Michael Antenbrink ist seit 2006 Bürgermeister von Flörsheim und seit 2015 im Sprecher-Gremium der Initiative Zukunft Rhein-Main. Im Interview spricht er über Weg- und Zuzüge in seiner rund 21.000 Einwohner zählenden Stadt, über Wirbelschleppen und besseren Lärmschutz.
Herr Antenbrink, in Flörsheim wird es öfter laut. Wie entwickelt sich die Bevölkerungszahl Ihrer Stadt?
Nach Eröffnung der Landebahn zogen mehr Menschen weg. Auch Alteingesessene, die sich hier engagiert hatten. Inzwischen hat es sich total gewandelt. Die Leute kommen und fragen, ob sie ein Grundstück bekommen. Und ich muss sagen: Es ist zu spät. Neue Baugebiete darf ich in der Kernstadt nicht ausweisen.
Die Neubürger nehmen also Fluglärm in Kauf, weil sie hier noch zu erträglichen Preisen wohnen können. Seit 2011 landen Flugzeuge nebenan auf der neuen Nordwest-Bahn. Wie hat sich die Geräuschkulisse verändert?
Manche Bereiche sind leiser geworden, andere wurden extrem laut. Zum Beispiel die Ecke Rheinallee/Weilbacher Straße. Wir profitieren aktuell davon, dass die Zahl der Flugbewegungen eher rückläufig ist. Die Maschinen über unseren Köpfen werden zwar größer, aber nicht unbedingt lauter.
Gegen den Betrieb der Nordwest-Landebahn wehrt sich Flörsheim am Main immer noch vor Gericht. Glauben Sie, noch etwas dagegen ausrichten zu können?
Wir haben beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Wir hoffen, dass wir bald eine Verhandlung bekommen und schauen, ob es sich dann lohnt, weiterzumachen. Wir könnten Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Das Thema der Wirbelschleppen gibt uns nahezu ein Alleinstellungsmerkmal und bedarf immer noch der Klärung.
Weil die Flörsheimer wegen der herunterfallenden Dachziegel mehr Chancen haben, vor Gericht zu gewinnen?
Ja. Bei uns sind die Folgen der niedrigen Überflüge wirklich sichtbar. Das Dachklammer-Programm wird intensiv genutzt. Der Fluglärm motiviert uns auch, vor Gericht hartnäckig zu sein. Wir haben den schlechtesten Lärmschutz aller Zeiten. Das Fluglärmschutzgesetz muss dringend nachgebessert werden. Damit die Bürger nicht mit Lüftern abgespeist werden, wenn sie vor Krach nicht schlafen können. Sie müssen Anspruch auf bessere Fenster, auf besseren Lärmschutz bekommen.
Die Südumfliegung soll Lärmschutz und genügend Abflüge ermöglichen. Die Anliegerkommunen haben dazu unterschiedliche Meinungen.
Ohne Südumfliegung geht es nicht. Die Flugsicherung kann die Durchstart-Linien nicht mit allzu vielen Nordwest-Abflügen kreuzen. Wenn alle Kommunen an einem Strang ziehen, wird man vernünftige Lösungen finden.
Und die wären?
Die verbindliche Lärm-Obergrenze muss kommen. Die Zahl der Nordwest-Abflüge muss auf der Grundlage des Migrations-Flugplans aus der Planfeststellung weiter verringert werden. Nur die schweren zweistrahligen Maschinen dürfen diese Route nutzen. Ziel muss bleiben, dass im Jahr 2020 nur zwei Prozent aller Abflüge nach Nordwesten drehen. Wir sind jetzt noch deutlich darüber. Wir akzeptieren aber auch, wenn abends bis neun Uhr maximal zehn Maschinen zusätzlich die Nordwest- Route nehmen, damit das Nachtflugverbot nicht in Gefahr gerät.
Zukunft Rhein-Main (ZRM) EXTRABLATT Klagen gegen Flughafenausbau Südumfliegung
Unser Standpunkt: Ja zur Wirtschaftsregion Rhein-Main - Nein zum Flughafenausbau !
Argumente der Ausbaubefürworter kritisch hinterfragt.