KREIS GROSS-GERAU / STADT MAINZ - Als "Offenbarungseid der Luftverkehrswirtschaft" bezeichneten Landrat Enno Siehr (Groß-Gerau) und Oberbürgermeister Jens Beutel (Stadt Mainz) die Forderung der Lufthansa, dass der durch den geplanten Flughafenausbau erforderliche Lärmschutz nicht durch die Verursacher, sondern durch die Kommunen finanziert werden solle. Noch vor kurzem habe man im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau stets auch von den damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen gesprochen, jetzt sehe sich die Luftverkehrswirtschaft offensichtlich nicht mehr in der Lage, Schutzmaßnahmen vor dem von ihr verursachten Lärm zu finanzieren. "Dabei liegen die Kosten für den Lärmschutz deutlich unter einem Euro pro Passagier", rechnen die beiden Sprecher der Initiative "Zukunft Rhein-Main" vor.
Begründet werde die Forderung von Lufthansa damit, dass es "die Kommunen seien, die vom Ausbau profitieren" würden. Beutel und Siehr: "Mit Verlaub, das genaue Gegenteil ist der Fall: Wir sehen bislang nur Belastungen auf uns zukommen!" Es werde immer deutlicher, dass der geplante Ausbau der Region nicht nur die Gesundheit der dort lebenden Menschen gefährde und die Umwelt beeinträchtige. Zusätzlich belaste er die öffentlichen Kassen durch den erforderlichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und durch zusätzliche Kosten im öffentlichen Personennahverkehr, die nach Aussage der Fraport AG die Kommunen tragen sollen.
Wenn überhaupt, dann würden nach Auffassung von Beutel und Siehr die Kommunen als Letzte vom geplanten Ausbau profitieren: "Falls es Profite geben wird, dann doch wohl bei der Luftverkehrswirtschaft.“ Noch wahrscheinlicher sei es allerdings, dass sich das Projekt Flughafenausbau zu einer gigantischen Investitionsruine entwickeln werde. "Da der Ausbau überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, zahlen die Steuerzahler die Zeche." Der Luftverkehrsmarkt, so die ZRM-Sprecher, entwickle sich in signifikanter Ausprägung in eine völlig andere Richtung, als es die Prognosen der Fraport AG stets vorhersagten. Durch neue Flugzeugtypen wie den "Dreamliner" (Boeing 787) oder den "A 350" werden nach Meinung von Experten in Zukunft Langstrecken-Direktflüge auch von mittelgroßen Flughäfen aus rentabel sein - und damit für den Fluggast wesentlich attraktiver: "Dadurch bricht allerdings die prognostizierte zusätzliche Nachfrage für die großen Drehkreuze weg - die von Fraport erwarteten Fluggastzahlen erweisen sich mehr denn je als unrealistisch."
Realistisch werde hingegen für die beiden ZRM-Sprecher ein Szenario, in dem die sich die wirkliche Nachfrage in Frankfurt in einem Bereich einpegeln werde, der mit dem bestehenden Bahnensystem abgedeckt werden kann. Durch intelligentes Management am bestehenden Flughafen ließe sich nämlich noch ein Wachstum um bis zu 40 Prozent abwickeln. Ein Ausbau würde damit obsolet. "Es ist dringend notwendig", so Enno Siehr und Jens Beutel, "dass die Landespolitik den sich abzeichnenden Strukturwandel in der Luftverkehrswirtschaft zur Kenntnis nimmt und darauf angemessen reagiert."
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