Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung als zuständige Planfeststellungsbehörde hat heute den Planfeststellungsbeschluss für die A380-Werft erlassen. Damit liegt offizielles Baurecht vor, die Bagger könnten sofort anrücken.
Der Planfeststellungsbeschluss umfasst nach Aussage von Minister Rhiel die Genehmigung für die Errichtung einer Wartungshalle für den A380 und andere Großraumflugzeuge, Lager, Bürogebäude, Wartungsflächen und Werkstatt sowie die Verlegung der Okrifteler Straße. Rund 21 Hektar Wald sollen dafür gerodet werden, davon 13 Hektar Bannwald. Der Beschluss sei mit 150 Auflagen versehen, darunter 30 im Bereich des Naturschutzes. (Mehr dazu siehe Pressemitteilung des Ministeriums unten).
Montagmorgen wurde der Beschluss bereits der Fraport und den Städten Mörfelden-Walldorf, Rüsselsheim, Raunheim, Kelsterbach und Frankfurt zugestellt. Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung erfolgt am 06. Dezember 2004 im Staatsanzeiger und in den örtlichen Tageszeitungen sowie vom 02. bis 07. Dezember 2004 in den örtlichen Bekanntmachungsorganen der genannten Städte. Der Beschluss wird in der Zeit vom 08. bis 21. Dezember 2004 in den Kommunen zur Einsicht ausliegen und beim Ministerium im Internet ( HIER klicken) verfügbar sein.
Nach dem Luftverkehrsgesetz (§ 10 Abs. 6 S. 1) ist der Planfeststellungsbeschluss sofort vollziehbar, Klagen haben also keine aufschiebende Wirkung. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof kann auf Antrag eine aufschiebende Wirkung anordnen und so den Sofortvollzug außer Kraft setzen. Der BUND hat bereits einen solchen "Eilantrag" angekündigt. Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses bzw. dem Ende der Auslegungsfrist ebenfalls beim VGH Kassel eingereicht werden.
Minister Rhiel nannte den Planfeststellungsbeschluss "ein Zeichen für den Aufbruch in Deutschland" und einen "Riesengewinn für den Luftverkehrsstandort Frankfurt und Deutschland". Die Investitionen von etwa 150 Millionen Euro sicherten wirtschaftliche Chancen, Innovationen, Spitzentechnologie und Jobs. Bis zum Jahr 2015 würden durch die Halle 1000 neue Arbeitsplätze entstehen und 1000 weitere erhalten werden. Der Eingriff in das "sehr große Waldgebiet am Flughafen ist minimal im Vergleich zu den verkehrlichen Vorteilen durch mehr Sicherheit und Pünktlichkeit im Luftverkehr und durch die Stärkung der Drehscheibenfunktion des Flughafens Frankfurt", sagte Rhiel.
Laut Rhiel hat Fraport bis zum 15. März Zeit, den Wald zu roden (dann beginnt die Wachstumsperiode). Dies sei zu schaffen, wenn der Verwaltungsgerichtshof bis Ende Februar über die Eilanträge entscheiden würde. Die Rodung selbst dauert mit modernsten Maschinen nur wenige Tage.
Erste Reaktionen zum Planfeststellungsbeschluss
Fraport äußerte sich nur sehr knapp. Der stellvertretende Fraport-Vorstandsvorsitzende Schölch erklärte noch einmal, man werde "die rechtskräftige Baugenehmigung nicht sofort zum Anlass nehmen, unumkehrbare Fakten zu schaffen" (d.h. den Wald roden). Der VGH Kassel solle die zu erwartenden Eilanträge gegen den Plan ausreichend prüfen können. Vorbereitende Arbeiten im Wald würden aber schon stattfinden.
Landrat Enno Siehr (Kreis Groß-Gerau) kündigte an, der Kreis werde nach Prüfung der Unterlagen geeignete juristische Schritte einleiten.
Bernhard Brehl, Bürgermeister von Mörfelden-Walldorf, kündigte an, die Stadt werde nun "im Detail" prüfen, wie mit den von der Kommune vorgelegten Standortvorschlägen im Planfeststellungsbeschluss "umgegangen wurde". Erst wenige Tage zuvor hatte der VGH Kassel eine Klage der Stadt gegen den Planfeststellungsantrag der Fraport abgewiesen. Eine Zusage, dass Fraport nach dem Bau des Radarturms keine weiteren Eingriffe in den Schonwald der Stadt mehr vornehmen werde, wurde nicht als rechtsgültiger Vertrag anerkannt.
Der BUND will sowohl gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen als auch per Eilantrag beim VGH Kassel den Sofortvollzug verhindern. Schutzgebiete könnten nicht einfach ausgetauscht werden, erklärte Vorstandssprecherin Brigitte Martin. Sowohl der Hirschkäfer als auch die Bechsteinfledermaus stünden auf der roten Liste der besonders gefährdeten Tiere. Für die Halle sei auch auf dem Flughafengelände Platz.
Das Bündnis der Bürgerinitiativen übte heftige Kritik. Der Beschluss und seine Begründung seien "die Pervertierung des Gemeinwohlbegriffes", sagte Sprecher Winfried Heuser. Zu Lasten der Gesundheit der Menschen würden wertvollster Bannwald, seltene Tiere und Pflanzen geopfert, nur um ein privatnütziges Vorhaben durchzupauken.
Die Grünen sehen in der heutigen Genehmigung der Wartungshalle einen Beweis dafür, dass "die Landesregierung keine Konfrontation mit der Region über den Flughafenausbau scheut". Nicht nur die Entscheidung der Regionalversammlung über den Sofortvollzug sei einfach ersetzt worden, auch die Argumente gegen den Standort würden ignoriert, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Frank Kaufmann. Ein öffentliches Interesse, das die Rodung von Bannwald rechtfertigen würde, sieht Kaufmann nicht, es gebe alternative Standorte für die Halle auf dem Flughafengelände. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Franz Josef Jung lobte dagegen die "Punktlandung" im A380-Verfahren.
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