ist ein bekannter Ausspruch. Er macht deutlich, dass es bei Statistik Mittel und Wege gibt, zu den "richtigen", weil vom Auftraggeber gewünschten Ergebnissen zu kommen. Für Meinungsumfragen gilt dies ganz besonders. Dabei müssen nicht einmal die wissenschaftlich anerkannten Grundsätze zur Auswahl der Personen oder der Auswertung der Ergebnisse verletzt werden - auf die richtige Frage kommt es an!
Die meisten Umfragen sind nicht neutral
Umfragen werden manchmal durchgeführt, um ganz neutral Erkenntnisse zu gewinnen. Die meisten Umfragen sind aber zweckbestimmt. Sie dienen bei Unternehmen oft der Marktforschung oder der Imagepflege. In der Politik oder bei Interessenverbänden ist oft das Ziel, eine statistische Bestätigung des eigenen Standpunktes zu bekommen und das Ergebnis dann medienwirksam zur politischen Einflussnahme und/oder zur Belehrung der (noch) Andersdenkenden zu verwenden. So führt z.B. die "Initiative soziale Marktwirtschaft" laufend Umfragen durch, um zu beweisen, dass die Bevölkerung noch mehr und noch schnellere "Reformen" will als die Regierung verabschieden kann. Neutrale Fragen kann man bei solchen zweckgebundenen Umfragen nicht erwarten.
Die Fraport-Umfrage war ursprünglich wahrscheinlich eher zur Imagepflege bestimmt, hat aber jetzt auch ein konkretes Ziel: medienwirksam Zustimmung zum geplanten Ausbau zu schaffen. Der oft genannte Kritikpunkt, die Umfrage sei nicht repräsentativ und man müsse mehr die direkt Betroffenen fragen, ist nicht das eigentliche Problem. Dass ein bekanntes Umfrageinstitut die Regeln zur repräsentativen Auswahl der Befragten nicht anwendet, ist eher unwahrscheinlich. Viel wichtiger ist, welche Fragen gestellt wurden und welche Antwortmöglichkeiten es gab. Und hier ist die Fraport-Umfrage ein Lehrstück dafür, wie man mittels suggestiver Fragen genau die Ergebnisse bekommt, die man haben will. Allein deshalb lohnt es sich, die Umfrage genau anzusehen.
Ein Musterbeispiel
Manipulative Fragen sind oft nach dem Prinzip "Emotion, Extreme, Weglassen von Alternativen" aufgebaut. Ein Beispiel:
Jede Minute sterben auf der Welt 11 Kinder qualvoll an Hunger. Wie stehen Sie dazu?
- Wenn ich daran denke, kann ich die ganze Nacht nicht schlafen
- Das Leid der hungernden Kinder lässt mich völlig kalt
Mit dieser "Umfrage" könnte man beweisen, dass mindestens 90% der Deutschen wegen des Hungers auf der Welt nicht schlafen können. Die Wahrheit ist weit davon entfernt, wie man weiss. Die einfache Variante lässt sich noch beliebig ausschmücken und so in ihrer Wirkung verstärken.
An Emotionen appellieren ...
Ein beliebte Technik zur Beeinflussung des Umfrageergebnisses ist es, durch emotionale Formulierungen die Stimmung zu beeinflussen. So werden in der Fraport-Umfrage viele Fragen gestellt, die die positiven (und auch von Ausbaugegnern nicht bestrittenen) Eigenschaften des Flughafens in den Vordergrund stellen, um die so geschaffene positive Einstimmung dann für Fragen über den Ausbau zu nutzen.
Die unter der Rubrik "Beurteilen Sie Argumente für den Ausbau" zur Abstimmung gestellte These
ist eine solche subtile Suggestion: ohne Ausbau keine Zukunft! Oder noch besser:
Hier gab es 76% Zustimmung, 14% mehr als für den Ausbau an sich! Der Trick: eine positive Aussage, der viele Leute zustimmen werden, wird auf unzulässige Weise mit einer vom Auftraggeber gewünschten Antwort verknüpft.Aber kann man nicht auch stolz auf den Flughafen sein und trotzdem der Meinung sein, er sei jetzt groß genug?
Auch bei den Gegenargumenten hat die emotionale Formulierung offenbar Wirkung. Der These
stimmten 45% ganz oder teilweise zu, 30% lehnten sie total ab. Der inhaltlich ähnlichen, aber sachlicher formulierten Aussage
stimmten dagegen nur 38% ganz oder teilweise zu, 38% lehnten sie voll ab. Neben der sachlichen Formulierung scheint auch die Forderung nach Schutz für die Bürger Ablehnung zu produzieren!
