Erörterungstermin zum ROV Flughafenausbau vom 08.04- 25.04.02 (Zusammenfassung)
Obwohl die KAG Flughafen vom RP Darmstadt am Raumordnungsverfahren nicht beteiligt wurde, liefert sie im folgenden eine Zusammenfassung des Erörterungstermins. Diese Zusammenfassung basiert auf Unterlagen, die uns von unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt wurden.
Im Ergebnis sind viele Fragen offen geblieben. Auch das Manko der fehlenden Unterlagen konnte durch den Erörterungstermin nicht ausgeglichen werden. Kerosinablässe, Gerüche, Altlasten, Zerschneidung des Landschaftsbildes, Elektrosmog, Erschütterungen, Kommunikationsstörungen durch Fluglärm sind nur einige der Themen, die nicht ausreichend behandelt wurden.
Themen wie Gesundheit und Eigentum hätten als Grundrechte bereits in der Tagesordnung einen anderen Stellenwert haben müssen. Fraport hat es nicht für nötig gehalten, hierzu überhaupt Unterlagen einzureichen.
Verfahrensfragen
Gegenstand des Verfahrens ist nach Aussage des RP der Bau einer Start- und/oder Landebahn sowie die Zusammenhangmaßnahmen inkl. Terminal 3 sowie die damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen.
Unzählige Male wurde im Verlauf des Erörterungstermins der Antrag gestellt, das Verfahren einzustellen bzw. auszusetzen. Begründet wurden diese Anträge u.a. mit
- Nichtigkeit des Regionalplans bzw. des LEP (anhängiges Verfahren VGH Kassel)
- Unvollständigkeit der eingereichten Unterlagen
- Unklare Genehmigungslage zum bestehenden Flughafen (Keine Planfeststellung für alle Anlagen sondern nur einzelne Baugenehmigungen)
Alle Anträge dieser Art wurden vom RP abgelehnt.
Die von Fraport konstruierte Vergleichsvariante "Prognosenullfall" ist keine Vergleichsvariante sondern ebenfalls eine Ausbauvariante. Das RP erkennt dies als ein schwerwiegendes Problem des Verfahrens an.
In den bislang eingereichten Unterlagen zum ROV fehlen Aussagen zu den Kosten des Ausbauvorhabens. Eine Kostendarstellung incl. aller Folgekosten, Ersatzmaßnahmen und Ersatzzahlungen ist jedoch nach den Vorgaben der Raumordnungsrichtlinie erforderlich. Das RP fordert daher von Fraport eine Kostenaufstellung für die drei Ausbauvarianten und den Prognosenullfall (inkl. Terminal, Wartungsanlagen, Infrastruktur).
Kapazität
Heftig diskutiert wird die Kapazitätsfrage. Fest steht (auch für das RP), dass die technisch mögliche Kapazität der neuen Bahnvarianten deutlich über den bisher angegebenen 656.000 Flugbewegungen pro Jahr liegt. Am letzten Verhandlungstag stellt der Flughafenexperte Faulenbach da Costa anhand seiner Auswertung des Planungsflugplans die These auf, dass bis zu 900.000 Flugbew./ Jahr möglich sind.
Die Kommunen fordern eine Festschreibung der Flugbewegungszahlen im ROV. Eine rechtsverbindliche Wirkung ergibt sich aus den im ROV vorgelegten Flugzahlen nach Aussage des RP jedoch nicht. Fraglich bleibt, ob die Flugbewegungszahlen im Planfeststellungsverfahren rechtsverbindlich festgeschrieben werden können.
Bedarf
Das öffentliche Interesse am Flughafen Ffm wird von den Kommunen nicht bestritten, das Interesse am Ausbau ist jedoch rein kommerziell begründet. Problematisch ist und bleibt, wie der Bedarf nachzuweisen ist. Bisher wurde die Nachfrage nicht nachgewiesen, der Bedarf wird durch den Ausbau produziert, so argumentieren die Einwender.
Ungeklärt bleibt die Frage der Hub Funktion (wieviel Flugbewegungen sind notwendig um die Hub Funktion zu erhalten), hier ist lt. RP eine Definition im Rahmen der landesplanerischen Beurteilung notwendig.
Fest steht lt. RP, dass die Erhaltung der Hub Funktion ein politisches Ziel ist.
Lärm
Das Thema Lärm spielt eine zentrale Rolle im ROV (7 Tage wurde allein dieser Tagesordnungspunkt erörtert).Im Verlauf der Diskussion wurden im wesentlichen folgende Kritikpunkte von Seiten der Einwender vorgebracht:
- die Relevanzschwelle wurde von Fraport mit 55 db(A) eindeutig zu niedrig festgelegt, 50 db(A) wären gem. iso- Richtlinie korrekt gewesen.
- In die Betrachtung der Lärmauswirkungen hätte ein Lärmmedizinisches Gutachten einbezogen werden müssen.
