Dienstag, der 13. September, war für Einwender und Betroffene aus dem Kreis Groß-Gerau und Darmstadt zugelassen - etwa 150 waren gekommen.
Nachdem die wichtigsten organisatorischen Informationen für die Teilnehmer dieser Gruppe wiederholt wurden, kam man zu den Verfahrensfragen. Dabei ging es ähnlich zu wie am Vortag: Die Anwälte der anwesenden Kommunen forderten den Abbruch der Erörterung. Die immer wieder vorgebrachten Gründe: von unzureichenden Antragsunterlagen (hier vor allem die Nicht-Berücksichtigung der technisch möglichen Kapazität und nicht ausreichende Untersuchung der Absturzrisiken) über die fehlende Grundlage des Ausbaus in Raumordnungs- und Landesentwicklungsplanung bis hin zu logistischen Fragen wie dem ungeeigneten (weil von EInwendern westlich des Flughafens schlecht zu erreichende) Tagungsort. Auch die Neutralität des Regierungspräsidiums wurde immer wieder in Frage gestellt. Privateinwender kamen nicht zu Wort.
Rechtsanwalt Fislake (Kelsterbach) monierte, für den beantragten Ausbau gebe es nicht einmal eine abschließende raumordnerische Beurteilung. Der Landesentwicklungsplan befindet sich nämlich gerade im Änderungsverfahren, dort soll die Nordwestvariante für den Ausbau festgeschrieben werden. Deshalb stehen Fragen der Raumordnung auch nicht - wie sonst üblich - am Anfang, sondern erst kurz vor Ende der Erörterung im Februar 2006 auf der Tagesordnung. Bis dann soll der neue Landesentwicklungsplan dann wohl fertig sein. Außerdem verlangten Fislake und auch andere Anwälte, dass ihnen die Stellungsnahme der Fraport zu ihren Einwendungen ausgehändigt wird. Es gehe nicht an, dass das Regierungspräsidium Zugang zu den Stellungnahmen habe, die Städte aber nicht.
Rechtsanwalt Baumann, der die Städte Griesheim und Weiterstadt vertritt, warf Fraport vor, mit getürkten Zahlen zu arbeiten. Nach dem Ausbau seien nämlich nicht nur 660 000, sondern 900 000 Flugbewegungen möglich.
Die Stadt Rüsselsheim beantragte ebenfalls den Abbruch des Verfahrens. Rechtsanwältin Fridrich erläuterte, Rüsselsheim würde durch den Ausbau 67 Prozent seiner Siedlungserweiterungsflächen verlieren.
Rechtsanwalt Klaus Haldenwang übte für die Stadt Raunheim heftige Kritik: "Das gesamte bisherige Verfahren zum Flughafenausbau hat nichts zur Wahrheitsfindung beigetragen". Und: "Im Fraport-Antrag auf Planfeststellung kommen die Menschen sowieso nicht vor". Haldenwang erinnerte daran, wie beim Raumordnungsverfahren die ursprüngliche Beurteilung des Regierungspräsidiums - der Ausbau sei nicht raumverträglich - durch massive Intervention des Ministeriums in eine "der Ausbau kann raumverträglich gemacht werden" geändert wurde. Außerdem habe sich die Stadt Raunheim auf die im Planfeststellungsbeschluss von 1971 für die Startbahn West gemachte Zusage verlassen, einen weiteren Ausbau werde es nicht geben. Raunheim würde durch einen Ausbau 100% seiner Siedlungserweiterungsfläche verlieren. Auch das die Flugrouten im Fraport-Antrag überhaupt keine Rolle spielen, macht nach Ansicht von Haldenwang eine Fortführzung der Erörterung von vorneherein überflüssig.
Rechtsanwalt Berghäuser kritiserte für die Stadt Darmstadt, dass sich die Risikodiskussion nur auf das Chemiewerk Ticona konzentriere. Die Möglichkeit eines Flugzeugabsturzes auf die das Darmstädter Chemieunternehmen Merck oder die Gesellschaft für Schwerionenforschung würden gar nicht betrachtet.
Jochem Kahl, Sprecher des Kreises Groß-Gerau, kündigte massiven Widerstand des Kreises gegen den Ausbau an. Der Ausbau werde die Vorteile des Flughafens in ihr Gegenteil verkehren. "Der Lärm wird unerträglich und die Gesundheitsgefahren werden weiter zunehmen", meinte Kahl, und schon bald werde der nächste Ausbau diskutiert werden.
Der Leiter der Fraport-Delegation, Horst Amann, wies alle Vorwürfe zurück. 900 000 Flugbewegungen bezeichnete er als "nicht fliegbar", man müsste auch Flugplan, Flottenmix u.s.w. berücksichtigen. Man plane mit 660 000 Flugbewegungen. Seine Schätzung der tatsächlich möglichen Flugbewegungen liege bei "unter 750 000" - dies sind immerhin deutlich mehr als die beantragten 660 000.
Erörterungstermin PFV Landebahn Nordwest