Pressemitteilung von Berthold Fuld vom 20.07.2012
Bürgerinitiativen lehnen Karenzzeit strikt ab
Erneut fordert Fraport eine „flexible“ Handhabung des Nachtflugverbots, also Ausnahmen, wenn der Verkehr bis 23 Uhr nicht abgewickelt werden kann. Die DFS regt an, bis 23:10 Uhr starten zu dürfen.
Diesbezüglich verweisen die Bürgerinitiativen darauf, dass in der ersten Nachtstunde alle Startslots vergeben sind, die Kapazität des Flughafens also bereits durch planmäßige Flüge ausgenutzt wird. Hinzu kommen regelmäßig Verspätungen, für die die erste Nachtstunde ein Puffer sein könnte, aber aufgrund der starken Nutzung durch planmäßige Flüge nicht ist. Die letzten Flüge (Abflug* 22:35 Uhr) sind so knapp geplant, dass selbst bei einem planmäßigen Verlassen des Gates ein rechtzeitiger Start nicht gewährleistet werden kann – den Planfeststellungsunterlagen (Gutachten G18) kann man entnehmen, dass positionsabhängig man mit durchschnittlichen Rollzeiten von bis zu 23 Minuten rechnen muss, mehr als 50% aller Abflüge zwischen 22 und 23 Uhr haben eine Startverzögerung von mehr als 5 Minuten. Zudem erfolgt der Abflug* oft verspätet, selbst wenn das Flugzeug rechtzeitig in Frankfurt war.
Anders als vom Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung gefordert, wird für die Betroffenen im Bereich der Abflugstrecken zwischen 22 und 23 Uhr die Nacht zum Tage. Die durch die starke Nutzung bedingten Kapazitätsengpässe und die extrem spitze Planung verursachten Probleme dürfen nicht durch eine Aufweichung des Nachtflugverbots gelöst werden, sondern durch eine Verlagerung der nächtlichen Abflüge in den Abend sowie eine konsequente Reduzierung allfälliger Verspätungen.
Die Regelung für verspätete Starts wurde von der Fraport so beantragt, wie es auch im Planfeststellungsbeschluss festgesetzt wurde.
Wie kürzlich dargestellt, erfolgt eine Subventionierung des Nachtflugverkehrs durch den Tagflugverkehr, u.a., da die Aufwendungen für Schallschutz in der Nachtschutzzone auf alle Flüge und Passagiere umgelegt werden. Neben der Umlage der Aufwendungen für Schallschutz der Schlafräume auf den Nachtflugverkehr fordern die Bürgerinitiativen eine weitergehende Spreizung der Flughafenentgelte zwischen Tag und Nacht und prohibitive Gebühren für die Nacht zwischen 23 und 5 Uhr. Dies in der Erwartung, dass unter diesen Bedingungen die Fluggesellschaften aus Kostengründen Flüge in die Tagzeit verlegen würden.
Die Bürgerinitiativen fordern den Schutz des Grundrechts der vom Fluglärm betroffenen Bürger auf körperliche Unversehrtheit. Der vom Gesetzgeber vorgesehene passive Schallschutz ist völlig unzureichend, ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr daher alternativlos.
*Abflug = Verlassen des Gates; Nachtflugbeschränkungen beziehen sich auf den Start
Pressemitteilung von Ingrid Kopp vom 20.07.2012
Schulte akzeptiert Nachtflugverbot nicht – DFS gibt Schützenhilfe
Wenn Schulte ernsthaft glaubt, die Menschen der Region würden ihr hart erkämpftes Nachtflugverbot zugunsten der globalen Mobilitätssteigerung wieder aufgeben, ist er von der Realität weit entfernt.
Fraport trägt das unternehmerische Risiko, alle Starts bis 23 Uhr abzuwickeln, will aber aus Gründen der Gewinnmaximierung ein Kontingent von Flügen starten lassen, zu dem sie anscheinend nicht in der Lage ist, zeitgemäß die Abfertigung vorzunehmen und versucht nun am Nachtflugverbot zu rütteln.
Wenn Flüge planmäßig nach 22 Uhr starten sollen, birgt das natürlich Risiken, dass die Abfertigungen sich verzögern können und die Maschinen nicht pünktlich zum Start kommen. Das Nachtflugverbot ist seit dem Mediationsverfahren - also über 10 Jahre - bekannt und ein gutes Management hätte sich darauf vorbereiten können.
Dass nun auch der DFS-Chef Dieter Kaden von starren Regeln und mehr Flexibilität spricht, gibt dem Ganzen den Beigeschmack einer Kampagne im sogenannten „Sommerloch“
Auch für Schulte und die DFS gilt das Leipziger Urteil, trotzdem wird versucht das Nachtflugverbot auszuhöhlen und in den letzten Tagen fast gebetsmühlenartig.
Sicher ist es für 200 Passagiere unangenehm eine Nacht im Terminal des Flughafens zu verbringen, aber die DFS mag sich damit trösten, dass dafür tausende von Kindern ihren Schlaf ungestört fortsetzen können; ihr ist der Schutz vor Fluglärm doch ein wichtiges Prinzip (O-Ton Kaden).
„Wen meint Schulte, wenn er von Partikularinteressen redet, doch nicht die fast 200.000 Menschen der Region, die täglich 18 Stunden unter unzumutbarem Fluglärm leiden?“ fragt die Sprecherin des Bündnisses, „das ist bewusste Kleinrechnung seines großen Problems und reine Stimmungsmache“.
„Alle Versuche, zu dem unerträglichen Taglärm jetzt auch noch am gesetzlichen Nachtflugverbot zu rütteln, ist Missachtung eines höchstrichterlichen Urteils und zeigt wie stark die Luftfahrtlobby versucht die Politik zu gängeln“, so die Sprecherin weiter.
„Herr Schulte wird von den Bürgern aufgefordert, lieber darüber nachzudenken, wie er das Leipziger Urteil mit dem „schonenden Fliegen“ zwischen 22 und 23 Uhr sowie 5 und 6 Uhr umsetzen kann, anstatt zu versuchen die Grundrechte zu verletzten und 10 Nachtstarts zu fordern“.
Die Bürgerinitiativen werden auch weiterhin auf dem Nachtflugverbot für die gesetzliche Nacht von 22 – 6 Uhr bestehen und dieses berechtigte Interesse bei der Politik einfordern.
Inzwischen ist auch bei einigen Verantwortlichen angekommen, dass die fehlgeplante Nordwest-Landebahn nicht hätte gebaut werden dürfen. Wenn auch noch eine Zunahme von über 200.000 Flugbewegungen in den nächsten Jahren ernsthaft in Erwägung gezogen wird und das Management von Fraport weiterhin so versagt, kann man sich schon jetzt vorstellen, welches Ausmaß die Proteste und Widerstände der Bevölkerung annehmen werden.
Nachtflüge BBI Verspätete Starts