- Bei der Betrachtung der Lärmauswirkungen wurden die Beschäftigten vergessen
- Besonders schutzwürdige Personengruppen wurden in der UVS nicht besonders betrachtet
- Das Gutachten 6.2 ( Lärm/ Verkehr) ist unbrauchbar, der Straßen- und Schienenverkehrslärm wird zugunsten des Fluglärms überbewertet, da die Dämpfungswirkung von Wäldern, Lärmschutzanlagen und Gebäuden nicht einbezogen wurde.
- Das Gesamtlärmgutachten wird durch die fehlerhaften Eingangsparameter (Fachgutachten) ebenfalls unbrauchbar
Das RP stellt fest, dass die Auswirkungen für das Gesamtlärmgutachten noch zu klären sind.
Fraport kündigt freiwillig eine ergänzende Stellungnahme (keine Überarbeitung des Gutachtens 6.2) an.
Es wird festgestellt, dass die ROV- Unterlagen keine Aussagen zu Lärmminderungsmaßnahmen enthalten. Nach Aussage des Fraport- Gutachters ist dies erst im PFV erforderlich. Die Richtlinie zur Durchführung des ROV sieht die Aussagen zu Lärmminderungsmaßnahmen sehr wohl vor; lt. RP können entsprechende Unterlagen noch nachgefordert werden.
Verkehr
Es wird festgestellt, dass das Verkehrsgutachten insgesamt unschlüssig und unvollständig ist.
- Das Güterverkehrszentrum Caltex bzw. die hiermit verbundenen Verkehrsmaßnahmen (B43) bleiben unberücksichtigt, obwohl das GVZ Bestandteil des LEP, des Regionalplans und des Bundesverkehrswegeplans ist.
- Die Anbindung des Terminal 3 in der von Fraport vorgestellten Form ist unzureichend; unter anderem wurde T3 bisher nicht an das S- Bahnnetz angebunden. Auch das RP teilt diese Auffassung und wird prüfen, ob die von Fraport vorgestellte Lösung überarbeitet werden muss.
Sicherheit
Insgesamt wurde der Bereich Sicherheit/ Risiken von Fraport sehr nachlässig behandelt. Das Risikogutachten berücksichtigt keine Verletzungs- sondern nur Todesfälle, die Beschäftigten am Flughafen wurden nicht berücksichtigt. Die Eindrehpunkte wurden ebensowenig betrachtet, wie das Risiko eines Flugzeugabsturzes auf die atomaren Anlagen in Hanau.
In Bezug auf die von Fraport bevorzugte Nordwest- Variante ist dem Gutachter eine weitere Nachlässigkeit unterlaufen: Das Gelände der Firma Ticona wurde falsch plaziert. Eine Risikoanalyse für die Firma Ticona fehlt nach wie vor. Im einzelnen wurden weder das Gefahrenpotential, dass sich aus dem Betrieb der Firma auf den Flugbetrieb ergibt, noch die Möglichkeit eines Absturzes auf das Firmengelände untersucht.
Fraport berichtet, dass für den Betrieb der Nordwestbahn eine Genehmigung vom Bundesverkehrsministerium erforderlich ist; diese wurde bereits beantragt.
Siedlung
Die Ausbaupläne der Fraport schränken die Kommunen massiv in ihrer Planungshoheit ein. Je nach Variante verlieren einige Kommunen im Ausbaufall bis zu 100 % ihrer Siedlungserweiterungsflächenflächen. Teilweise sind städtebauliche Maßnahmen bereits vorfinanziert worden, so dass sich erhebliche finanzielle Folgen für die Kommunen ergeben. Sofern eine Auseinandersetzung Fraports mit der Betroffenheit der Kommunen überhaupt stattgefunden hat, so beschränkt sie sich auf eine rein quantitative Betrachtung. Ignoriert wird von der Vorhabensträgerin, dass kommunale Planungshoheit auch die Schaffung von gesunden Wohn- und Arbeitsflächen bedeutet.
Betroffen sind durch den geplanten Ausbau auch Gewerbeflächen, gerade die Schaffung von qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen ist in stark verlärmten Gebieten kaum noch möglich.
Fraport hat den Untersuchungsraum für Flächenreserven viel zu groß bemessen und kommt daher fälschlicher Weise zu dem Ergebnis, dass den Kommunen in Summe genügend Siedlungsraum verbleibt.
Die Lärmminderungsplanung der Kommunen wird durch die Ausbaupläne untergraben. Eigene teilweise schon realisierte Maßnahmen und Konzepte der Kommunen zur Lärmminderung werden im Ausbaufall wertlos.
Kritisiert wird auch, dass die Sozialverträglichkeit des Vorhabens nicht geprüft wurde.
Lt. RP ist die rechtliche Notwendigkeit für eine Sozialverträglichkeitsstudie im ROV nicht gegeben. Allerdings hat auch die Mediation hier Forschungsbedarf gesehen; der Sachverhalt wird daher vom RP nochmals geprüft.
