- Bis zu 20 Vögel pro Minute kreuzen die Einflugschneise für landende Flugzeuge über dem Main
- Vogelschlaggutachten unbrauchbar ?
- Skandalöser Umgang mit der Sicherheitsfrage !
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Befürchtung eines hohen Vogelschlagsrisikos bei Realisierung der Fraport-"Vorzugsvariante" mit konkreten Zahlen untermauert. Bis zu 20 Vögel pro Minute werden den Landeanflug über dem Main kreuzen. Vergrämungsmaßnahmen sind nicht vorstellbar. "Diese Fakten erzwingen eine grundlegende Neubewertung der Problematik und neue Untersuchungen", fordert BUNDvorstandsmitglied Walter Raiß. Das offizielle Vogelschlaggutachten ist nach Meinung des Umweltverbandes unbrauchbar. "Die größte Gefahrenquelle für den Flugverkehr durch die Kreuzung des Vogelflugweges über dem Main in nur 120 Meter Höhe wurde im Fraport-Gutachten nicht erkannt", kritisiert BUNDvorstandssprecherin Brigitte Martin. "Absolut unüblich" ist für Frau Martin, dass Fraport das Vogelschlaggutachten von einem Verein erstellen ließ, dessen 2. Vorsitzender der zuständige Vogelschlag-Mitarbeiter der Fraport AG ist.
Die potentielle Risikolage entsteht durch die täglich auftretenden Massierungen. So durchflogen 123 Lachmöwen am 14.2.02 die künftige Kreuzungslinie mit dem Landeanflug in nur 15 Minuten (8,2 Möwen/Minute). Zwei Wochen eher ergaben 659 Saatkrähen, die innerhalb von 45 Minuten die Zähllinie passierten, sogar einen Wert von 14,4 Krähen/Minute. Drei Stichproben in der Zeit von Ende Januar bis zum 10. März des Vorjahres, bei denen zwischen Flörsheim und Hochheim nur die über dem Main pendelnden Lachmöwen gezählt wurden, erbrachten 12,5, 10,9, und sogar 20,8 Vögel pro Minute. Da andere Arten damals nicht gezählt wurden, stellen diese Werte Mindestgrößen für ein Normaljahr dar.
Die Mehrzahl der Vögel fliegt zwar nach den Feststellungen des BUND unterhalb der geplanten Kreuzungshöhe, doch steigen Lachmöwen und Saatkrähen je nach Witterung regelmäßig in Höhen bis 150 Meter auf, um dann auf entsprechenden Luftschichten zu gleiten. Bei den festgestellten hohen Dichten ist die Gruppenbildung normal und ein Teil der Vögel fliegt immer höher als die anderen. Die Vogelschlagstatistik des Frankfurter Flughafen verzeichnet laut Fraport-Gutachten schon heute Kollisionen mit Lachmöwen bis in einer Höhe von 500 m.
Trotz ungewöhnlich geringer Möwenzahl ermittelte der BUND bei acht Zählungen ab Januar 2002 Werte zwischen 2,6 und 8,1 Vögeln je Minute. Dabei dominierten mit über 70 % die bei Vogelschlag besonders problematischen, größeren und schwereren Arten. Es handelte sich um Krähen (38,3 %), Möwen (18,4 %) und Kormorane (14,4 %).
1995–1996 kamen weltweit 79 Menschen durch Vogelschlag ums Leben, 12 Flugzeuge wurden völlig zerstört. Vogelschlag ist vor allem dann ein Problem, wenn mehrere Vögel gleichzeitig von den Turbinen angesaugt werden und so Triebwerkausfälle verursachen. Sekunden vor der Landung ist aber auch schon der Ausfall eines Triebwerks ein erhebliches Risiko. Möwen und Krähen, die auch am Main häufig sind, gehören zu den besonders problematischen Arten. Unmittelbar südlich des gerade vom Regierungspräsidium vorgeschlagenen EU-Vogelschutzgebietes "Eddersheimer Staustufe" sollen die Flugzeuge den Main bei der Fraport-Vorzugsvariante in Spitzenstunden im Takt von ein bis zwei Minuten in nur 120 m Höhe überfliegen. "Ein Fachmann darf dieses Problem nicht übersehen", kritisiert Thomas Norgall, der Naturschutzreferent des BUND Hessen.
Die BUNDdaten untermauern die hohe Vogelschlagproblematik einer Nordwestbahn im Kelsterbacher Wald. Der Verband fordert zur abschließenden Beurteilung der Fragestellung ganzjährige Zählungen der tatsächlichen Vogelflüge - mindestens - am Main. Diese können frühestens im nächsten Frühjahr vorliegen. Ob der Bau einer neuen Landebahn nach diesen Erkenntnissen überhaupt verantwortbar ist, kann abschließend erst nach Auswertung der Erhebungen beurteilt werden.
Der BUND hat die Vogelbewegungen bei Stichproben im Vorjahr und etwa einstündigen wöchentlichen planmäßigen Zählungen in diesem Jahr festgestellt. Mit der Arbeit wurde in 2002 der Naturschutzreferent des BUND beauftragt, nachdem der Verband bei Prüfung der Raumordnungsunterlagen feststellte, dass Fraport die Kollisionsgefahr zwischen den landenden Flugzeugen und den zahlreichen Vögeln, die besonders im Winterhalbjahr den Main entlang fliegen, ignoriert hatte.
Das Vogelschlag-Gutachten ließ Fraport vom Deutschen Ausschuss zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr e. V. (DAVVL) erstellen, dessen stellvertretender Vorsitzender der für Vogelschlag zuständige Mitarbeiter der Fraport Thomas Münze ist. Eine solche Verknüpfung ist nach Ansicht der BUNDvorstandsprecherin Brigitte Martin "absolut unüblich".
Da im Fraport-Gutachten nur rastende, also sitzende Vögel gezählt wurden, ist das Gutachten unbrauchbar. Saatkrähen wurden z. B. im Bereich der Eddersheimer Staustufe vom Fraport-Gutachter gar nicht registriert. Die häufigste Vogelart am winterlichen Main, die Lachmöwen, fehlte im Gutachten im November ganz und wird für Dezember mit nur wenigen Einzeltieren angegeben. Als wissenschaftlicher Skandal bezeichnet der BUND die Zusammenfassung der Originalzählwerte zu Monatsmittelwerten. "Mit dieser Vorgehensweise werden Risikophasen geradezu verschleiert", kritisiert Walter Raiß vom BUND. Als unglaublich fahrlässig bewertet der BUND außerdem die Einschätzung des Fraport-Gutachters, dass sich die Vogelschlaggefahr im engeren Bereich der Varianten gegenüber dem bestehenden Flughafen nicht verändern wird (Seite 33 des Fraport-Gutachtens). Dieser Bereich umfasst die Flughöhe bis 152 Meter (500 ft) und damit die Mainkreuzung im Fall der Fraport-Vorzugsvariante im Kelsterbacher Wald.
Naturschutz im Rhein-Main-Gebiet Vogelschlag-Gefahr Vorzugsvariante (zum Ausbau FRA) Pressemitteilungen des BUND Hessen