... und die "richtigen" Antworten vorgeben
Ein anderer Trick ist, durch geschickte Vorgabe der Antwortmöglichkeiten die gewünschte Antwort praktisch zu erzwingen - noch gefährlicher als die einfache Suggestivfrage, weil es praktisch nur sehr schwer möglich ist, als Befragter darauf vernünftig zu reagieren. Oftmals werden dabei Extreme gewählt oder wichtige Alternativen weggelassen.
Beispiel: Eine (hypothetische) Miniumfrage zur Gesundheitsreform mit den beiden Antwort-Alternativen:
- Das deutsche Gesundheitssystem muss reformiert werden, deshalb stehe ich voll hinter den von der Bundesregierung geplanten Reformen
- Das deutsche Gesundheitssystem kann genau so bleiben wie es jetzt ist, deshalb bin ich gegen Reformen
Diese Umfrage würde wahrscheinlich 90% Zustimmung zu den Plänen der Regierung ergeben. Alternativen wie "Es müsste sich im deutschen Gesundheitssystem einiges ändern, aber anders als von der Regierung geplant" wurden schlichtweg nicht angeboten. Viele, die so denken, werden eher a) als b) wählen, weil sie nicht als uneinsichtige Betonköpfe dastehen wollen: Ziel erreicht!
Diese Technik wird in der Fraport-Umfrage zum Beispiel bei der Abfrage der Argumente für oder gegen den Ausbau angewandt.
... macht das Umfrageergebnis perfekt!
Oft werden beide Techniken kombiniert angewendet. So ist die Frage 3 aus der Fraport-Umfrage, direkt vor der Frage nach Zustimmung oder Ablehnung zum Ausbau gestellt, hochgradig manipulativ. Man hat sicher eine Zeitlang daran getüftelt. Die Frage stellt den Befragten vor die Wahl:
- Am Frankfurter Flughafen sind rund 68.000 Menschen beschäftigt. Die Erhaltung dieser Arbeitsplätze ist das Wichtigste. Da muss der Umweltschutz notfalls zurückstehen.
- Es geht zu allererst um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen. Der Flugverkehr in Frankfurt darf wegen der Lärmbelästigung und der Abgase nicht weiter steigen, auch wenn es Arbeitsplätze kostet.
Die gewählten Alternativen zielen nicht nur auf Emotionen, sie sind auch falsch: Auch ohne Ausbau würde nach den Gutachten der Fraport der Flugverkehr zunehmen und es würden noch Arbeitsplätze entstehen. Die Forderung nach dem Einfrieren des Flugverkehrs steht gar nicht zur Debatte. "Umweltschutz" meint auch "Lebensqualität und Gesundheit", was nicht explizit erwähnt ist. Mit der abstrakten Formulierung "Sicherung der Lebensgrundlagen" in der anderen Alternative dürften viele nichts anfangen können - übrig bleibt "Lärmbelästigung und Abgase" gegen "Arbeitsplatzverlust". Damit ist die Antwort auf die nächste Frage - Ausbau oder nicht - praktisch schon entschieden.
Wussten Sie schon ? Der Ausbau ist nützlich!
Wer bis zur Frage 31 immer noch nicht überzeugt vom Ausbau ist, wird mit einigen weiteren Fragen über den Nutzen belehrt. Zum Beispiel in Frage 31:
Danach wird gleich noch gefragt, ob dem Befragten andere Projekte bekannt sind, die auch so viele Arbeitsplätze schaffen wie der Ausbau, sagt er ja, muss er sie nennen. So wird auch dem Ahnungslosesten die "Jobmaschine Ausbau" verkauft.
Und zum Schluss kann man die Befragten noch gegen ihre Kommunalpolitiker aufhetzen:
lautet die letzte Frage, Nr. 35, in der Originalfassung des Fragebogens. Da man die Nachtigall hier zu laut trapsen hören würde, hat man in der Fraport-Präsentation den ersten Teil einfach weggelassen, so dass die negative Suggestion nicht auffällt.
Und zum Schluss unsere Preisfrage: Wir haben das Problem "Arbeitsplätze gegen Umweltschäden" für eine alternative Umfrage mal etwas anders formuliert, nämlich so:
Neue Gutachten zeigen, dass Fluglärm schon bei weit geringerer Dosis als heute noch angenommen, zu Gesundheitsschäden, wie Bluthochdruck und Herzinfarkt führen kann. Wie stehen sie vor diesem Hintergrund zum Ausbau des Frankfurter Flughafens?
- Die Gesundheit ist das wichtigste überhaupt. Dass durch Umsteigeflüge ein paar zusätzliche Arbeitsplätze am Flughafen entstehen, ist da zweitrangig
- Das Risiko von Gesundheitsschäden muss man in Kauf nehmen, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen. Wer es nicht aushält, kann ja wegziehen
Wie wäre das Ergebnis hier wohl ausgefallen?
Flughafen-Ausbau Fraport AG Bürgermeinungen Flughafen Frankfurt