweltverträglichkeits-Prüfung (UVP) Landebahn Nordwest