Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 67/2014 vom 12.11.2014
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute zwei Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zu den sog. "Wannsee-Flugrouten" bestätigt. Die Flugrouten sind für Abflüge von der Nordbahn des Flughafens Berlin Schönefeld in Richtung Westen vorgesehen. Sie führen in Geradeausrichtung zunächst über den Ortskern der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow und nach ihrer Verschwenkung in Richtung Nord-Westen bei Ludwigsfelde östlich an dem Gelände des Helmholtz-Zentrums Berlin in Berlin-Wannsee vorbei, auf dem sich der Forschungsreaktor BER II befindet. Der erste Abschnitt war Gegenstand der Klage der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow, der zweite Abschnitt Gegenstand der Klage des Vereins Deutscher Umwelthilfe mit Sitz in Berlin.
Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Klage der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow die Benutzung der Flugrouten zwischen 22.00 und 6.00 Uhr untersagt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage des Vereins Deutscher Umwelthilfe hat es in vollem Umfang abgewiesen.
Im Verfahren der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hat das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gebilligt, dass das Gemeindegebiet in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr überflogen werden darf. Mit dem Überflug ist eine Doppelbelastung des Ortskerns verbunden. Die Abflugrouten sind dort aus flugtechnischen Gründen auch Anflugrouten. Zwar können die Belastungen durch die jeweils gegen den Wind erfolgenden Starts und Landungen nie zeitgleich auftreten. Die Doppelbelastung liegt aber darin, dass es keine windrichtungsbedingten Lärmpausen gibt. Aufgrund der Doppelbelastung ist der Lärm unzumutbar, weil er über einem Dauerschallpegel von 55 dB(A) liegt. Gleichwohl ist die Festlegung der Flugrouten rechtmäßig, weil in Betracht kommende Alternativrouten, die vor dem Ortskern nach Norden abknicken, an anderer Stelle in anderen Größenordnungen zu unzumutbaren Lärmbelastungen für die dortige Bevölkerung führen. Die Entscheidung, den Fluglärm auf einen Korridor zu konzentrieren, hat zwar den Nachteil der Doppelbelastung, aber den Vorteil, dass der Kreis der von unzumutbarem Fluglärm Betroffenen möglichst gering gehalten wird. Sie hält sich deshalb im Rahmen des Entscheidungsspielraums der Flugsicherheitsbehörde. Die von der Gemeinde favorisierte Südumkurvung ihres Gemeindegebiets wenigstens zu verkehrsarmen Tageszeiten brauchte die Behörde nicht in den Blick zu nehmen.
Im Verfahren des Vereins Deutsche Umwelthilfe hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass sich ein Klagerecht des Klägers nicht aus dem Umweltrechtsbehelfsgesetz ergibt. Klagegegenstand nach diesem Gesetz kann nur die Genehmigung eines Vorhabens sein, für das vor seiner Zulassung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Das ist bei der Festlegung von Flugrouten nicht der Fall. Der Kläger kann ferner nicht den Schutz von Gebieten einfordern, die das Land Berlin und die Gemeinden Teltow und Klein-Machnow in ihren Lärmaktionsplänen als ruhige Gebiete ausgewiesen haben. Auch insoweit hat der Kläger kein Klagerecht. Der Kläger durfte allein geltend machen, dass die Flugrouten unter Verstoß gegen naturschutzrechtliche Vorschriften festgelegt worden sind. In der Sache hatte seine Rüge aber keinen Erfolg, weil es nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen werden kann, dass die vom Kläger in den Blick genommenen Natura 2000-Gebiete Teltowkanalaue, Pfaueninsel, Grunewald und Westlicher Düppeler Forst durch die Auswirkungen des Abflugverkehrs erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden.
BVerwG 4 C 34.13 - Urteil vom 12. November 2014
Flughafen Berlin-Schönefeld (BER) Bundesverwaltungsgericht Gerichtsurteile
Siehr: "Falsche Schlussfolgerungen"