Aus Protest gegen die geplante Flughafenerweiterung war von Ende Mai 2008 bis Februar 2009 ein Hektar im Kelsterbacher Wald dauerhaft von Aktivistinnen aus dem ganzen Bundesgebiet und der Region besetzt. Die Bürgerinitiativen begrüßten diese Aktionsform und unterstützten in den folgenden Monaten die BaumschützerInnen.
Wegen der Waldbesetzung und Folgeaktionen stehen immer noch ehemalige WaldbesetzerInnen vor Gericht.
Einem Aktivisten wird Nötigung eines LKW-Fahrers am Tag des ersten Spatenstichs für die Landebahn (8. Mai 2009) vorgeworfen. Während einer Demonstration soll er sich von einer Eisenbahnbrücke über die Okrifteler Straße abgeseilt und mit Transparenten auf den drohenden Flughafenausbau aufmerksam gemacht haben. In erster Instanz wurde er zu 60 Sozialstunden verurteilt. Am 21. 03. 2011, 09:00 Uhr, LG Mainz (Diether-von-Isenburg-Straße), Gebäude A, Saal 201, findet nun die Berufungsverhandlung statt.
Eine Aktivistin wird in drei Fällen wegen Hausfriedensbruch angeklagt. Vorgeworfen werden ihr zwei Baumbesetzungen während der Rodungsarbeiten im Winter 08/09, außerdem ihre Anwesenheit im Hüttendorf während der Räumung durch die Polizei.
Der Fall wurde bereits im Februar 2010 verhandelt. Doch schon nach einer Stunde vertagte das Gericht den Prozess wegen anhaltender Proteste der Öffentlichkeit. Jetzt findet die Verhandlung am Dienstag, den 29.03.2011 um 09:00 Uhr im Amtsgericht Rüsselsheim, Johann-Sebastian-Bach-Str. 45, Sitzungssaal 01 statt.
Der angebliche Hausfriedensbruch hat sich in einem öffentlich zugänglichen Wald abgespielt, der wenige Monate zuvor noch als ein für das Gemeinwohl unersetzlicher Bannwald geschützt war. Auf dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar 2011, daß von der öffentlichen Hand dominierte Unternehmen wie die Fraport AG unmittelbar an die Grundrechte (Versammlungsfreiheit) gebunden sind, zeigt sich die ganze Absurdität dieses Vorwurfs.
Die verschiedenen Ebenen eines gewaltfreien Protestes, wie sie von Bürgerinitiativen und Aktivisten gestaltet werden, gehören zusammen. Deshalb erklärt sich das Bündnis der Bürgerinitiativen solidarisch mit den ehemaligen WaldbesetzerInnen, die in dem kommenden Wochen vor Gericht stehen. Wünschenswert wäre, wenn eine breite Öffentlichkeit diese Prozesse verfolgen würde und im Gerichtssaal präsent wäre.
Fluglärm macht krank - aber wenn es um die Flughafenerweiterung geht, spielt das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit für die Ausbaubetreiber keine Rolle mehr. Die Auswirkungen auf das regionale Klima, der Klimawandel, der zu einem immer größeren Teil durch die weltweit wachsenden Emissionen durch den Luftverkehr beschleunigt wird, wurden bei der Entscheidung für die Flughafenerweiterung sträflich vernachlässigt.
Die Hessische Landesregierung zieht gar gegen das geplante und eh schon verkürzte Nachtflugverbot von 23-05 Uhr zu Felde, das sie einst selbst versprochen hat und das ein Ergebnis der so genannten Mediation war – ein Verfahren, das eben diese Landesregierung zur Beschwichtigung der Bevölkerung betrieben hat.
Wir wissen nicht erst seit den Erfahrungen an der Startbahn West oder auch aktuell in der Anti-AKW-Bewegung oder in Stuttgart, daß Proteste nur dann etwas erreichen, wenn sie vielfältig artikuliert werden, was neben Demonstrationen auch zivilen Ungehorsam und gewaltfreie Besetzungsaktionen mit einbezieht.
Wenn jetzt aus den Erfahrungen von Stuttgart 21 von Politikern landauf, landab die Einbeziehung von Schlichtungsverfahren gefordert wird, so ist das leicht zu durchschauen: es geht hier nur um Kosmetik, an der Planung von Großprojekten selbst ändert sich aber dabei nichts.
Deshalb sind Proteste, vielfältige und fantasievolle Aktionen und Demonstrationen gegen die Betonwüste bei Kelsterbach und die Inbetriebnahme der Landebahn notwendig, genauso wie die sofortige Einführung eines absoluten Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr.
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