Insgesamt entspricht das Vorhaben nach Meinung der Einwender nicht den Zielen der Raumordnung. Schließlich wird durch die Konzentration auf den Rhein- Main- Ballungsraum anderen strukturschwächeren Regionen die Möglichkeit zur Entwicklung versagt (z.B. durch Wegzug von Arbeitskräften).
Ver- und Entsorgung
Der gesamte Bereich Ver- und Entsorgung wirft viele Fragen auf, die von Fraport größtenteils nicht beantwortet werden.
Die Fraport plant, das neue Terminal 3 (variantenunabhängiges Vorhaben im Süden) in den Gundbach zu entwässern. Da die Abwassermenge des Terminal 3 vergleichbar ist mit einer Stadt von 36.500 Einwohnern, reicht die bestehende Einleiterlaubnis nicht aus, das Gutachten G 15 ist lt. RP was den Gundbach anbelangt nicht verwertbar, das RP wird entsprechende Nachforderungen stellen.
Beschäftigungseffekte
Die von Fraport im Verlauf des Verfahrens bereits mehrfach nach unten korrigierte Zahl der Arbeitsplätze ist nach Auffassung der Einwender weiter nach unten zu korrigieren. Nicht nachvollziehbar eingeflossen sind bisher Rationalisierungseffekte. Unberücksichtigt blieben auch durch den Ausbau bedingte Arbeitsplatzverluste z. B. bei Ticona und auf dem geplanten Gewerbestandort Caltex. Alleine auf dem Caltex Gelände sind bei Realisierung der Vorzugsvariante Nordwest 10.000 Arbeitsplätze gefährdet.
Bisher hat Fraport noch keine Angaben über die Qualität der neu entstehenden Arbeitsplätze gemacht. Die Kritiker des Vorhabens gehen davon aus, dass durch den Ausbau hauptsächlich Arbeitsplätze von niederer Qualität z. B. im Reinigungs- und Servicebereich geschaffen werden. Fraglich ist, ob für derartige Arbeitsplätze in der Region entsprechend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
Wald/Natur
Die von Fraport eingereichten Unterlagen beinhalten widersprüchliche Angaben zum Thema Waldverlust. Die festgestellten Differenzen konnten auch im Erörterungstermin nicht aufgeklärt werden. Nach Auffassung des RP sind die bestehenden Flächendifferenzen und Ungenauigkeiten im ROV in Kauf zu nehmen. Die Zahlen werden vom RP überprüft, bei Unstimmigkeiten ist vom worst-case-Fall auszugehen.
Nicht berücksichtigt wurde von Fraport der Waldverlust, der durch den flughafen-bedingten Ausbau der A3 verursacht wird.
Das RP stellt fest, dass auch durch die Nordwest Variante größere Waldinseln (ca. 241 ha) entstehen, die von Fraport in der Flächenbilanz bislang nicht berücksichtigt wurden. Die Bewertung der Verinselungseffekte wird in der Stellungnahme des RP erfolgen.
Die Einwender bekräftigen ihre Auffassung, dass ein Eingriff in den Bannwald gegen derzeit geltendes Recht verstößt. Das RP entgegnet, dass in der landesplanerischen Stellungnahme die dann gültige Rechtslage berücksichtigt werden wird.
Die ONB nimmt Stellung zu den FFH- und Vogelschutzgebieten und die je nach Ausbauvariante entstehende Beeinträchtigung derselben. Uneinigkeit herrscht z.B. bei der Frage der Beeinträchtigung des Mönchwaldsees durch die beiden Nordvarianten.
Kompensationsflächen
Fraport muss je nach Ausbauvariante zwischen 550 und 730 ha Fläche "ausgleichen". Der Ausgleich hat in räumlicher Nähe zu erfolgen und geht vor Ersatzmaßnahmen.
In der Suchraumdarstellung geht Fraport davon aus, dass 6000 ha potentielle Kompensationsflächen vorhanden sind. Die Antragstellerin ignoriert dabei die Planung der Kommunen, die als Träger der Landschaftsplanung die Flächen teilweise bereits anders verplant haben. Unberücksichtigt bleibt auch der immense Bedarf an Ausgleichsflächen für andere Groß- Projekte wie die ICE Trasse Frankfurt- Mannheim und Bauten im Zuge der Olympiabewerbung.
Die von Fraport zum Ausgleich benötigten Flächen schränken die Kommunen wiederum in ihrer Planungshoheit ein, denn die Kommunen benötigen neben Siedlungsflächen auch Ausgleichsflächen für eigene Baumaßnahmen.
Das RP stellt fest, dass das Problem der Verfügbarkeit von Ausgleichsflächen bereits im ROV und nicht erst im Planfeststellungsverfahren anzugehen ist.
Raumordnungsverfahren FRA-Ausbau Flughafen-Ausbau FRA